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Wie die Stadtkultur Ressourcen vernichtet


Die Geschichte des Holzes als Wirtschaftsgut ist sehr lehrreich und heute auf viele andere Ressourcen übertragbar.

Wie ist es zu dem Waldverlust um das Mittelmeer durch die antiken Völker gekommen? War es wirklich vor allem der Schiffsbau, der zum Abholzen der Apenninhalbinsel führte? Wohl kaum. Es war vor allem die Wirkung der antiken Stadtkulturen. Diese brauchten (wie auch heute die modernen Städte) Baumaterial und vor allem Energie.

Der Waldeinschlag war doppelt wichtig: Einerseits war er Voraussetzung für die Expansion der Landwirtschaft, die die Stadtbevölkerung ernährte. Andererseits entwickelte sich erst auf der Basis von ausreichender Energie eine Stadtkultur mit all ihren kulturellen und zivilisatorischen Bedürfnissen. Bei immer mehr Menschen stieg der Bedarf an landwirtschaftlichen Produkten und an städtischen Kulturgütern, damit aber auch der an Primärenergie ins Unermessliche.

Der einzige Primärenergieträger war damals Holz (oder der daraus gewonnene Sekundärbrennstoff Holzkohle). Energie brauchte man nicht nur zum Heizen von Thermen und Häusern, sondern auch für viele andere technische Zwecke, die wir heute unter dem Begriff Chemische Industrie zusammenfassen würden. Hierzu gehört die Baustoffherstellung (Kalkbrennen, Tonbrennen vor allem in Ziegeleien und Töpfereien). Aber auch die Metallverhüttung und -verarbeitung erforderte Holz in riesigem Umfang. Aus der Holzasche gewann man einen Grundstoff von Glas oder von Laugen, die Pottasche.

Der Energie- und damit der Holzbedarf einer Kultur werden (auch heute noch) von der Besiedlungsdichte und von der Höhe der Kultur bestimmt. Das Wort Kultur entstammt dem lat. colere; das Land bebauen. Schon damals war die Landwirtschaft ausgesprochen waldfeindlich eingestellt.

Lehrreich ist die Entwicklung der antiken Stadt Rom. Für die Römer war das Bauen nicht nur Lebensnotwendigkeit, sondern zusätzlich auch Ausdruck von Zivilisation und Kultur. Holz wurde nicht nur als Baumaterial z. B. für Dachkonstruktionen, sondern auch als Energieträger zur Herstellung weiteren Baumaterials und anderer Kulturgüter verbraucht. Die Römer waren bereits Meister im Betonbau und verbauten außerdem auch Unmengen von gebrannten Ziegeln. Ihre Prachtbauten waren nämlich nur äußerlich mit Naturstein (wie Travertin oder Marmor) verkleidet; die Hauptmasse bestand aus Beton und aus Ziegeln. Und dabei war der Wirkungsgrad der Energieumwandlung damals sehr gering, wie es überhaupt bei Holz als Primärenergieträger der Fall ist.

Die Folge war die erstmals dokumentierte, große Rohstoff- bzw. Energiekrise der Menschheit. Man musste auf die Holzvorräte anderer Länder wie Libanon, Kleinasien, Iberien (Spanien) oder Nordafrika zurückgreifen - mit den gleichen Folgen der Verwüstung wie im heutigen Italien.
Glücklicherweise konnte man das Holz nicht über die Alpen transportieren; das bewahrte Mitteleuropa zumindest für eine gewisse Zeit vor dem gleichen Schicksal.

Hier ging es dann im Mittelalter so richtig los, wobei der Fehler der Römer wiederholt wurde. Um die Städte herum wurde gnadenlos der Wald gerodet - in Norddeutschland zum Salzsieden für das Einpökeln der Heringe, dem Haupthandelsgut der Hanse, und zum Verhütten von Eisenerz. Damals entstand z. B. aus dem großen Mischwaldgebiet Norddeutschlands die Lüneburger Heide.

Glücklicherweise gab es aber Wälder, in denen die Feudalherren jagen wollten. Diese so genannten Bannwälder lagen außerhalb des Einschlaggebiets. Vom lat. foris (außerhalb) stammt das Wort "Forst" ab. Erst die Entwicklung einer planenden Forstwirtschaft verhinderte den totalen Ruin der Ressource Holz.

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Letzte Überarbeitung: 12. Februar 2012, Dagmar Wiechoczek