Wie man das Alter von Gesteinen und Fossilien ermittelt

Der Fachausdruck für Zeitbestimmung ist Chronologie. Die einfachste ist die relative Methode: Was oben liegt ist jünger als das, was darunter liegt. Das ist der Fall bei ungestörten Sedimenten wie z. B. im Grand Canyon.

Bild 1: Blick auf 1,6 km mächtige, übereinander liegende Sedimente im Grand Canyon
(Foto: Blume)


Leider gilt das nicht immer. Ab und zu kommt es zum Überkippen von Schichtungen, wenn z. B. Gebirge aufgefaltet werden. Das kann man schön in den Alpen sehen. Aber auch weniger spektakuläre Gebirge sind davon betroffen. So ist im Teutoburger Wald bei Bielefeld innerhalb des Oberkreide-Zeitalters das normalerweise jüngere Turon vom Cenoman überkippt worden.

Man kann aber auch die voranschreitende, evolutionäre Entwicklung von Fossilien als relatives Maß heranziehen. Leider versagt auch das, weil die Überlieferung lückenhaft ist. Denn es wechseln z. B. immer wieder Land- und Meeresfauna ab, und wenn die Gesteine übereinander liegen, weil sich das Land hebt und senkt, fehlt immer etwas von den Fossilien – mal ist die Entwicklung der Meeresfauna unterbrochen, dann wieder die des Landes.

Manchmal heißt es auch, dass sich aus der Dicke der Sedimente die Zeit abschätzen ließe. So hört man ab und zu, dass ein Meter Sediment dem Zeitraum von einer Million Jahre entspricht. Aber auch das Sedimentieren wird von höchst unterschiedlichen Faktoren beeinflusst.


Physikalische Methoden
Diese sind eher objektiv. Sie beruhen fast alle auf dem Zerfall von radioaktiven Elementen. Hier sind die wichtigsten Methoden.

1. Die Blei-Methoden
Wenn sich magmatisch bestimmte Mineralien, die Uran oder Thorium enthalten, gebildet haben, beginnt die physikalische Uhr zu ticken. Die Elemente fangen an, radioaktiv zu zerfallen. Wir kennen ihre Halbwertszeiten, also die Zeit, nach der nur noch die Hälfte des Elements vorhanden ist. Beim Uran-238 beträgt diese Zeit 4,87 • 109 Jahre. Über eine Reihe von rascher zerfallenden Zwischenprodukten bleibt zuletzt stabiles Blei-206 zurück.


Dieses Uranblei unterscheidet sich vom „normalen“ Blei-207 durch das Atomgewicht. Die Isotopenzusammensetzung des Bleis wird mit einem Massenspektrometer ermittelt.

Nun zum Ergebnis:
Nach t = t1/2 sind von einem Gramm Uran-238 nur noch 0,5 g vorhanden. Dafür finden wir 0,43 g Blei-206.
Nach t = 2 • t1/2 sind von einem Gramm Uran-238 nur noch 0,25 g vorhanden. Dafür finden wir 0,65 g Blei-206. Und so weiter.
Wir benötigen nur das Verhältnis der Mengen der beiden Isotope, um ein Maß für Zeitdauer seit der Entstehung der Mineralien zu haben.

Beim Zerfall von Thorium entsteht Blei-208 (Thoriumblei). Die Halbwertszeit beträgt 1,41 • 1010 Jahre.

2. Die Rubidium-Strontium-Methode
Das Rubidium-Isotop 87Rb ist ein ß(-)-Strahler mit einer Halbwertszeit von 4,8 • 1010 Jahren. Es wandelt sich in Strontium-87 um.

Auch hier werden zur Zeitbestimmung die Mengenverhältnisse der Isotopen bestimmt. Mit dieser Methode hat man zum Beispiel das Alter von Grönland-Gesteinen (3,5 Milliarden Jahre) ermittelt.


3. Kalium-Argon-Methode
Das Kalium-Isotop 40K ist ein ß-Strahler mit einer Halbwertszeit von 1,28 • 109 Jahren. Es wandelt sich in Argon-40 um (Positronen- oder ß(+)-Strahlung).


Argon kann man aus dem Gestein isolieren. Auch hier werden zur Zeitbestimmung die Mengenverhältnisse der Isotopen bestimmt.


4. Radiocarbon-Methode
Durch die kosmische Höhenstrahlung entstehen Neutronen, die mit Stickstoffatomen der Atmosphäre zu 14C reagieren.


Dieses 14C ist instabil; man nennt es Radiocarbon; es wandelt sich unter Abgabe eines Elektrons wieder in 14N um (ß-Strahlung).


Chemisch verhält sich dieser Kohlenstoff wie der „normale“ Kohlenstoff-12. Er reagiert zu 14CO2, das anschließend bei der Fotosynthese in organisches Material umgewandelt wird. Durch ständige Aufnahme und Abgabe bildet sich im Körper ein Gleichgewicht, das erst unterbrochen wird, wenn der Organismus stirbt oder seine Schale abwirft. Von da ab tickt die physikalische Uhr, denn nun findet nur noch der radioaktive Zerfall von Kohlenstoff-14 statt.

Ein Nachteil: Die Halbwertszeit von Kohlenstoff-14 beträgt nur 5730 Jahre. Entsprechend kurz ist auch die Chronologie, die auf der Radiocarbon-Methode basiert; man sieht die Grenze bei 70.000 Jahren.


Fazit
Man muss sich darüber klar sein, dass diese Methoden doch viele Fehlermöglichkeiten aufweisen. Aber auf ein paar Millionen Jahre (plus oder minus) kommt es nicht wirklich an – wenn man bedenkt, dass die Erde 4,5 Milliarden Jahre alt ist und dass lebende Organisationen, die wir als Zellen bezeichnen können, erst seit etwa 2,7 Milliarden Jahren existieren.

Auch hier haben wir es mit der begrenzten Vorstellung des Menschen zu tun, was große Zahlen angeht… Das ist auch der Grund für die vielen nutzlosen Diskussionen um Schöpfung und Evolution. Die Leute haben einfach keine Vorstellung, wie viele Generationen z. B. einer Millionen Jahre entsprechen (mindestens so lange gibt es Menschen auf der Erde). Das sind vierzig Tausend Generationen! Das ist genügend Zeit, um die Gene immer mal wieder kräftig durchzurütteln.


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Letzte Überarbeitung: 29. Juli 2008, Dagmar Wiechoczek