Positiv und Negativ - Konvex und Konkav

Wenn man einen Stein wie in Bild 1 findet und diesen aufklopft, kann es im besten Fall passieren, dass der Stein einfach aufplatzt und einen großen Ammoniten freigibt (Bild 2):

Bild 1: Durch viele Füße abgeschliffener Stein von einem Wanderweg auf der Schwäbischen Alb (Weißjura-Mergel). Länge 30 cm
(Foto: Blume)


Dann zeigen sich sogar zwei Ammoniten: Einmal das Original und dann der Abdruck. Wir können auch sagen: Positiv und Negativ. Letzteres ist ein Spiegelbild des Originals. Das Positiv ist konvex, das Negativ konkav.

Bild 2: Der geöffnete Stein aus Bild 1: Positiv (20 cm) und Negativ (Perisphinctus-Gruppe; Malm)
(Foto: Blume)


Wenn man sich konzentriert, kann man die Bilder „kippen“, das heißt konkav (rechts) wird scheinbar zu konvex (wie links). Am besten deckt man dazu die linke Seite ab und konzentriert sich auf das „Kippen“ der rechten Form.

Betrachten wir die folgenden Bilder. Wir stellen auch hier fest, dass wir Schwierigkeiten haben, konvex und konkav zu unterscheiden.

Bild 3: Verschiedene Ansichten einer geöffneten Ammonitengeode (8 cm). Das untere Bild ist das Spiegelbild des oberen Bildes. (Dactylioceras; Lias Epsilon)
(Fotos: Blume)


Bild 3 zeigt zweimal die gleichen Gegenstände. Im oberen Bildteil können wir schon Konkav und Konvex vertauschen. Noch besser gelingt dies, wenn wir das Bild auf den Kopf stellen und sogar noch spiegeln. Dann wird der linke Abdruck leicht zu einem konvexen Original. Letztlich bleibt alles frei interpretierbar.

Soweit scheint es sich nur um eine Spielerei mit optischen Täuschungen zu handeln. Aber dahinter steckt mehr.


Warum bewahren Paläontologen bei Fossilien gerne das Positiv samt Negativ auf?
Ist das Positiv des Ammoniten wirklich das Original? Wenn seine Originalschale erhalten geblieben ist, stimmt das. Wenn sich die aber zersetzt hat, ist die klare Antwort: Nein.

Erinnern wir uns, wie Fossilien entstehen: Die Ammonitenschale ist hohl. Je nach Einbettungsbedingungen im Sediment füllt sie sich mit Schlick und anderem Material. Das hüllt auch den ganzen Ammoniten ein. Es verfestigt sich unter dem Druck weiter hinzu kommender Sedimentschichten wie Zement.
Wenn wir den Ammoniten nun finden und seine Sedimenteinhüllung entfernen würden, wäre seine Originalschale noch erhalten, und wir hätten Aufschluss über seine tatsächliche Form - wie bei Bild 4.

Bild 4: Ammonit mit Originalschale (10 cm) (Hopplites paronai; Unterkreide)
(Foto: Blume)


Beim Ammoniten in Bild 2 wurde die originale Ammonitenschale durch spätere chemische Prozesse zersetzt. Die Innenfüllung und das Sediment drumherum blieben jedoch erhalten. Auf diese Weise ist zwischen Steinkern und Sediment ein Spalt entstanden. Das ist der Grund, weshalb beim Aufschlagen des Steins in Bild 1 das Fossil so gut abtrennbar ist.

Beim linken Positiv handelt es sich also nur um den Innenabdruck des Fossils, beim rechten Negativ jedoch um den wichtigen Abdruck der verlorengegangenen Außenschale. Und deshalb erkennt man im Abdruck rechts auch die echte Form des lebenden Ammoniten. Das ist nämlich der Abdruck der Originalschale, die jetzt aufgrund der optischen Täuschung als Positiv erscheint.

Um sich nicht auf diesen optischen Trick zu verlassen und weil manche Leute den sowieso nicht nachvollziehen können, stellt man mit Gips oder Kunststoff einen Abdruck des „Negativs“ her. Man hat dann das Positiv, also die äußere Gestalt des Tiers vor sich.

Am Negativ in Bild 2 erkennen wir, dass der Ammonit eine etwas eingedellte Mündung hatte. Dieses Wachstum kann nicht einfach rückgängig gemacht werden. Also handelt es sich bei diesem Ammoniten um den Abdruck eines erwachsenen Tiers. Woher man das weiß? Ammoniten gehören zu den Tintenfischen, und es ist allgemein bekannt, dass sie nach dem Laichen sterben. Übrigens sind bei den Tintenfischen die Weibchen stets größer als die Männchen. Das ist bei den Ammoniten nicht anders. Hier ist der Größenunterschied oftmals bedeutend. Man spricht sogar von Makro- und Mikroconchen. Früher dachte man, dass es sich dabei um zwei verschiedene Ammonitenarten handeln müsse - bis man aktualistisch dachte und das Ganze mit den heute lebenden Tintenfischen verglich.

Was wir eben anhand der Ammonitenschale besprochen haben, gilt auch für die Muscheln - aber andersherum. Muschelarten lassen sich manchmal nur anhand ihres Steinkerns unterscheiden, denn nur hier bekommt man Aufschluss über den Bau des Schließsystems der Muschel, das so genannte Schloss (Bild 5).

Bild 5: Muschel - Originalerhaltung und Steinkern (Länge 4 cm) (Pholadomya; Jura)
(Foto: Blume)


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Letzte Überarbeitung: 22. November 2011, Dagmar Wiechoczek