Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 266
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F: Ihre Webseiten zur Chemie für Schüler sind interessant und geben viele Anregungen. Beim Stöbern bin ich auf die Grundschulseiten gestoßen, wo insbesondere die Unterrichtseinheiten zur Tinte mein Interesse geweckt haben. grundsch/tinte/index.html.
Die Idee und die Unterrichtsbeschreibungen finde ich aufregend. Deshalb würde ich diese Einheiten gerne unserer Grundschule vorschlagen, da mein Sohn in der dritten Klasse bald mit Tinte schreiben wird. Ich habe allerdings einige Fragen zu den verwendeten Chemikalien. Die Vorschrift für die Eisengallustinte finde ich abschreckend. Selbst wenn es "nur" ein Lehrerexperiment sein sollte, muss ich zugeben, dass ich selbst zu ängstlich wäre, konzentrierte Salzsäure zu verwenden, abgesehen davon, dass man sie vermutlich nicht ohne weiteres bekommen kann. Habe ich das Rezept falsch verstanden? Wenn sie ja ohnehin in 500 ml Wasser gegeben wird, könnte ich ja auch gleich verdünnt arbeiten. Zur Zeit habe ich mich entschlossen, diese Stunde wegzulassen, wenn ich keine weiteren Infos bekommen kann.
Bei der Stunde mit der Tee Tinte braucht man Eisen(III)-chlorid. Die Einstufung als gesundheitsschädlich würde mich als Mutter für mein Kind zuhause nicht unbedingt von dem Versuch abhalten, aber wie sieht die Lage in einer Grundschule aus?
Bestimmt bekommen Sie immer wieder Fragen von Eltern, die gerne mal etwas ausprobieren möchten, aber dann vor den "Gefahren" berechtigt oder nicht zurückschrecken. Gibt es eindeutige Vorschriften für die Grundschule, z.B. sobald ein Stoff als gesundheitsschädlich eingestuft wird, darf er grundsätzlich nicht an Grundschulen verwendet werde?


A: Sie brauchen nicht gleich zu erschrecken, wenn Stoffe wie Eisen(III)-chlorid als gesundheitsschädlich eingestuft werden. Das betrifft vor allem die Reinsubstanzen oder hochkonzentrierte Lösungen. Sie benötigen aber nur einige Tropfen einer stark verdünnten Lösung.
Gleiches gilt auch für die Salzsäure. Statt der konzentrierten Säure können Sie natürlich auch kräftig verdünnte Salzsäure nehmen, dann müssen Sie halt entsprechend mehr davon zugeben. Lassen Sie sich in der Apotheke oder besser noch (weil billiger!) in einem Gymnasium oder in einer Realschule ein Chemikalien-Fläschchen mit verdünnter Salzsäure (meist 1:6 verdünnt) sowie mit Eisenchloridlösung abfüllen.
Falls Sie Bedenken haben: Die Tinte müssen ja nicht die Kinder mischen, aber sie sollten bei Ihrem Tun mindestens zuschauen. Der Versuch kam bei den Schülern übrigens sehr gut an!

Das ist ja die Crux der überbordenden Gefahrstoffbürokratie in den Schulen: Bei der Gefahrstoffverordnung ging es zunächst um Schutz am Arbeitsplatz, also um Leute, die mit größeren Mengen dieser Substanzen arbeiten – aber es hat den Schulbürokraten gefallen, diese Verordnungen auch auf die schulische Spatelspitzenchemie auszuweiten.


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F: In ihrer schriftlichen Einführung zum Thema „Was ist die Triebkraft von chemischen Reaktionen?“ bringen sie mit der Reaktion zwischen Bariumhydroxid – Octahydrat und Ammoniumthiocyanat ein Beispiel dafür, dass auch endotherme Reaktionen exergon verlaufen können. Jedoch kühlt die Mischung stark ab und die Wärmetönung ∆H wird also negativ. ∆H trägt allerdings nur bei exothermen Reaktionen ein negatives Vorzeichen. Ist dies nicht ein Widerspruch?


A: Sie müssen genau hinsehen: „Exotherm“ ist etwas anderes als „exergon“. Ersteres bezieht sich auf die „Wärmetönung“ (Symbol DH) der Reaktion, letzteres auf die Bilanzierung der Umwandlung von Freier Energie (Symbol DG).

Eine endotherme Reaktion, die spontan abläuft, ist exergon, das heißt, dass sie aufgrund des entropischen Effekts (TDS) ein negatives DG produziert.

Lesen Sie hierzu unsere Webseite noch einmal aufmerksam durch.


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F: Ich finde, man könnte das Problem der Versauerung der Waldböden in den Griff bekommen, wenn man das Altholz und Laub entfernen würde. Denn die enthalten ja Gerb- und andere Säuren.


A: Die Bodenversauerung resultiert keineswegs von den natürlichen Gerbsäuren oder anderen organischen Säuren. Die gab es schon immer, und Altholz gab es früher mehr als heute. Dennoch waren die Wälder noch in Ordnung. Das liegt daran, dass diese organischen Säuren rasch abgebaut werden.

Die uns betroffen machende Bodenversauerung wird von Mineralsäuren wie schweflige Säure, Schwefelsäure, Salzsäure und Salpetersäure verursacht, die im Sauren Regen vorkommen.


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F1: Heute habe ich ein Experiment zum Thema Wärmekissen bzw. Latentwärmespeicher durchgeführt. Man sollte 1/2 Teelöffel des Inhaltes eines Wärmekissens (Natriumacetat-Trihydrat) mit 1/2 Teelöffel Zitronensäure versetzen. Hierbei sollte man besonders auf den Geruch der Mischung achten. Nach einiger Zeit nahm ich den Geruch von Essigsäure wahr. Mir ist klar, dass das Essig das "Acetat" von Natriumacetat-Trihydrat ist. Meine Frage lautet: Wieso hat die Zitronensäure das Acetat "getrennt" und wie lautet die Reaktionsgleichung.


A1: Der Versuch geht übrigens am besten, wenn man die beiden Substanzen in einem Mörser miteinander verreibt.
Was ist passiert? Die etwas stärker wirkende Citronensäure (abgekürzt: CitH3) setzt aus den Acetat-Ionen (Ac-) Essigsäure frei. Es handelt sich hier um eine typische Brönsted-Säure/Base-Reaktion. Die schematische Reaktionsgleichung lautet:

CitH3 + 3 Ac- ———> Cit3- + 3 AcH

Nun sind ja beide Substanzen nicht flüssig. Wo kommen dann die Protonen her, die zwischen den Teilchen auszutauschen sind? Citronensäure und Natriumacetat sind Hydrate, das heißt, ihre Moleküle bzw. Ionen befinden sich in der Nachbarschaft von Wassermolekülen. So werden die Protonen über die Wasserstoffbrücken zwischen den Wassermolekülen „weitergereicht“. Lies dazu diese Webseite.


F2: Hallo Herr Professor Blume,
erst einmal vielen Dank für ihre Erklärung bezüglich meiner Frage.

Könnten sie mir dennoch erklären was man unter der Brönsted-Säure/Base-Reaktion versteht, da wir dieses noch nicht in der Schule (ich bin der 9. Klasse) durchgenommen haben.

Ich habe jetzt folgende Deutung zum Versuch geschrieben:

Bei der Reaktion von Natriumacetat-//Trihydrat mit Zitronensäure entsteht Essigsäure, die man durch ihren markanten Geruch wahrnehmen kann. Die Zitronensäure hat sich mit dem Natrium zu Natriumcitrat verbunden, da sie die stärkere Säure ist. Folglich bleibt Acetat, also Essigsäure über.

Die Reaktionsgleichung lautet also:

Na(CH3COO) • 3 H2O + C6H8O7 -> C6H5Na3O7 • 3 H2O + CH3CO2

Ist diese Deutung (insbesondere der Reaktionsgleichung) richtig?

Bei meinen Experimenten zum Thema Handwärmer ist ein weiteres Problem aufgetreten. Man sollte den aktivierten Inhalt eines Handwärmers so lange bei 160°C im Backofen erhitzen, bis sich die Substanz dauerhaft verändert. Bei diesem Versuch ist wie ich vermute kristallwasserfreies Natriumacetat entstanden(also Natriumacetat-Anhydrat). Im zweiten Teil des Versuches gibt man der Substanz aus dem Backofen einige Tropfen Wasser hinzu und misst die Temperatur. Ich habe lediglich einen Temperaturanstieg von 5°C gemessen. Ist der Wert normal oder habe ich einen Fehler gemacht.

Über eine Antwort über diese (zugegebenermaßen vielen) Fragen würde ich mich sehr freuen.


A2: Bezeichnungen wie C6H8O7 für die Citronensäure und vor allem C6H5Na3O7 für Natriumcitrat sind ein Gräuel für einen Chemiker. Denn man kann diesen Summenformeln nichts, aber auch gar nichts über den Reaktionsverlauf bzw. über den entstandenen Stoff entnehmen! Dann ist es schon besser, CitH3 zu schreiben. Außerdem darfst du Acetat und Essigsäure nicht gleichsetzen. Die Formel der Essigsäure ist übrigens CH3COOH.
Außerdem bildet sich kein Natriumcitrattrihydrat. Das Wasser bleibt einfach frei im Gemisch. Das Wasser ist in der Reaktionsgleichung überflüssig und für den Verlauf speziell deiner Reaktion unerheblich.

Belass es also bei meinem Vorschlag zur Deutung der Reaktion und zur Formulierung der Reaktionsgleichung. Der Begriff Brönsted kann entfallen.

Was bei deinem Versuch erwartet worden ist, weiß ich nicht. Aber du hast doch eine Erwärmung gemessen. Wieviel Grad du misst, ist auch eine Frage der vorlegten Stoffmenge.


1490
F: Huhu Prof.Blume:)
Heute im Supermark wollte ich gewöhnliches Weingummi in der Form und Geschmacksrichtung "Kolaflaschen kaufen". Es gab aber nur noch doppelt verpackte Einheiten. Nach dem probieren haben die wirklich ein "Gefühl" von enthaltener "Kohlensäure". Das ist wohl neu dass die im Weingummi, mit doppelter Verpackung dort unter ganz leichtem Druck CO2 in Weingummispeichern können?
Oder lieg ich falsch? Mir kommt das so vor.


A: Das ist möglich. CO2 hat nicht nur den sauren Effekt („Kohlensäure“) im Mund zur Folge, sondern es wirkt auch neurophysiologisch als Geschmacksverstärker.

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Letzte Überarbeitung: 04. Dezember 2007, Dagmar Wiechoczek