Verwendung der Fullerene

Bislang gibt es noch keine konkreten Anwendungen für Fullerene. Die ungewöhnlichen Eigenschaften von C60 und den anderen Fullerenen lassen allerdings Hoffnungen und Spekulationen für interessante Anwendungsmöglichkeiten zu. Es gibt aus den verschiedensten Bereichen zahlreiche Forschungsergebnisse, die auf ein breites Anwendungspotential für Fullerene schließen lassen.

1. Katalyse:
a) Mit Palladium oder Ruthenium dotiertes C60-Buckminsterfulleren ist ein effektiver Hydrierkatalysator. Man erzielt bessere Ergebnisse, als mit den herkömmlichen Katalysatoren auf Aktivkohlebasis.
b) C60 wirkt als Fotokatalysator bei der Erzeugung von Singulett-Sauerstoff. Dieser wird in einer neuen Art von Hochleistungs-Laser, dem Sauerstoff-Iod-Laser verwendet. Singulett-Sauerstoff wird auch in der Krebstherapie eingesetzt. Ein Forschungsvorhaben zielt nun darauf ab, Fullerenderivate zu synthetisieren, die in der Lage sind Krebszellen zu "erkennen" und in diese einzudringen. Durch Lichtbestrahlung in Gegenwart von Sauerstoff würde sich dann Singulett-Sauerstoff bilden, der die Krebszelle zerstört.

2. Herstellung künstlicher Diamanten
Fullerene können erheblich energiesparender und kostengünstiger in Diamanten umgewandelt werden als Graphit. Zur Umwandlung von C60 in Diamant sind zwar ähnlich hohe Drücke wie bei Graphit notwendig (ca. 100000 bar), der Prozess läuft aber schon bei Raumtemperatur ab (bei Graphit ca. 1500 - 1800 ºC).
Darüber hinaus erzielt man mit Hilfe von Fullerenen deutliche bessere Ergebnisse bei der Herstellung von Diamantschichten mit Hilfe der CVD-Methode (Chemical Vapor Deposition; chemische Dampfabscheidung). Diamantschichten werden vielfältig eingesetzt:

3. Funktionspolymere
- Fullerene können mit anderen Stoffen zu Copolymeren verbunden werden. Dotiert man beispielsweise Polyvinylcarbazol mit einem Gemisch aus C60 und C70, so erhält man einen fotoleitenden Film. Eine technische Anwendung hierfür sind Fotokopiergeräte. (Die Firma Rank Xerox hat hierzu bereits ein erstes Patent angemeldet.)
- Alkalimetall-Fullerenverbindungen wie MC60 (M = K, Rb, Cs) bildet polymere Ketten, die im Kristall alle in dieselbe Richtung zeigen. Die Kristalle sind in dieser Richtung elektrisch leitend (eindimensionales Metall).

4. Supraleiter
Ein Material wird supraleitend, wenn sein elektrischer Widerstand auf Null absinkt. Dies geschieht in der Regel erst bei sehr niedrigen Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt. Die Temperatur, bei der das Phänomen der Supraleitung zum ersten Mal auftritt wird Sprungtemperatur genannt. Supraleitende Materialien können in verschiedenen technischen Bereichen eingesetzt werden:

Auch im Bereich der Digitalelektronik und der Hochfrequenztechnik sieht man Anwendungen für Supraleiter.
Bisher wurden vor allem Metalle, Legierungen und keramische Supraleiter untersucht. Durch Dotieren von C60 mit Alkalimetallen gelingt es ab einem bestimmten Dotierungsgrad supraleitende Stoffe herzustellen. Die bislang höchste Sprungtemperatur (33 K) fand man bei der Verbindung Rb2CsC60.

5. Ionentriebwerke
Das Prinzip des Ionentriebwerks basiert auf der Abspaltung von Elektronen aus den Treibstoffmolekülen. Dadurch entstehen positiv geladene Teilchen, die sich in mit einem elektrischen Feld beschleunigen lassen. So erzielt man Geschwindigkeiten von bis zu 50 km/s. Mit konventionellen Treibstoffen, z. B. einem Wasserstoff/Sauerstoffgemisch, erreicht man nur ca. 4 km/s. Ionentriebwerke werden häufig zur Steuerung von Satelliten in der Umlaufbahn verwendet, da man auf diese Weise mit einer sehr geringen Menge Treibstoff eine sehr große Schubleistung erzielt.
Der Schub eines Ionentriebwerks ist umso größer, je schwerer die erzeugten Ionen sind. Deshalb verwendet man als Treibstoff das schwere Edelgas Xenon. Bei der NASA laufen momentan Forschungsarbeiten, bei denen Ionentriebwerke mit C60 als Treibstoff getestet werden. C60 ist leicht ionisierbar und dabei sehr stabil. Gleichzeitig hat es ungefähr die fünffache Masse eines Xenonatoms. Bei einem Einsatz von C60 kann man deshalb die Leistungsfähigkeit eines Ionentriebwerks deutlich erhöhen.

6. Chemische Derivate von C60 in der Medizin
Das C60-Molekül mit seiner kugelförmigen Gestalt und den 30 Doppelbindungen bietet als Ausgangsstoff zahlreiche Möglichkeiten, um spezielle Molekülformen zu synthetisieren. Man ist bereits heute in der Lage, Derivate mit definierter räumlicher Struktur und Funktionalität zu erzeugen. Solche hochspezifischen Systeme können im Bereich der molekularen Erkennung eingesetzt werden. Was es damit auf sich hat, soll an einem Beispiel erläutert werden:
Seit geraumer Zeit untersuchen Forscher die Wirkung wasserlöslicher Fullerenderivate auf biologische Systeme. Ein C60-Derivat ist z. B. in der Lage, die Vermehrung des HIV-Virus (AIDS-Virus) zu hemmen. Es kann die aktive Stelle des HIV-Protease-Enzyms "erkennen" und sich dort anlagern. Dadurch blockiert es das Enzym, das nun seine ursprüngliche Aufgabe nicht mehr wahrnehmen kann. Da dieses Enzym für die Vermehrung des Virus wichtig ist, ist damit auch die Erzeugung neuer Viren unterbunden. Bisher wurden diese Versuche nur in vitro, das heißt im Reagenzglas durchgeführt. Diese Forschungen könnten zur Gewinnung eines wirksamen Mittels gegen AIDS beitragen.

Literatur:
P. Härtwich, H. Eickenbusch: "Perspektiven der praktischen Anwendung der Fullerene" in W. Krätschmer, H. Schuster: "Von Fuller bis zu Fullerenen. Beispiele einer interdisziplinären Forschung"; Vieweg Verlag, Braunschweig/Wiesbaden 1996.


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Letzte Überarbeitung: 22. Januar 2012, Dagmar Wiechoczek