9.9 Tatsächlicher Stundenverlauf mit der zweiten Erprobungsgruppe

Als Anknüpfung an die letzte Stunde lasen einige Schüler den Lückentext vor, der den Waschversuch der letzten Stunde beschrieb. Anschließend wiederholten die Schüler die Merksätze, die sie als Hausaufgabe richtig zuordnen sollten. Die Schüler hatten keine Schwierigkeiten bei den Hausaufgaben gehabt.
Danach sprach ich über die besonderen Eigenschaften des Wassers. Alle Schüler konnten sich an den sehr einprägsamen Versuch "Der Wasserberg" erinnern, den ich in dieser Klasse bereits in der ersten Doppelstunde durchgeführt hatte. Einige konnten den Versuch sehr genau erklären, wobei sie auch Begriffe wie Tropfpipette und Oberflächenspannung in richtigen Zusammenhängen nannten. Es war mir wichtig, die Erinnerung und die damit verbundenen Kenntnisse wachzurufen, damit die Schüler mit einer möglichst gleichen Wissensgrundlage an die Stationenarbeit gingen.
Ich erklärte den Schülern den Ablauf der Stationenarbeit und teilte sie anschließend in möglichst leistungshomogene Gruppen auf. Jede Gruppe ernannte ich zu einem Forscherteam, das die Oberflächenspannung und die Wirkung von Spülmittel genauer untersuchen sollte.
Da diese Erprobungsgruppe mit Gruppenarbeit und offenen Lernsituationen noch nicht so vertraut war, fragte ich, was bei der Arbeit in Gruppen zu beachten wäre. Die Schüler nannten gegenseitiges Zuhören, aufeinander Warten, Arbeitsteilung, gegenseitige Hilfe, nicht Streiten, und leise miteinander Reden, damit waren wichtige Verhaltensregeln für die Stationenarbeit genannt.
Jetzt kam der große Moment und wir gingen gemeinsam zur Schulküche, wo ich bereits alle Stationen vorbereitet hatte. Da diese zweite Klasse keine Stationenarbeit kannte und auch noch nicht so oft Tagesplan- oder Wochenplanarbeit durchgeführt hatte, bedurfte es einiger ausführlicher Erläuterungen. Der Umgang mit dem Arbeitsplan und die Arbeit an den Stationen wurden besprochen.
Mit großer Motivation und großem Eifer gingen die Schüler an die Arbeit. Da ich die Lesefertigkeiten der Schüler noch nicht so gut einschätzen konnte, hatte ich vor Arbeitsbeginn jede Station kurz erklärt. Die Folge war, dass die Kinder vor lauter Tatendrang mit dem Experimentieren anfingen, ohne die Arbeitsanweisungen vorher gelesen zu haben. Ich musste nochmals darauf hinweisen die Arbeitsabfolge genau zu beachten:


Während einige Gruppen die Vorgehensweise eigenständig durchschauten, bedurften andere Gruppen meiner Hilfe.
Mit dem Erlesen der Arbeitsanweisungen, dem eigenständigen Durchführen der Experimente, dem Beobachten des Versuchs und dem Ausführen der Aufgaben wurden hohe Anforderungen an die Zweitklässler gestellt. Hier kam es auf die gegenseitige Unterstützung an.
Die Schüler halfen sich nicht nur innerhalb der Gruppe, sondern die Gruppen halfen sich auch untereinander. Besonders bei dem etwas kniffligen Versuch "Die schwimmende Büroklammer" standen manchmal zwei oder drei Gruppen um den Versuchstisch herum und gaben sich Tipps, wie die Büroklammer am besten auf das Wasser gelegt wird. Dieser Versuch erforderte hohe motorische Fertigkeiten von Zweitklässlern.


(Foto: Agnes)

Der Tatendrang und Arbeitseifer dieser Klasse spiegelte sich auch in dem ständigen Wiederholen der Versuche wider. Der Materialverbrauch war extrem. Eigentlich hatten wir ausgemacht, dass jede Gruppe jeden Versuch maximal zweimal durchführt, damit das Material für alle reicht. Auf diese Abmachung hätte ich im Vorfeld noch eindringlicher eingehen müssen oder ich hätte von vorn herein mehr Material zur Verfügung stellen sollen.
Durch das nochmalige Durchführen der Versuche ergaben sich recht fruchtbare Diskussionen; dann nämlich, wenn die Schüler wie z. B. bei dem "Büroklammerversuch" mit denselben Materialien den Versuch wiederholen wollten. Eine Gruppe versuchte eine bereits mit Spüli benetzte Büroklammer wieder und wieder auf das Wasser zu legen, die jedoch sofort sank. Als noch eine zweite Gruppe dazukam, entbrannte eine lebhafte Diskussion, warum es beim zweiten Mal dauernd misslang, die Büroklammer aufs Wasser zu legen. Bald kamen die Schüler auf die rettende Lösung. Das mit Spüli versetzte Wasser musste ausgetauscht und die Büroklammer musste abgewischt werden. Erst nach diesen Maßnahmen ließ sich der Versuch erfolgreich wiederholen.


Geschafft! (Foto: Agnes)

Es ist gut, Fehler zuzulassen und als Lehrer in solchen Situationen nicht gleich einzugreifen, denn es zeigt, dass die Schüler selbstständig die Fehlerquelle entdecken und beseitigen können.
Überrascht war ich vor allem von der Arbeitsdisziplin der Schüler. Tatsächlich brauchten sie nur diese Doppelstunde, um die Stationenarbeit mit immerhin sieben Stationen zu erledigen. Auffällig war, dass alle Gruppen gleichzeitig fertig wurden und dass es an den Stationen nie zu einem Stau kam. Das ist umso erstaunlicher, zumal diese Klasse im Umgang mit Stationenarbeit noch keine Erfahrung besaß.
Zum Abschluss war genug Zeit für die Gruppenreflexion, bei der fast alle von einer guten Zusammenarbeit berichten konnten. Man merkte den Schülern immer noch ihre nachhaltige Begeisterung an.
Zum Abschluss erteilte ich die Hausaufgabe, die darin bestand die Experimente "Das Seifenschiffchen" (Aufgabe 1) und "Das Münzen-Tauchen" (Aufgabe 2) durchzuführen. Die Versuchsanleitungen zu diesen Experimenten und Versuchsmaterialien (Tropfpipette, ein Papp-Dreieck) steckten in zugeklebten Briefumschlägen, die die Schüler aufgeregt und gespannt entgegennahmen.

 
Stationenarbeit (Fotos: Agnes)


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Letzte Überarbeitung: 31. Januar 2005, Dagmar Wiechoczek