7.2 Zweite Doppelstunde - Entdeckung des Inneren der Kartoffel

Da ich in dieser Doppelstunde Experimente mit den Kindern durchführte, wurde zu Beginn gemeinsam erörtert, wie man sich während der Versuchphase verhält. Es wurden Vorschläge von einzelnen Schülern an der Tafel festgehalten und später von mir ergänzt. Man sollte gewährleisten, dass die selbstaufgestellten Regeln während der gesamten Einheit präsent sind, um gegebenenfalls die Schüler auf ihre eigenen Verhaltensregeln aufmerksam zu machen.


(Foto: Christin)

Es ist wichtig, dass die Lernenden eine kurze Einweisung erhalten, die ihnen aber nicht den Spaß an den Experimenten nehmen soll. Mir ist aufgefallen, dass die Schüler aufgrund ihrer Unsicherheit großen Respekt vor den Versuchen hatten. Dieses Gefühl der Unsicherheit kann man ihnen nehmen, indem man bewusst macht, dass nichts passieren kann, wenn sie sich an die Anweisungen halten.

Nach der Einweisung widmeten sich die Kinder wieder ihrem Forschungsobjekt. Da wir in der vorhergehenden Stunde beschlossen hatten nun das Innere der Kartoffel entdecken zu wollen, fragte ich die Kinder, was uns vom Inneren der Knolle trennt. Dies wurde sofort beantwortet, aber warum die Knolle eine Schale hat, konnte nur biologisch erklärt werden. Ein Schüler antwortete, dass die Schale die Tiere abhält, die Knolle zu fressen. Anhand dieser Aussage wurde mir bewusst, dass die meisten Naturphänomene nur biologisch in der Primarstufe geklärt werden. Um den Kindern eine andere Perspektive zu eröffnen, führte ich mit ihnen einen Langzeitversuch durch. Für diesen Versuch teilte ich die Schüler wieder in die gleichen Gruppen ein, da es ausreichend ist diesen Versuch als Gruppenarbeit durchzuführen. Jede Schülergruppe sollte eine Kartoffel schälen, wiegen und diese auf der Fensterbank drei Tage liegen lassen. Die Ergebnisse wurden wiederum auf einem Arbeitsblatt festgehalten, während ich den Zusatzversuch vorbereitete (geschälte Kartoffel in eine Klarsichtfolie einwickeln und auch auf die Fensterbank legen).

Auffällig war, dass die Kinder nicht in der Lage waren, eine Kartoffel mit Hilfe eines Schälers zu pellen.


(Foto: Christin)

Ich erklärte ihnen zuerst, wie man mit einem Schäler umgeht und wie man die Kartoffel beim Pellen halten soll. Während meiner Planung bin ich davon ausgegangen, dass die Lernenden diese Vorerfahrung in den Unterricht einbringen. Ich war überzeugt, dass jeder Schüler zu Hause eine Kartoffel geschält und somit keine Probleme bei der Ausführung des Versuches hat. Da sie aber Schwierigkeiten hatten, gab ich ihnen die Möglichkeit, neue Erfahrungen zu machen, die sie im Alltag gebrauchen können. Diese Situation verdeutlichte mir, dass man den Unterricht so gestalten muss, dass ein unerwartetes Ereignis fließend in den Unterricht mit eingebunden werden kann. Die Reaktion und das Vorwissen der Schüler ist nicht vorhersehbar, muss aber dennoch berücksichtigt werden.

Nach der Vorbereitung des Langzeitversuches hatten die Schüler zusammen mit ihren Partnern abermals die Aufgabe eine Kartoffel zu schälen, zu halbieren und diese im Anschluss genauer zu erforschen. Man konnte beobachten, dass die Kinder immer sicherer und schneller beim Pellen der Kartoffel wurden. Um diese zu analysieren, erhielt jeder eine Kartoffelhälfte, ein Arbeitsblatt und den Auftrag eine hauchdünne Scheibe (mittels des Schälers) abzuschneiden und die so sichtbaren Strukturen zu beschreiben.


(Foto: Christin)

Um die Aufgabe zu erfüllen, hielten sie ihre Scheibe ins Licht und betrachteten diese intensiv. Nachdem die Ergebnisse ausgetauscht und auf dem Arbeitsblatt festgehalten wurden, forderte ich die Kinder auf, die geschälte Kartoffel zu ertasten. Sie stellten fest, dass sich die Knolle feucht anfühlt. Da diese Entdeckung nicht ausreichte, bat ich die Schüler nun zwei Kartoffelhälften aneinander zureiben und zu beschreiben, was passiert.


(Foto: Christin)

Sie konnten kein Vorwissen (Küche) in den Unterricht einbringen, deshalb konzentrierten sie sich auf die realen Gegebenheiten. Der durch das Reiben entstandene Schaum wurde von ihnen genau betrachtet und erfühlt. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass sich dieser Schaum überraschenderweise "körnig/ sandig" anfühlte. Die Schüler waren sich einig, dass der Stoff, der den Schaum körnig wirken lässt, aus der Kartoffel stammt. Infolgedessen wurde gemeinsam geplant, wie man den unbekannten Stoff erforschen kann. Ideen wie "wir müssen die Kartoffel ganz klein schneiden", brachten uns zum richtigen Ergebnis. Ich verteilte ein Arbeitsblatt, auf dem das Verfahren beschrieben wurde, wie man den Stoff erhält. Dazu sollten die Kinder in Gruppenarbeit ihre Kartoffelhälften in eine Schüssel reiben, den erhaltenen Brei mit Wasser aufschütten und im Anschluss dieses Gemisch mit einem Küchentuch über einer Schüssel auswringen.


(Foto: Christin)

Die erhaltene Flüssigkeit sollte etwas stehen gelassen werden, damit sich am Boden die Stärke, der körnige Stoff, absetzt. Die Schüler sollten dann vorsichtig etwas Wasser abschütten, den Rest in einen durchsichtigen Plastikbecher füllen, um den Stoff genauer betrachten zu können. Anschließend fragte ich die Lernenden, um welchen weißen Stoff es sich handelt. Während meiner Unterrichtseinheit fiel mir auf, dass die Kinder sich gerne mit schwierigen Fragen auseinandersetzen. Sie sind bemüht, eine Antwort zu finden und sehr aufmerksam, wenn man gemeinsam die Lösung erörtert. Auch wenn die Antwort nur mit Hilfe des Lehrers gefunden werden kann, stellten die Kinder ihre eigenen Thesen auf.

Um herauszufinden, welcher Stoff sich im Plastikbecher befindet, erklärte ich den Schülern, dass man in der Chemie beispielsweise das Verfahren des Stoffvergleich durchführt. Da man den fremden Stoff nicht probieren darf (könnte giftig sein), vergleicht man diesen mit anderen Stoffen. Dabei achtet man auf unterschiedliche Merkmale, wie zum Beispiel, die Konsistenz, Farbe, usw.. Die Schüler wurden aufgefordert, dieses Verfahren selbst auszuprobieren. Dazu erhielten sie Puderzucker und Stärke, die mit dem unbekannten Stoff verglichen wurden. Ich erklärte den Schülern, dass man Stärke als Bindemittel (beispielsweise für Soßen) verwenden kann, da ein Grossteil nicht wusste, wozu man Stärke gebraucht.

Nachdem die Farbe, Konsistenz, usw. verglichen wurden, führten sie mit Hilfe des Arbeitsblattes die Jodprobe durch, die ein eindeutige Lösung zeigte. Die Kinder kamen alle zu dem gleichen Ergebnis, dass die unbekannte Substanz der Stärke glich. Wiederum trugen die Schüler die Lösungen in ihr Arbeitsblatt ein. Da man für die Jodprobe mittels einer Pipette die Jodtinktur in die Lösung hineintropft, sollte man jedem Schüler die Möglichkeit geben, dieses Verfahren durchzuführen. So entsteht kein Neid unter den Schülern und jedes Kind hat den Eindruck, in das Geschehen involviert zu sein.


(Foto: Christin)

Während meiner Planung empfand ich diese Sequenz der Einheit als anspruchsvoll. Ich dachte, dass die Lernenden Schwierigkeiten mit der Jodprobe haben würden. Doch nach einer kurzen Erklärung (Jodtinktur dient als Anzeiger) verstanden sie das Prinzip und führten dies ohne Probleme durch.

Am Ende der Stunde fasste ich mit den Schülern die Ergebnisse zusammen und gab ihnen als Hausaufgabe auf, ein Kartoffelrezept aufzuschreiben.


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Letzte Überarbeitung: 24. August 2010, Dagmar Wiechoczek