7.3 Dritte Doppelstunde - Stärke, ein wichtiges Kohlenhydrat
Zu Beginn der letzten Doppelstunde forderte ich die Schüler auf, ihren Langzeitversuch auszuwerten. Hierzu betrachteten die Kinder die verformten Kartoffeln und wogen sie. Ihnen fiel auf, dass die Knollen "schwarz und schrumpelig" geworden sind und dass sie an Gewicht verloren haben.
(Foto: Christin)
Da diese Veränderung die Lernenden sehr faszinierte, fragten sie sich, warum ihre Knolle sich so verwandelt hat. Ein Schüler meinte, dass "Nährstoffe der Knolle verschwunden sind" und somit die Veränderung hervorgerufen wurde. Ihnen war bewusst, dass die Knolle etwas "verloren" hat, aber "was und warum" konnten sie sich nicht erschließen. Aus diesem Grund zeigte ich ihnen die Kartoffel, die ich in Klarsichtfolie eingewickelt hatte. Die Lernenden entdeckten sofort die geringe Farbveränderung, die geringe Verformung und die Wassertropfen, die sich an der Innenseite der Folie gebildet haben. Nun wurde ihnen bewusst, dass die Schale die Knolle vor der Austrocknung schützt.
Dieses Beispiel zeigte mir, dass Experimente den Kindern helfen, Sinnzusammenhänge zu verstehen bzw. auffordern Thesen aufzustellen. Hätte man ihnen nur verbal erklärt, welche Aufgaben die Kartoffelschale hat, wäre dies wahrscheinlich nicht gleichermaßen verinnerlicht worden. Ein ganzheitlicher Zugang wäre wahrscheinlich ausgeblieben.
Trotz des regen Interesses konnten die Kinder abermals keine Vorerfahrungen einbringen. Während meiner Planung dachte ich, dass sie evtl. Trockenobst gesehen haben, bzw. eine Vorstellung haben, wie vertrocknetes Obst/ Gemüse/... aussieht und welche Eigenschaften diese aufweisen. Man kann demnach nicht davon ausgehen, dass die Kinder eine Brücke zwischen zuvor erworbenen Wissen und dem Unterricht schlagen.
Im Anschluss an den Langzeitversuch wiederholten wir kurz, welchen Stoff wir in der vorhergehenden Stunde entdeckt haben. Die Kinder verdeutlichten mir, dass mittels der Jodprobe festgestellt werden kann, ob eine Substanz Stärke (der erforschte Stoff) enthält. Daraufhin erklärte ich ihnen, dass die Stärke ein Kohlenhydrat ist und neben den Eiweißstoffen und Fetten ein wichtiger Nahrungsbaustein ist. Diese Bausteine sollen jeden Tag aufgenommen werden, damit man sich gesund zu ernährt. Um festzustellen, welche Lebensmittel das Kohlenhydrat Stärke enthalten, setzten sich die Kinder abermals in ihre Gruppen zusammen. Sie wurden angehalten, ein flüssiges und drei feste Nahrungsmittel auf ihren Stärkegehalt zu testen. Da möglichst viele Lebensmittel mittels der Jodprobe überprüft werden sollten, erhielten die einzelnen Gruppen unterschiedliche Produkte.
(Foto: Christin)
Die einzelnen Schülergruppen waren somit Expertengruppen, die nach der Überprüfung der verschieden Lebensmitteln den anderen ihre Ergebnisse mitteilen sollten. Auffällig war, dass jede Gruppe intensiv zusammenarbeitete und anderen Mitschülern ihre Entdeckungen bis zur Besprechung nicht verrieten. Die Kinder waren sehr motiviert und bemüht, während der Ergebnissicherung genau ihre Entdeckungen zu beschreiben. Auf dem entsprechendem Arbeitsblatt wurden alle Resultate festgehalten, so dass gewährleisten wurde, dass jeder Schüler aufmerksam zuhört, wenn andere Lösungen vorgetragen wurden.
Im Folgendem wurde erforscht, wo man die Stärke in der Kartoffel findet. Dazu erhielten die Kinder den Auftrag auf eine rohe und eine gekochte Kartoffelscheibe etwas Jodtinktur zu tropfen und zu beobachten, was passiert. Ihnen fiel auf, dass nach dem Kontakt mit der Jodtinktur, sich die gekochte Scheibe sofort, die rohe erst nach ein paar Minuten schwarz verfärbte.
(Foto: Christin)
Dieses Phänomen konnten sich die Schüler zu Beginn nicht erklären. Es wurde beispielsweise behauptet, dass durch das Salz des Kochwassers eine solche Reaktion ausgelöst werden kann. Aufgrund dieser Aussage wurde mir bewusst, dass die Lernenden ihre Perspektive während des Unterrichts erweitert haben und Details von ihnen in den Vordergrund gerückt wurden.
Nach kurzer Zeit bemerkte ich, dass die Kinder ohne Hilfe dieses Ergebnis nicht richtig deuten konnten. Daher zeichnete ich zwei grobe Skizzen der Pflanzenzellen an die Tafel und erklärte den Schülern, dass diese in der Kartoffel vorkommen und Stärke enthalten. Die Stärke symbolisierte ich mit jeweils einem großen Kreidepunkt. Anschließend nahm ich den Schwamm, wischte eine der Zellwände weg und erklärte den Schülern, dass beim Abkochen der Knolle die Zellwände zerstört werden. Aus diesem Grund kann die Jodtinktur sofort mit der Stärke in Kontakt kommen. Danach wischte ich an der anderen Skizze einen kleinen Teil der anderen Zellwand weg und erläutere den Kindern, dass beim Aufschneiden der Kartoffel nur ein kleiner Teil zerstört wird und dass somit die Jodtinktur nicht sofort mit der Stärke reagieren kann. Obwohl dies ein sehr abstraktes Thema ist, hatte ich den Eindruck, dass die Lernenden diesen Versuch verstanden haben. Mit Hilfe dieses Experiments konnte ich den Kindern eine Perspektive in eine sonst zu komplizierte Materie vermitteln.
Aufgrund des großen Interesses auf Seiten der Kinder wurde zu lange über die Ergebnisse diskutiert, so dass ich den letzten eingeplanten Versuch (Was macht der Speichel mit der Stärke?) nicht mehr durchführen konnte. Da ich meine Einheit flexibel gestaltet habe, konnte ich den Schülern genügend Freiraum lassen, um die Experimente eigenständig zu ergründen. Doch dieses Verfahren erfordert mehr Zeit als das gemeinsame, lehrerzentrierte Erörtern. Somit ließ ich den letzten eingeplanten Versuch aus, um gemeinsam mit den Kindern den selbstgemachten Pudding zu essen und dabei über die Einheit zu sprechen (Was hat euch am besten gefallen?). Ich wollte somit einen Eindruck bekommen, welche Sequenzen man für eine Wiederholung in einer anderen Klasse verbessern, ergänzen oder weglassen sollte. Erstaunlicherweise erhielt ich ganz unterschiedliche Antworten. Die Kinder waren natürlich besonders begeistert von den Experimenten (auch Benutzung der "chemischen" Materialien-> Pipette), aber auch von der eigenständigen Erforschung (Oberfläche der Kartoffeln) und überraschenderweise von den Erörterungssequenzen (Wachstumsphasen in die richtige Reihenfolge bringen). Daraus zog ich den Schluss, dass man den Unterricht abwechslungsreich gestalten sollte, damit dieser nicht eintönig und dadurch langweilig wird.