2 Warum sich naturwissenschaftlicher Unterricht schon in der Grundschule lohnt
Im Sachunterricht nehmen die biologischen Themen etwa einen Anteil von 40 % ein, wohingegen Themen zur unbelebten
Natur im Vergleich dazu schon in den Vorgaben der Rahmenrichtlinien zu kurz kommen. Bei der Behandlung biologischer
Themenbereiche wird nach G. Lück [1] in der Sachunterrichtspraxis oftmals von Phänomenen der belebten Natur
ausgegangen, die allerdings selten Möglichkeiten zum Experimentieren bereithalten. Werden im Sachunterricht
z. B. Nutzpflanzen wie Bohnen gezüchtet, so erfüllen die Schüler nach dem Einpflanzen der Bohnen bis zur
,Ernte’ hauptsächlich Beobachtungs- bzw. Pflegeaufgaben. Solche biologischen Themen sind ohne Frage anschaulich,
fördern die Naturverbundenheit der Kinder und lehren sie Verantwortungsgefühl. Phänomene der unbelebten Natur
stehen dem aber in nichts nach, sie bergen in Versuchen stattdessen weitere positive Aspekte: Auf eine Aktion
der Kinder folgt während eines Experiments zur unbelebten Natur innerhalb einer überschaubaren Zeitspanne in
irgendeiner Form eine Reaktion. Die Kinder müssen sich für diese Zeit mit allen Sinnen darauf konzentrieren,
um die Veränderung der Situation erfassen zu können.
Es gibt Studien, die sowohl den Elementar- als auch den Primarstufenbereich betreffen, nach denen Kinder dieser
Altersstufen auffallendes Interesse daran zeigten, sich mit naturwissenschaftlichen Phänomenen auf experimentelle
Art auseinander zu setzen. G. Lück, Professorin für Didaktik der Chemie, beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit
der Naturwissenschaftsvermittlung im Vorschulalter. Dabei führte sie unter anderem Versuchsreihen zu Phänomenen
der unbelebten Natur mit fünf- und sechsjährigen Kindern in Kindertageseinrichtungen durch. Die Erkenntnisse,
die sie während ihrer Arbeit mit den älteren Kindergartenkindern gesammelt hat, lassen darauf schließen, dass
auch bei Grundschülern ein hohes Interesse an naturwissenschaftlichen Versuchen besteht. Bestätigt wurde dies
auch von A. Hartinger durch Befunde zur Interessenförderlichkeit ,Handlungsorientierten Unterrichts’. G. Lück
betonte in ihrem Werk "Handbuch der naturwissenschaftlichen Bildung" [1], dass die Kinder nicht nur im Moment
des Experimentierens Freude und Interesse an den Versuchen demonstrierten. In Einzelinterviews, die rund sechs
Monate nach Beginn der Experimentierreihen mit den Kindern geführt wurden, konnten diese etwa 30 % der Versuche
ohne jede Hilfestellung, sowie weitere 20 % mit geringer Unterstützung rekonstruieren.
Dieses bemerkenswerte Ergebnis beweist, dass selbst Kindergartenkinder keinesfalls damit überfordert sind,
leichten Experimenten beziehungsweise Versuchen gedanklich zu folgen. Zweifel, ob Grundschüler diese Voraussetzungen
besitzen, scheinen also unbegründet zu sein. Ein Grund für die Aufnahmebereitschaft und das gute Erinnerungsvermögen
von jüngeren Kindern während und nach dem Erleben eines Naturphänomens liegt sicherlich auch darin, dass sich aus
der Faszination der Eindrücke bei den Kindern die Frage nach dem ,Wie’ und ,Warum’ aufdrängt. Ob diese Fragen
beantwortet werden oder das Phänomen für die Kinder zunächst weiter unerklärlich und mysteriös erscheint, ist
nicht nebensächlich und jedes Mal abzuwägen. Eine starke didaktische Reduzierung von Seiten der Lehrkraft ist
hierbei jedoch (wie auf jedem anderen Lerngebiet) immer nötig, damit die Grundschüler die Deutungen der Versuche
verinnerlichen, statt durch Überforderungen die Lust zu verlieren.
Die Freude und intrinsische Motivation, die Grundschulkinder beim Experimentieren erfahren, führt zu guten inhaltlichen Lernerfolgen. Daneben erlernen die Kinder aber auch Arbeitsmethoden, die nur im Zusammenhang mit naturwissenschaftlichen Inhalten Anwendung finden. Diese zählen eher zu den allgemeinen als zu den inhaltlichen Lernzielen. Hierzu gehören praktische und feinmotorische Fertigkeiten, wie z. B. das Abmessen von Flüssigkeiten oder das Ablesen eines Thermometers. Aber auch das Aufstellen von Hypothesen, konzentriertes Beobachten in Hinsicht auf erwartete Veränderungen und die Deutung von Versuchsergebnissen sind Fähigkeiten, die längerfristig durch das Experimentieren geschult werden.
Auch wenn Versuche nur der Veranschaulichung eines bereits besprochenen Sachverhalts eingesetzt werden, erfüllen sie noch den Anspruch, den Kindern lange in Erinnerung zu bleiben. Die theoretisch schon erarbeiteten Sachverhalte werden auf diese Art visualisiert und plastisch deutlich. Handelt es sich dabei um Schülerversuche, werden durch das eigene Tun über die Versuchsschritte Zusammenhänge verinnerlicht, die für die Wissensaneignung förderlich sind [3]. Einfache naturwissenschaftliche Versuche knüpfen an die Alltagserfahrungen der Kinder an oder machen sie auf bestimmte Begebenheiten aufmerksam. Durch diese Nähe zur Lebenswirklichkeit besteht bei den Kindern ein besonderer Wissensdrang. Im Folgenden werde ich aufzeigen, inwiefern die von Versuchen geprägte Unterrichtseinheit "Salz und Wasser" die Lebenswirklichkeit von Grundschülern betrifft.