1 Einleitung

Der vorliegende - praktisch erprobte - Unterrichtsentwurf soll den Schülern ein alltägliches Phänomen durch einfache chemische Experimente aufzeigen. Es geht hier um das relevante "Waschen und Reinigen". Dabei soll Kindern einer 1. oder 2. Klasse die Notwendigkeit des Einsatzes von Seife zur Körperhygiene und sonstigen Reinigung verdeutlicht und begreifbar gemacht werden. Dies lässt sich durch einige spannende Versuche erreichen, die die Schüler selbstständig ausführen.


1.1 Chemie in der Grundschule?

Die Frage, ob bereits Grundschüler im Themenbereich der Chemie unterrichtet werden sollten, muss schlichtweg mit ja beantwortet werden. Hierzu gibt es in der Literatur schon längere Zeit Hinweise wie die praktischen Unterrichtsvorschläge [1]. G. Lück gibt hierzu theoretische Begründungen [2], [3]. Zusammengefasst können wir festhalten: Für Kinder ist die Chemie ein faszinierendes Thema, wobei es grundlegend um die Veränderung von Stoffeigenschaften geht. Dazu gibt es viele spannende Experimente, die bemerkenswerte "Zaubereien", wie zum Beispiel außergewöhnliche Zustandsänderungen oder Flammenfärbungen, beinhalten. Den Schülern macht sowohl die reine Beobachtung Freude, aber auch die Neugier, eine Erklärung für ein spektakuläres Phänomen zu finden, motiviert die Kinder. Durch den Einsatz von Experimenten wird der Unterricht automatisch lebendiger gestaltet, was dem natürlichen Bewegungsdrang der Kinder entspricht. Jeder Schüler erhält so die Möglichkeit handelnd tätig zu werden und Phänomene der unbelebten Natur mit allen Sinnen für sich zu entdecken. Das Experimentieren macht Kindern besonders Spaß, denn sie werden auf diese Weise zu Forschern, die die Eigenschaften der Seife untersuchen und entdecken können. Fast nebenbei erlangen die Schüler dadurch auch soziale Kompetenzen, denn Schulversuche werden in der Regel mit einem Partner oder in einer Gruppe durchgeführt.

Durch Versuche werden Sachverhalte für die Schüler spielerisch geöffnet und nachvollziehbar. Dabei ist entscheidend, dass die Schüler die Versuche selbst durchführen und nicht vom Lehrer einfach nur vorgeführt bekommen. Das naturwissenschaftliche Lernen ist eng mit der Selbsttätigkeit gekoppelt, denn man kann Sinnzusammenhänge viel besser erkennen, wenn man die nötigen Schritte, um zu einem Versuchsergebnis zu kommen, selber vollzogen hat. Von der alleinigen Beobachtung wird außerdem vielen Schülern nicht der Hintergrund zu einem Experiment deutlich.

Bei Studien in Kindergärten, in denen die Kinder unter Anleitung naturwissenschaftlich experimentierten, war besonders bemerkenswert, dass sich die Kinder oft sogar noch ein halbes Jahr nach der Durchführung eines Versuches daran erinnerten [2], [3]. Das bedeutet, dass sowohl die Faszination als auch das Verständnis für die unbelebte Natur schon im Vorschulalter vorhanden ist und gefördert werden muss. Man darf als Grundschullehrer und -lehrerin deshalb nicht meinen, die Kinder durch chemische Themen zu überfordern. Das Phänomen der Seifentenside beispielsweise ist zwar naturwissenschaftlich gesehen anspruchsvoll, doch die reine Chemie lässt sich insoweit reduzieren, dass die Kinder zwar Versuchsergebnisse deuten lernen, aber von ihnen kein Umgang mit chemischen Formeln erwartet wird. Denn chemische Sachverhalte sollten in der Grundschule nicht wissenschaftlich erklärt werden, sondern es sollte vielmehr im fächerübergreifenden Sachunterricht ein Gefühl dafür geschaffen werden, dass man die Eigenschaften von Stoffen gezielt verändern und durch chemische Reaktionen neue schaffen kann. Dadurch erkennen die Schüler vielleicht schon, dass Reaktionen zwischen den Teilchen ablaufen. Dies wäre eine erste Annäherung an das Modell der Teilchenvorstellung, welches in der Sekundarstufe I die größte Herausforderung zum Erlernen der Chemie darstellt.

Die didaktische Reduktion, die hierzu nötig ist, führt bei dieser Unterrichtsreihe die Seifenteilchen kindgerecht und vereinfacht ein, ohne die sachliche Richtigkeit unbeachtet zu lassen. Dafür muss ich als Lehrerin über das erforderliche Hintergrundwissen informiert sein, was in meiner Ausbildung an der Universität höchste Priorität besitzt. Aber ganz allgemein sollten die Lehrer und Lehrerinnen bereit sein sich mit dem Gebiet der Chemie auseinanderzusetzen. Sollte dennoch der Fall auftreten, dass die Schüler im Lernstoff nicht mitkommen, kann inhaltlich reduziert werden. Und falls es doch ein Experiment geben sollte, bei dem eine Reduktion schwierig erscheint, kann dieser auch als "Wunderversuch" durchgeführt werden, denn häufig kann auch die Freude am Experimentieren Ziel des Unterrichts sein. Eine Unterforderung der Schüler ist daher sogar kritisch, weil auf diese Weise Langeweile und Frustration auftreten. Trifft dies zu, verliert sich die natürliche Neugier der Kinder an Technik und Naturwissenschaft, die gerade im Kindergarten- und Grundschulalter sehr groß ist [1].

In der Grundschulzeit sind die Kinder noch in einer Phase, in der sie großes Interesse daran haben die Naturerscheinungen, die in ihrer Lebenswirklichkeit eine große Rolle spielen, zu hinterfragen. Die Mentalität der Wissbegier und des damit verbundenen Fragenstellens geht uns im Laufe unserer Jugend immer mehr verloren, was beinhaltet, dass die Naturwissenschaftsvermittlung früher ansetzen muss, als es bisher der Fall war. Die naturwissenschaftlichen Fächer werden meistens sogar erst ab der 7. Klasse eingeführt. Zu diesem Zeitpunkt ist das Interesse an der unbelebten Natur stark zurückgegangen, da vieles einfach nur noch so hingenommen wird. Daher müssen Physik und Chemie schon in der Grundschule ihren festen Platz finden, damit sich die Kinder sowohl im sozialen wie auch im naturwissenschaftlichen Bereich frei entfalten können. Dies kann jedoch nur gewährleistet werden, wenn Kinder auf allen Gebieten, die mit ihrer Lebenswelt verknüpft sind, aufmerksam gemacht werden. Außerdem ist für unsere Gesellschaft eine frühe naturwissenschaftliche Prägung von Vorteil, da in unserem Land die Industrie unser wichtigstes wirtschaftliches Standbein ist, was nur durch den naturwissenschaftlich interessierten Nachwuchs auch weiterhin gewährleistet werden kann. Dieser Ernst, der die Berufswahl der Schülerinnen und Schüler betrifft, ist in der Grundschule zwar noch nicht spürbar, aber die frühzeitige Förderung der naturwissenschaftlichen Bildung ist doch ein wichtiger Faktor für die Anzahl der Studenten der Fakultäten für Technik und Naturwissenschaften.

In einem mehrwöchigen Praktikum bot sich mir die Gelegenheit mit Grundschulkindern den Unterrichtsentwurf zum Thema "Waschen und Reinigen" in die Praxis umzusetzen, und die aus dem naturwissenschaftlichen Sachunterricht resultierenden Vorteile kennen zu lernen.


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Letzte Überarbeitung: 25. August 2004, Dagmar Wiechoczek