4.7 Tatsächlicher Stundenverlauf

Um in einer zweiten Klasse das Thema "Waschen und Reinigen" einzuführen, nutzte ich in der Einstiegsphase die kindliche Neugierde und Phantasie der Schüler. Ich stellte im Sitzkreis eine Identifikationsfigur vor, die das Thema einleitete und die Unterrichtsreihe durchgehend begleitete. In diesem Fall eignete sich ein Stofftier, ein kleines Dreckschwein, das sich am liebsten den ganzen Tag im Matsch suhlt. Die Kinder durften für das Schwein einen Namen auswählen, was eine Verbindung zwischen Schülern und Figur schaffte. Die Schüler gingen gerne in den Aufräumphasen zu unserem Maskottchen und streichelten es oder spielten mit ihm. In unserer Klasse hieß das kleine Schwein Lilli und eine Besonderheit war, dass es nur ganz leise reden konnte, so dass man es nur hörte, wenn man es sich ganz nah ans Ohr hielt. Dies sorgte auch für eine ruhige Atmosphäre, da die Kinder sich darauf einließen, dass man das Schwein nur verstehen konnte, wenn man ganz leise war.

Den Schülern wurde zusätzlich noch das Titelblatt eines Magazins gezeigt, das zwei Kinder abbildete, die ausgiebig im Matsch gespielt hatten. Dies regte die Kinder dazu an von eigenen Erlebnissen im Matsch zu berichten. Aber als Fazit konnten wir erarbeiten, dass, wenn man sich so richtig dreckig gemacht hat, nur noch ein Bad oder eine Dusche hilft. Unser Dreckschwein Lilli kennt das auch, denn immer wenn sie so schön im Dreck gespielt hat, dann soll sie in die Badewanne und wird dort von oben bis unten eingeseift, was ihr gar keinen Spaß macht. Das merkte man auch daran, dass Lilli sich ganz schön erschreckte als ich ein Stück Seife hervorholte, um es den Schülern zu zeigen.

Im Sitzkreis wurde anschließend die Geschichte, die Lilli mir zuvor erzählt hatte, von mir dann an die Klasse weitergegeben:

"An einem sonnigen Tag im Frühling spielte Lilli ausgelassen auf der Wiese hinter ihrem Stall, in dem sie mit ihrer Mutter und ihren sieben Geschwistern lebt. Lilli hatte sich einen schönen Platz zum Suhlen in einer Dreckpfütze ganz nah am Teich gesucht, der sich am Ende der großen Wiese befand. Dort ging sie nach Herzenslust ihrer Lieblingsbeschäftigung nach, bis Lilli etwas neugierig machte. Sie sah ein Tier, nein besser gesagt ein Insekt, das auf der Wasseroberfläche des Teiches stehen konnte. Das überraschte das kleine Schwein sehr, denn es hatte schon früh gelernt, dass man nicht auf dem Wasser gehen kann, sondern nur schwimmen oder schlimmstenfalls untergehen kann. Doch dieses Insekt tauchte mit keinem seiner langen, dünnen Beine ins Wasser ein. Lilli versuchte sich dem merkwürdigen Tier zu nähern, aber als sie mit den Hufen ins Wasser tappte, schlugen kleine Wellen bis zur Mitte des Teiches, denen das Tier mit ein paar Sprüngen auswich, und damit aus Lillis Blickfeld verschwand. Vielleicht wissen ja die Kinder, welches Insekt Lilli da begegnet war?"

Zur Veranschaulichung wurde mit dem Tageslichtschreiber eine Abbildung des gesuchten Tieres an die Wand projiziert. Einige Schüler wussten schon genau, dass es sich hierbei um einen Wasserläufer handelte. Es ist jedoch weiterhin verwunderlich, dass gerade dieses Insekt auf der Wasseroberfläche laufen kann, während das bei uns Menschen oder anderen Tieren nicht funktioniert. Der Wasserläufer muss bestimmte Eigenschaften besitzen, die ihn nicht untergehen lassen und die Schüler stellten darüber Vermutungen an. Zum einen ist der Wasserläufer sehr leicht, und zum anderen hat er ganz lange dünne Beine, auf denen sein Gewicht gut verteilt ist. Es gibt aber auch ein besonderes Merkmal des Wassers, das den Wasserläufer nicht einsinken lässt. Das Insekt wird nämlich von einer dünnen Haut, die sich auf dem Wasser befindet, getragen. Diese Schicht besteht aus Wasserteilchen, die gerade an der Oberfläche eine festere Bindung als im restlichen Medium eingehen, was wir auch Oberflächenspannung nennen.

In diesem Zusammenhang sollte mit den Schülern zunächst der Teilchenbegriff erläutert werden, da in einem zweiten Schuljahr die Vorkenntnisse der Schüler in diesem Bereich sehr unterschiedlich sind. Ich erklärte zum Beispiel, dass alles, was auf der Welt zu finden ist, aus Teilchen, den Atomen, aufgebaut ist, und diese so winzig sind, dass man sie nicht einmal mit der besten Lupe sehen kann. Doch Wissenschaftler haben die Atome mit einem außergewöhnlichen Mikroskop, dem Rastertunnelmikroskop, sichtbar machen können und somit bewiesen, dass erst ganz viele winzig kleine Bausteine nötig sind, um etwas so großes wie einen Elefanten zu erschaffen.

Dabei habe ich die kleinsten Teilchen kindgerecht durch den Einsatz von Animismen eingeführt, indem ich am Beispiel der Oberflächenspannung erläutert habe, dass sich die Wasserteilchen an der Oberfläche besonders gut aneinander festhalten, damit sie nicht so schnell getrennt werden. Denn die Wasserteilchen haben sich inzwischen sehr aneinander gewöhnt und wollen deshalb zusammenbleiben. Mit der animistischen Einführung in die Welt der Teilchen, ermöglicht man den Kindern einen bildlichen Zugang zum schwer verständlichen Teilchenmodell. Dabei ist auch belegt, dass sich bei den Schülern animistische Vorstellungen wesentlich besser einprägen.

Aber das Phänomen der Oberflächenspannung führt uns auch direkt zu unserem ersten Versuch, wobei wir noch klären mussten, was bei einem Experiment zu beachten ist. Deshalb rückten die Schüler mit ihren Stühlen zu einem Stuhlhalbkreis zusammen, damit alle den Blick zur Tafel richten konnten. Ich schrieb die Ideen der Kinder an, wobei diese gleich als Regeln formuliert wurden. Als die Schüler bereits eine Menge guter Einfälle geäußert hatten, holte ich DinA2-Plakate aus Tonpapier hervor, auf denen die wichtigsten Sicherheitsregeln im Chemielabor groß aufgeschrieben und zum Teil gemalt waren. Die Plakate wurden jeweils von einem Schüler vorgelesen und anschließend neben den an der Tafel stehenden Regeln, die die Kinder zuordnen mussten, aufgehängt.

1) Nicht unnötig herumlaufen
2) Nichts essen und trinken
3) Keine Versuchsmaterialien probieren
4) Auf das achten, was die Lehrerin sagt
5) Lange Haare hochbinden
6) Versuche nur unter Anleitung durchführen
7) Nach jedem Experiment aufräumen

Somit waren die Sicherheitshinweise grundlegend geklärt und die Schüler räumten sämtliche Unterlagen und Lebensmittel vom Tisch, so dass nun experimentiert werden konnte.


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Letzte Überarbeitung: 26. August 2004, Dagmar Wiechoczek