Komplexe in der anorganischen Analytik

Experimente:
Versuch: Maskierung von Eisen(III)-Ionen
Versuch: Nachweis von Fluorid in Zahncreme
Versuch: Bildung des Tetraamminkupfer(II)-Komplexes
Versuch: Bildung des Bis(dimethylglyoximato)nickel(II)-Komplexes
Versuch: Komplexometrische Bestimmung von Magnesium-Ionen


Maskierung
Viele Nachweise zur Bestimmung von Metall-Ionen laufen nicht eindeutig ab, da oft andere Ionen in der Lösung vorhanden sind, die diese Reaktionen stören. Man kann aber einige störende Metall-Ionen in stabile Komplexverbindungen überführen. Dadurch bleiben typische Nachweisreaktionen auf diese Ionen aus. Man nennt diesen Vorgang Maskierung und gebraucht ihn häufig in der Analytik.
Ein Beispiel ist der Nachweis von Cobalt- neben Eisen(III)-Ionen. Beide bilden bei Zugabe von Kaliumthiocyanat Komplexe mit typischen Farben.

Fe3+ + 6 SCN- [Fe(SCN)6]3-

Co2+ + 4 SCN- [Co(SCN)4]2-

Die Farbe des Eisenkomplexes ist rot, die des Cobaltkomplexes blau. Liegen beide Ionen nebeneinander vor, so überdeckt meistens die rote Farbe des Eisens die blaue Farbe des Cobalts. Gibt man aber einige Spatelspitzen von festem Natriumfluorid zur Analysenlösung, so bleibt die rote Färbung aus. Die Fluorid-Ionen haben das Eisen maskiert (-> Versuch). Der Grund: Es entsteht der farblose Hexafluoroferrat(III)-Komplex, der stabiler ist als der rote Thiocyanatokomplex.

Fe3+ + 6 F- [FeF6]3-

Man sagt, dass die Fluorid-Ionen die Eisen(III)-Ionen maskiert haben.

Bild 1: Unmaskierte und maskierte Eisen(III)-Lösung nach der Thiocyanatzugabe
(Foto: Sandra)


Mit diesem Versuch kann man umgekehrt Fluorid-Ionen nachweisen, so zum Beispiel in Zahnpflegemitteln (-> Versuch).


Qualitative Bestimmung von Metall-Ionen
Viele Nachweise von Metall-Ionen beruhen auf Komplexbildungsreaktionen, da diese sehr oft mit eindeutigen Farb- und Löslichkeitsänderungen einhergehen. Vor allem sind diese Farbreaktionen meist sehr charakteristisch für die jeweiligen Metallkationen.
So lassen sich z. B. Kupfer(II)-Ionen leicht nachweisen, indem man konzentrierte Ammoniaklösung hinzu gibt (-> Versuch). Es entsteht eine blauviolette Lösung des Tetraamminkupfer(II)-Komplexes:

Cu2+ (aq) + 4 NH3 [Cu(NH3)4]2+
                                                 blauviolett

Der Farbwechsel ist so auffällig, dass man so auch Spuren von Kupfer(II)-Ionen nachweisen kann.

Bild 2: Lösung mit dem Tetraamminkupfer(II)-Komplex
(Foto: Sandra)


Nickel(II)-Ionen bilden mit Dimethylglyoxim (auch Diacetyldioxim genannt, kurz H2dmg) einen himbeerroten, schwerlöslichen Chelatkomplex (-> Versuch):

Ni2+ + 2 H2dmg [Ni(Hdmg)2] + 2 H+

Dieser Komplex ist ungeladen und deshalb schwerlöslich. Er wird abfiltriert und kann nach Trocknung zur quantitativen Ni-Bestimmung gewogen werden.

Bild 3: Nickelnachweis mit H2dmg
(Foto: Sandra)


Auch die oben beschriebene Bildung des roten Hexathiocyanatoferrat(III)-Komplexes ist ein häufig benutzter charakteristischer Eisen(III)-Nachweis.


Quantitative Bestimmung von Metall-Ionen
Will man Metall-Ionen mittels Komplexbildungsreaktionen quantitativ bestimmen, so gibt es zwei Möglichkeiten.
1 Zum einen lassen sich viele Metall-Ionen in schwerlösliche Komplexe überführen, so dass sich ihre Menge durch Auswägen des Niederschlags bestimmen lässt (Gravimetrie). Dabei eignen sich am Besten organische Chelatbildner, da sie oft eine höhere Selektivität besitzen als anorganische Fällungsmittel. Außerdem ist der Gehalt des zu bestimmenden Ions im gefällten Komplex relativ gering und deshalb günstiger für die Umrechnung.
Ein bekanntes Beispiel ist die oben schon erwähnte Reaktion zur Bestimmung von Nickel(II)-Ionen.
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Eine sehr bedeutsame Rolle in der quantitativen Analyse spielt die komplexometrische Titration (Komplexometrie). Hierbei wird die Kationen-Konzentration einer Salzlösung bestimmt, indem sie mit einem geeigneten Komplexbildner titriert wird. Am Besten eignen sich dazu Chelatliganden, da diese bestimmte Bedingungen (wie ausreichende Geschwindigkeit, vollständig ablaufende Reaktion und sprunghafte Änderung der Ionenkonzentration am Äquivalenzpunkt) erfüllen.
Der in der Praxis am häufigsten angewandte Komplexbildner ist die Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA).
Sie bildet mit zahlreichen Metall-Kationen wasserlösliche, sechszähnige Chelatkomplexe. Wegen ihrer eigenen geringen Löslichkeit wird anstatt der Säure das gut lösliche Natriumsalz Na2H2edta bei der Titration verwendet. Die edta-Komplexe sind im Allgemeinen farblos. Um den Äquivalenzpunkt zu erkennen, benötigt man deshalb bei der Titration so genannte Metallindikatoren. Dies sind ebenfalls Komplexbildner, die mit dem zu titrierenden Metall-Ion Chelate bilden. Ihre Komplexe sind weniger stabil als die edta-Komplexe, und sie weisen als freier Indikator eine andere Farbe auf als der entsprechende Komplex. Ein häufig verwendeter Indikator ist z. B. das Eriochromschwarz T, das mit Magnesium-Ionen einen roten Chelatkomplex bildet und als freies Indikator-Anion grün ist.
Diese Titration benutzt man vor allem bei der komplexometrischen Härtebestimmung von Wasser. In dieser Webseite wird ausführlich auf die chemischen Hintergründe der Komplexometrie unter Verwendung von Eriochromschwarz eingegangen.


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Letzte Überarbeitung: 06. März 2006, Dagmar Wiechoczek