Für Spezialisten:
Zur Metallischen Bindung
Warum gibt es keine Elektronenpaarbindungen oder Ionenbindungen
bei den Metallen? Im Kristall hat jedes Metallatom 12 (kubisch bzw.
hex. dichteste Packung) bzw. 8 nächste plus 6 etwas weiter entfernte
Nachbarn (kubisch raumzentriert). Damit fehlen für die Ausbildung von
üblichen chemischen Bindungen zu den Nachbarn Valenz-Elektronen
(im Fall einer Ionenbildung) und Orbitale (im Fall einer
Elektronenpaarbindung). Nähern sich Metallatome, so bilden sich im
Festkörper kontinuierliche Energiebänder aus, die sich über das ganze
Metall erstrecken.
Die Elektronen sind über das ganze Metall vollständig delokalisiert.
Das heißt aber nicht, dass die Metallatomrümpfe Ionen sind. Die
metallische Bindung beruht nicht auf Ionenbildung im Kristallgitter. Um
das zu verstehen, vergleichen wir sie mit einem beliebigen Molekül mit
Elektronenpaarbindung.
In diesem werden von den beteiligten Atomen Elektronen in ein
neues Orbital, das Molekülorbital, abgegeben. Das bedeutet aber
nicht, dass Ionen zurückbleiben! Denn die Elektronen bleiben ja in
Atomnähe. Bei großen Molekülen kann es zur weiträumigen
Delokalisierung der Elektronen kommen, etwa beim Graphit. Auch hier
gibt es keine Kohlenstoff-Ionen.
Beim Metallgitter ist das genauso. Hier heißen die Molekülorbitale
allerdings anders, nämlich Leitungsbänder. In diesen sind die
Elektronen genauso quantenmechanischen Regeln unterworfen wie
die in Atom- oder in Molekülorbitalen.
Dass das Bild der Ionenbildung in Metallen nicht richtig ist, erkennt
man schon daran, dass die Zahl der im Leitungsband befindlichen
Elektronen nicht der Wertigkeit eines Metalls entspricht, sondern
zwischen 1 und 1,3 pro Atom liegt.
Auch sollte man vermeiden zu sagen, dass das Metallgitter aus positiv
geladenen Atomrümpfen und dem Elektronengas besteht. Nur das Wort
Atomrümpfe allein ist richtig. Erst wenn chemisch (z. B. durch Entladung
von H3O+ bei Reaktionen mit Säuren) Elektronen aus dem
Elektronengas entnommen werden, bleiben oberflächlich Metall-Ionen
zurück, die sich abstoßen und dann unter Hydratisierung in die
Lösung abwandern.
Das Bild des ionischen Aufbaus der Metalle sollte also vermieden
werden. Hier wird wieder impliziert, dass im Metall Ionen
zurückbleiben, wenn ein elektrischer Strom fließt. Es bewirkt bei
Kindern ein falsches Bild, denn Ionen werden mit Abstoßung und
Wanderung verbunden. Schüler fragen deshalb oft, warum beim
Fließen der Elektronen im Metallgitter die zurückbleibenden Metall-Ionen nicht
auseinanderfliegen. Das ist wirklich passiert!
Es muss klar werden, dass das Metallstück beim Anlegen einer
elektrischen Spannung nur Wanderweg ist, dass also die Atomrümpfe
ständig von Elektronengas umgeben sind. Man muss beim Besprechen
der elektrischen Leitung in Metallen unbedingt den Stromkreis mit
Elektronenquelle (Minuspol) und Elektronensenke (Pluspol) vollständig
zeigen.
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