Oxalsäure - Die „doppelt gemoppelte“ Säure

(Von Heiner Schönemann*)

Die Fachsprache der Chemiker aller Nationen besteht fast ausschließlich aus Wörtern, die einen griechischen oder lateinischen Ursprung haben. Wenn man sich die ursprüngliche Bedeutung einzelner Wörter genau ansieht, erkennt man einige Merkwürdigkeiten. Am Beispiel des Namens Oxalsäure kann man das gut zeigen:

Das griechische Wort oxys bedeutet sauer; davon leitet sich das Wort oxos für Essig ab. Im Lateinischen werden daraus acidus bzw. acetum, im Französischen acide bzw. acétique, im Englischen acid bzw. acetic, im Deutschen Essig. Griechen und Römer benutzten für die Eigenschaften „sauer“ und für die Substanz „Essig“ praktisch jeweils die gleichen Wörter; denn sie kannten tatsächlich nur eine Säure, nämlich den Essig.

Strukturformel von Essigsäure

Als dann um 1780 aus dem Sauerklee (Oxalis acetosella, beide Wörter sagen das Gleiche) eine Säure hergestellt wurde, nannte man sie zuerst Sauerkleesäure, dann Oxalsäure („saure Säure“); das ist „doppelt gemoppelt“.

Strukturformel von Oxalsäure

Später stellte man die Dicarbonsäure Oxalessigsäure und aus dieser dann den Oxalessigsäurediethylester her. Dieser Name ist besonders merkwürdig.

 

Strukturformeln von Oxalessigsäure und von Oxalessigsäurediethylester

Der Begriff Ester wurde nämlich aus Essigäther entwickelt. Früher nannte man alle niedrig siedenden Flüssigkeiten Äther (griech: Himmelsluft, flüchtig; heute beschreibt man mit Ether eine ganz bestimmte organisch-chemische Stoffklasse). Da auch das „-ethyl-„ mit Äther zusammenhängt, enthält der Name Oxalessigsäureethylester letztlich viermal den Begriff sauer und dazu noch zweimal den Begriff flüchtig.



Quelle:
R. Blume, W. Kunze, H. Obst, E. Rossa, H. Schönemann, R. Meloefski: Chemie für Gymnasien, Auswahlthemen Organische Chemie 3: Organische Säuren/Kohlenhydrate; Cornelsen Verlag, Berlin 1995, 80 S., ISBN 3-464-03408-9.

Adresse des Autors:
StD. Dipl.-Chem. Dr. Heinrich Schönemann, Haarbeckstr. 26, 47506 Neukirchen-Vluyn.
Schuladresse: Gymnasium Adolfinum, Wilhelm-Schroeder-Str. 4, 47441 Moers.


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Letzte Überarbeitung: 26. Juni 2007, Dagmar Wiechoczek