Phenol im Kampf gegen tödlichen Schmutz


Noch vor etwa 150 Jahren war es nicht ungefährlich, in ein Krankenhaus zu gehen und sich einer Operation zu unterziehen. Die Operation war dabei gar nicht einmal die Hauptquelle der tödlichen Gefahr. Es war vielmehr mangelnde Sauberkeit vor und nach der Operation.

Man wusste nämlich noch nicht, dass Infektionen durch Bakterien ausgelöst werden, und beachtete deshalb keine der für uns heute so selbstverständlichen Regeln der Hygiene. Die Folgen waren damals erschreckend: Fast jeder zweite Patient starb nach einer Operation an Wundinfektion.

Diese hohe Todesrate machte auch dem englischen Chirurgen Joseph Lister (1827 - 1912) sehr nachdenklich. Er arbeitete damals am Krankenhaus von Glasgow.

Im Jahr 1865 hörte er von der Entdeckung des französischen Chemikers Louis Pasteur. Dieser hatte herausgefunden, dass Infektionen durch winzige Lebewesen, Bakterien, verursacht werden. Daraufhin versuchte Lister mit allen Mitteln zu verhindern, dass solche Bakterien in die Wunden der frisch Operierten gelangten.

Lister erinnerte sich gehört zu haben, dass Phenol zur Reinigung von Abwässern verwendet wurde. So beschloss er Lösungen von Phenol in Wasser zur Bekämpfung von Bakterien einzusetzen: Er wusch die Wunden mit Phenollösung (Carbolsäure) aus und tränkte auch die Verbandsstoffe damit. Lister ließ sogar während der Operationen Phenollösung versprühen, um die seiner Meinung nach besonders gefährlichen Bakterien in der Luft abzutöten.

Der Erfolg stellte sich schnell ein: Die so behandelten Wunden heilten ohne zu eitern. Bald lag die Zahl der Wundinfektionen bei ihm weit unter denen in anderen Krankenhäusern. Deshalb setzte sich nach und nach die Anwendung von Phenollösung zur Desinfektion allgemein durch.

Heute hat Phenol seine Bedeutung als Desinfektionsmittel weitgehend verloren. Aber das so genannte antiseptische Verfahren, das Keimfreimachen durch Chemikalien, ist erhalten geblieben und weiterentwickelt worden. Weit wirksamere Mittel haben das Phenol abgelöst.

Quelle: R. Blume, W. Kunze, H. Obst, E. Rossa, H. Schönemann: Chemie für Gymnasien 2, Sachsen-Anhalt, Cornelsen, Berlin 2001


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Letzte Überarbeitung: 27. Januar 2005, Dagmar Wiechoczek