Die Alterung des Feuersteins

Experimente
Versuch: Untersuchung der Reifungsschale von Feuerstein


Kristallisation
Kristallisation beobachtet man, wenn der Feuerstein in der Kreide ungestört altern kann. So findet man in Feuersteinknollen nicht selten schöne Bergkristalldrusen, deren Hohlraumform an verzweigte Kieselschwämme erinnert. Der Quarz bildet sich durch Entwässerung und fortschreitende Vernetzung. Wichtig hierzu sind Alkalimetall-Ionen, welche als selektive Mineralisationskatalysatoren die ansonsten sehr hohe Aktivierungsenergie der Umkristallisation herabsetzen.


Patinierung
Wenn zerschlagener Feuerstein (also auch das prächtige, steinzeitliche Flintwerkzeug) in feuchter Erde liegt, tritt eine Veränderung der äußeren, ca. 1 mm dicken Schicht ein. Diese "Patina" stellt eine rissfreie, harte Oberfläche mit Porzellanglanz dar. Sie ist ein wichtiges Echtheitskriterium von alten Feuersteinwerkzeugen und darf nicht mit der Wachstumsrinde verwechselt werden. Ein schönes Beispiel zeigt Bild 1.

Bild 1: Feuersteinwerkzeuge mit verschiedenen Patinierungen
Oben: Klinge auf tonigem Ackerboden
Links: Klinge auf Kreideboden
Rechts: wenig patiniertes Stück (Stichel)
(Foto: Blume)


Die Patinierung (Bild 2) setzt feuchte Luft und feuchten Boden voraus. Die Feuchtigkeit lässt die Oberfläche durch Wassereinlagerung quellen und macht so das molekulare Gefüge dem Angriff äußerer chemischer Einflüsse zugänglich. Im Folgenden sind einige denkbare Mechanismen der Patinabildung zusammengefasst.

A. Zunächst erfolgt eine Aufhellung des Feuersteins durch Bleichung, d. h. durch oxidative Zerstörung der von der Kieselsäure im Verlauf der Gelbildung adsorbierten organischen Substanzen und anschließende Herauslösung der Oxidationsprodukte. Die Färbung der an sich hellen Patina in gelbe, braune oder rötliche Töne ist - wenn die Oxidation der primären Farbstoffe abgeschlossen ist - häufig auf sekundäre Einfärbungen zurückzuführen. Diese Färbung kann stark von der Originalfarbe des Feuersteins abweichen. Nicht selten erkennt man dann an Bruchflächen den weißen Grund der Patinaschicht und an der Oberfläche die Einfärbung. Die Färbung selbst hängt von der Genese der Patina sowie von der Bildungsumgebung ab. In sterilem Sand und an der Oberfläche von basischen Kalksteinböden wird die Patina weiß bzw. hell. Dagegen wird die poröse Patina in eisenhaltigen sowie auf Moor-Böden durch Einlagerungen von Eisenhydroxid sowie Humusstoffen gelb bis braun eingefärbt.

Bild 2: Dieser Feuerstein zeigt links unten die weiße Patina.
In der Mitte man erkennt seine schwarze Originalfarbe sowie links oben die weiße Wachstumsrinde
(Foto: Blume)

B. Es können sich Wassermoleküle in die quarzartige Struktur einlagern. Das glasige Kieselsäuregel kehrt zur weißen Form zurück. Das Aufbrechen der Struktur wird durch im Boden enthaltene Säuren oder Basen gefördert. Zusätzlich lagern sich Kationen ein (lonenaustauschereigenschaften von Kieselsäuregel).

C. Frisch gebrochener Feuerstein ist scharf wie Glas, dabei aber härter. Patinierte Stücke sind häufig geglättet und enthalten nicht mehr die rasiermesserscharfen Kanten des frisch gebrochenen Feuersteins. Die Glättung erfolgt - neben reinen Lösungsprozessen durch das Sickerwasser - durch Windschliff, Abrollen im Meer, durch Transportprozesse im Inlandeis sowie durch Bewegung des Bodengefüges durch Gefrieren und Wiederauftauen.

D. Viele echte Stücke zeigen Gebrauchsspuren. Wurde ein Feuerstein z. B. als Sichel genutzt, hat die Kieselsäure des Grases oder des Getreides die Schneide blank poliert.

E. Um Patinierungen vorzutäuschen, benutzen Fälscher Substanzen, die frisch gebrochene silicat- oder kieselsäurehaltige Oberflächen anzuätzen und zu trüben vermögen. Diese aus der Milchglasproduktion her bekannten Stoffe sind z. B. Flusssäure sowie alkalische Schmelzen, in denen der Feuerstein vorsichtig und längerfristig erhitzt wird. Mit Hilfe von Sandstrahlgebläsen wird die natürliche Politur nachzuahmen versucht. Damit werden frisch hergestellte Feuersteinwerkzeuge auf "alt" getrimmt. Ein Beispiel für eine Fälschung zeigt Bild 3. Es handelt sich hier um einen nachgemachten Faustkeil aus der Neandertaler-Kultur.

Bild 3: Gefälschter Faustkeil (Foto: Blume)


Brennen
Die Zerstörung der Strukturen des Feuersteins unter Bildung einer weißen Masse, die sich schon wegen der wesentlich stärkeren Dicke und wegen der Rissigkeit von der Patina unterscheidet, ist am schnellsten durch Erhitzen des Steines zu erreichen. Dabei wird der Stein vollständig entwässert. Geht man unvorsichtig vor, so zerspringt der Stein wegen des plötzlich freiwerdenden Wasserdampfes und der großen Spannungen (siehe Experimente, V 2 F). Bei vorsichtigem Erhitzen bleibt der Stein erhalten; feinste Sprungrisse sowie Gasblasen in den Kapillaren trüben den Flint und färben ihn irreversibel weiß.
Dieses Brennen wird auch heute als Grundlage der industriellen Nutzung von Feuerstein, z. B. bei der Keramikherstellung, praktiziert. Im Unterricht benötigt man hierzu die hohe Temperatur eines Muffelofens. Diesen gibt es vielleicht im Kunstraum oder in der Töpferwerkstatt der Schule.


Hinweis zu weiteren Informationen
Über die Eigenschaften des Feuersteins, seine Bildung, die damit verbundenen chemischen Prozesse auf molekularer Ebene, seine Zusammensetzung, die Schälbarkeit sowie über seine alte und seine moderne technische Verwendung können Sie sich auf weiteren Webseiten informieren. Außerdem besprechen wir, wie man mit Flint Feuer machen kann. Gehen Sie dazu in das Inhaltsverzeichnis der Webseitengruppe "Pyrit und Feuerstein/Flint/Silex".


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Letzte Überarbeitung: 23. Januar 2012, Dagmar Wiechoczek