Von Traubenmost und Oechslegraden

“Wir müssen in der Schule einige Fragen in Chemie mit Hilfe des Internets für unsere Prüfung beantworten. Wir haben alle Antworten gefunden, bis auf eine, bei der wir dachten, dass Sie uns vielleicht helfen könnten!?
"Zuckergehalt und Alkoholausbeute nach Öchsle"
Leider hat uns unser Lehrer nur diese Stichwörter gegeben. Vielleicht können Sie mehr damit anfangen als wir.
Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns weiterhelfen könnten!!!“


Vor dem Wein steht der Traubenmost. Von dessen Qualität hängt auch die des Weins ab.

Die folgende Tabelle zeigt die ungefähre durchschnittliche Zusammensetzung von Most.

  (Angaben in g/L)
Wasser 780-850
Zucker 120-250 (Glucose und Fructose)
Säuren 6-14 (Äpfelsäure, Weinsäure, Bernsteinsäure)
N-Verbindungen 0,5-1
Mineralstoffe 2,5-3,5

Maßgebend für die Qualität des Traubenmosts ist das Mostgewicht M. Angegeben wird es bei uns in Deutschland in Grad Oechsle (°Oe). Das Mostgewicht ermittelt man über die Mostdichte D (g/mL).

(1)       Mostgewicht (°Oe) = (D (g/mL) - 1) · 1000

Der Gleichung entnimmt man, dass es sich bei den Oechslegraden um eine Abkürzung des Werts der Dichte des Mosts handelt. Beträgt die Mostdichte zum Beispiel 1,080, so ist das Mostgewicht 80 °Oe. Man kann mit Gleichung (1) auch sagen, dass die Oechsleangabe das Tausendfache der Differenz der Dichten von Traubenmost und von reinem Wasser ist.

Zur Dichtemessung hat man spezielle Aräometer (Senkwaagen, Senkspindeln) konstruiert, die Mostwaagen. Aufgrund ihrer Skalierung erlauben sie im Allgemeinen direkt die Ablesung von Mostgewicht sowie von Zucker- und Alkoholgehalt - wie wir gleich sehen werden.

Aräometer (Senkwaagen) (Bild: Cornelsen)


Benannt wurden Oechslewaage und -grade übrigens nach ihrem Erfinder, dem Pforzheimer Apotheker Christian Ferdinand Oechsle, der um 1800 lebte.

Gute Traubenmoste haben übrigens Mostgewichte von 75-100 °Oe. Auslese-Moste besitzen 120-180 °Oe und Trockenbeerenauslesen bis zu 250 °Oe.


Die Einführung der Oechslegrade bietet immense Vorteile
Anhand der Tabelle wird deutlich, dass die Dichte des Mostes vor allem vom Zucker abhängt. Deshalb kann man mit Hilfe des Mostgewichts den Zuckergehalt nach folgender Gleichung abschätzen:

(2)       Zuckergehalt (%) = 1/4 M (°Oe) - 3

Ein Most mit der Dichte 1,100 g/mL (M = 100 °Oe) enthält demnach 22 % Zucker. Das ist gleichbedeutend mit 22 g Zucker in 100 mL Most.

Für den zu erwartenden Alkoholgehalt gilt die besonders einfache Beziehung

(3)       Alkoholgehalt (g/L Wein) = M (°Oe)

Die Beziehung (3) hat ihren Ursprung darin, dass die Masse des Alkohols etwa die Hälfte der Masse des vergorenen Zuckers beträgt. Das ergibt sich aus der Stöchiometrie der Gärungsreaktion:


Ein Most mit 100 °Oe ergibt also einen Wein, der im Liter 100 g Alkohol enthält. Um die Volumenprozente auszurechnen, müssen wir die Dichte des Alkohols (0,790 g/mL) berücksichtigen:

(5)       100 g / 0,790 g/mL = 127 mL Ethanol

100 g Ethanol entsprechen also 127 mL. Bezogen auf 1 L Wein (ohne Volumeneffekte bei der Mischung zu berücksichtigen):

(6)       127 mL / 1000 mL · 100 % = 12,7 %(Vol)

All diese Ergebnisse sind natürlich aufgrund der verschiedenen Annahmen nicht sonderlich genau, sondern sind Schätzwerte, mit denen der Winzer die Qualität seines Weins sowie den Zeitpunkt der Weinlese bestimmen kann. Wichtig ist auch noch, dass die Werte temperaturabhängig sind. Man bezieht sie im Allgemeinen auf 20 °C.


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Letzte Überarbeitung: 12. Mai 2009, Dagmar Wiechoczek