Die Fotolyse von Wasser schützte die Ursuppe und frühe Lebensformen

Die Absorption von UV-Strahlung durch Wasser beginnt nennenswert erst bei Wellenlängen unterhalb von 240 nm. Längerwellige Strahlung, die Biomoleküle treffen kann, wird von Wasser dagegen fast gar nicht absorbiert. Die wird aber durch den stratosphärischen Ozongürtel herausgefiltert. Sauerstoff und Ozon sind bekanntlich hervorragende UV-Filter. Aus diesem Grunde sollte (zumindest bei intaktem Ozongürtel) das Leben im Wasser vor Strahlung geschützt sein.

Wie aber war es zu Urzeiten? Es gab noch keine fotosynthetisierenden Bakterien bzw. Pflanzen und deshalb auch keinen Sauerstoff, aus dem sich durch UV-Strahlung Ozon bilden konnte. Die harte, hochenergetische UV-Strahlung konnte deshalb ungehindert auf die Erdoberfläche treffen. An Land gab es sicherlich noch keine Biomoleküle. Wir nehmen an, dass sich aber in den Meeren damals chemische Vorstufen unserer heutigen Lebensformen keimten. Diese Mischung nennt man etwas respektlos Ursuppe. Dabei handelte es sich um bestrahlungsempfindliche organisch-chemische Verbindungen. Wie wurde diese vor der UV-Strahlung geschützt?
Es ist erstaunlich: Die Erde hat sich einen eigenen UV-Filter auf physikalisch-chemischem Wege geschaffen. Dabei spielte das Wasser mal wieder die Hauptrolle. Und das ging so:
Bei Einwirkung von UV-Strahlung mit Wellenlängen unter 240 nm zersetzen sich Wassermoleküle unter Bildung von Sauerstoffatomen und Radikalen.

H2O ———> OH·, H· und O

Die H-Radikale bilden Wasserstoff, der in den Weltraum entweicht. Die O-Atome bilden Moleküle, die schwerer sind und deshalb in der Uratmosphäre bleiben. Die OH-Radikale können sich zu Wasserstoffperoxid H2O2 zusammenlagern und ebenfalls Sauerstoff bilden.

2 H2O2 ———> 2 H2O + O2

Die O2-Moleküle bauen mit O-Atomen Ozon auf.

O2 + O ———> O3

Ozon ist ein wirksamer UV-Filter. Damit gelangt weniger Strahlung auf die Wasseroberfläche, die Fotolyse des Wassers inhibiert sich selbst. Das hat zur Folge, dass weniger Sauerstoff freigesetzt wurde, die Fotolyse setzte wieder ein. Schließlich kam es zu einem Gleichgewichtszustand mit einer Anreicherung der Atmosphäre bis zu vermutlich 0,02 % Sauerstoffgehalt. (Dieser selbstregulatorische Effekt wird nach seinem Entdecker, dem Nobelpreisträger von 1934, H. C. Urey, Urey-Effekt genannt.)

Diese dünne Ozon/Sauerstoffzone konnte die organisch-chemische Ursuppe schützen. Das betrifft vor allem UV-Strahlung mit Wellenlängen um 254 nm, dem Maximum der DNA-Absorption. Die Folge: Die Lebensformen konnten sich unter dem Schutzschirm des Sauerstoff/Ozon-Gürtels im Wasser entwickeln. Das zeigt das folgende Bild sehr schön.

Vergleich der UV-Absorption von Ozon und DNA

Wie das Bild erkennen lässt, ist der Schutz nicht total; somit blieb eine Eigenschaft von Lebewesen, nämlich die Mutierfähigkeit, erhalten.

Mittlerweile erweist sich die immer intensivere Sonnenstrahlung, die aufgrund der zunehmenden Ozonausdünnung auf die Oberfläche der Meere auftrifft, als problematisch. Sie ist mittlerweile so stark geworden und so schädigend, dass sich die Algen in größere Wassertiefen zurückziehen müssen. Denn nur unter ganz dicken Schichten von Wasser sind die Organismen geschützt. Dadurch sinken aber auch deren Fotosyntheserate und die Fixierung des treibhausaktiven CO2. Alles gehört zum Szenario der autozyklischen, wechselseitigen Verstärkung von Ozonloch und Treibhauseffekt.


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Letzte Überarbeitung: 14. März 2001, Dagmar Wiechoczek