Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 265
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F: Ich habe Freude an Pyritkristallen doch nun habe ich einen grossen Knopf der mich nicht loslässt. Gestatten Sie bitte, dass ich Ihnen folgende 2 Fragen stelle:

Aus dem seinerzeitigen Kristallographieunterricht bei Prof Laves weiss ich noch, dass es keine 5 zähligen Drehachsen in der Welt der Kristalle gibt. Aus kristallographischen Gründen dürfen die also im Pyrit-Pentagondodekaeder nicht vorkommen, d.h. die Pyrit-pentagondodekaederflächen dürfen keine Fünfecke mit gleichlangen Seiten sein. Wäre das der Fall, gäbe es ja 5 5-zählige Drehachsen. Somit sind im Pyrit- Pentagon nur 4 Seiten gleich. Damit ist die Welt der Kristallographie in Ordnung. Stimmt das so?

Nun die 2. viel schwierigere Frage. Warum können überhaupt 5 eckige Flächen im Pyrit-Pentagondodekaeder ausgebildet werden? Eine lückenlose Bedeckung der Fläche mit gleich grossen regelmässigen oder unregelmässigen Fünfecken ist doch gar nicht möglich? Eine Kristallfläche verläuft parallel zu den entsprechenden Netzebenen und eine auf 5 Ecken aufgebaute Netzebene gibt es nicht. Wo ist hier mein Denkfehler?


A: Ohne Zweifel: Es gibt sie, die Pyritkristalle, die aus Fünfecken zusammengesetzt sind. Außerdem gehen wir in unserer Webseitengruppe zur Kristallchemie auf Ihr spezielles Problem ein. Hier also in Kürze:

Bei dem Pentagondodekaeder handelt es sich um einen räumlichen, also dreidimensionalen Körper, der (wie der griechische Name sagt) aus zwölf Fünfecken zusammengesetzt ist. Der Körper weist die Symmetrie eines Würfels auf. Sein Kristallsystem ist also kubisch.

Sie verwechseln das Ganze mit der Äußerung, dass man keine zweidimensionale, also ebene Fläche aus Fünfecken zusammensetzen kann! Hierzu haben wir eine Webseite: Gibt es Kristalle mit fünfzähligen Achsen?.

Um zu verstehen, wieso das Wachstum eines kubischen Kristalls statt zu einem Würfel oder zu einem Oktaeder (und so weiter) zu einem Pentagondodekaeder führt, müssen Sie Spezialliteratur zur Kristallographie des kubischen Systems oder des Pyrits zu Rate ziehen. Hierzu sollten Sie sich aber gut in den Millerschen Indices auskennen. Soviel sei gesagt: Pyrit-Würfelflächen wachsen nach {100} und Pentagonflächen nach {210} bzw. {120}. Das zu erklären geht allerdings weit über das Anliegen unserer Webseitensammlung hinaus…

Zur Bedeutung der Fünfeckflächen bei Kristallformen sollten Sie sich auch Gedanken über die Fullerene machen und über die „Kristallographie“ des Fußballs.


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F: Ausgangspunkt meiner Frage: Metalle und Graphit sind Elektronenleiter. Die Redoxpotentiale der Metalle sind bekannt und leicht zu finden.
Hinsichtlich Graphit, was ebenfalls eine Menge freier pi-Elektronen auf- bzw. abgeben kann, habe ich bislang kein Redoxpotential gefunden ...
Frage: Gibt es ein Redoxpotential für Graphit? Wenn ja, wie groß (gegenüber NHE) ist es? Wenn nein, wieso nicht?


A: Die von Ihnen angesprochenen Redoxpotentiale der Metalle und Nichtmetalle (tabelliert in der elektrochemischen Spannungsreihe) werden in wässrigen Lösungen gegen eine Normalwasserstoffelektrode (= NHE) gemessen. Graphit-Anionen gibt es zwar, aber die existieren nur in nichtwässrigen Medien. Deshalb enthalten z. B. die Lithium-Ionen-Batterien, bei denen Graphit2--Ionen eine zentrale Rolle spielen, als Elektrolytlösemittel statt Wasser organische Flüssigkeiten. Die elektrische Leitfähigkeit des Elektrolyten wird durch in diesen Lösemitteln lösliche Lithiumsalze aufrechterhalten.

Gleiches gilt übrigens für die Elektrolyse von Fullerenen.


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F: Unsere Chemielehrerin hat uns erlaubt, ausnahmsweise erst die Säure und dann das Wasser zu nehmen beim Verdünnen von Schwefelsäure... Sie meinte aber, wir sollen es damit nicht übertreiben... Aber es soll schon "irgendwie beeindruckend" sein vom Anstieg der Temperatur her... Bis zu welcher Menge / welchem Mengenverhältnis von H2O und H2SO4 wäre das denn zu verantworten? Wir wollen ja nicht, dass "das Ungeheure" geschieht...


A: Ihr könnt das mit einem Becherglas, das 1 cm hoch mit Schwefelsäure gefüllt ist, versuchen. Schutzbrillen aufsetzen! Zu der Säure gebt ihr aus einer langen Pipette tropfenweise Wasser. Ihr werdet es jedes Mal zischen hören, und es steigt ein Dampfwölkchen auf. Nicht mit einem Reagenzglas arbeiten! Ihr könnt ja auch die Temperaturen messen.

Bei größeren Wassermengen – also vergleichbar mit der Menge der vorgelegten Schwefelsäure – kann es passieren, dass euch alles entgegenfliegt. Das zu probieren ist also verboten!

Wir beschreiben das Ganze in einem Tipp des Monats.


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F: Ich habe ein Fahrrad mit einem Rahmen aus Aluminium. Mir fallen daran regelrechte Schweißnähte auf, die sogar recht dick sind. Nun frage ich mich, wie man Aluminium schweißen kann. Das Metall ist doch sehr unedel und würde doch sofort verbrennen. Und wie ist das mit dem Titan?


A: Sie denken wohl zunächst einmal an das autogene Schweißen mit einem Acetylenbrenner. Dann haben Sie Recht: Aluminium und Eisen sind unedel und werden – vor allem in der Schweißhitze – rasch oxidiert. Beim Eisen, das nicht so unedel ist, reicht es aus, dafür zu sorgen, dass die Brennerflamme reduzierend eingestellt wird, das heißt, dass man die Flamme unter Sauerstoffmangel betreibt. Dann bleibt kein Sauerstoff für die Oxidation des Eisens übrig, und die Schweißnaht hält. Es bilden sich dabei aber Spuren von Kohlenstoff, der dadurch in die Schweißnaht gerät. Der stört nicht – ist er doch sogar Bestandteil von Stahl.

Aluminium ist unedler. Deshalb wendet man diese Art des autogenen Schweißens mit einem Brenner nicht an. Außerdem bildet Aluminium mit Kohlenstoff des Acetylens Carbide, die das Metall eher brüchig machen. Man geht so vor, dass man mit einem elektrischen Lichtbogen (Gleichstrom) unter Schutzgasatmosphäre arbeitet. Es handelt sich um inerte Gase wie das Edelgas Argon und vor allem Helium. Man kann so auch an der Luft arbeiten, muss aber um die Schweißstelle für einen ausreichenden Inertgasstrom sorgen. Der ansonsten recht inerte Stickstoff ist nicht geeignet, da er ebenfalls mit dem Aluminium reagiert.

Problematisch ist beim Aluminium die stark haftende Oxidschicht. Diese muss vor dem Schweißen entweder mechanisch oder chemisch entfernt werden. Es gibt auch die Möglichkeit, mit speziellen Wechselstrom-Lichtbögen zu arbeiten, die zu einer Zersetzung der Oxidschicht führen.

Man muss wissen, dass die zu wählende Schweißtechnik auch noch von der Zusammensetzung der Aluminiumlegierungen abhängt.

Beim Titanschweißen geht es zu wie beim Aluminium. Denn beide Metalle ähneln sich stark – vor allem, was die leichte Oxidierbarkeit, Korrosionsempfindlichkeit und Carbidbildung angeht.


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F: Ich möchte in dieser Stunde die Zink-Luft- ,die Alkali-Mangan und die Silberoxid-Zink-Batterien in einem Gruppenpuzzle miteinander vergleichen. Dazu soll unter anderem die Zellspannung mit Hilfe der Nernst-Gleichung berechnet und schließlich Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgestellt werden.
In verschiedenen Quellen (u.a. Auslis Materialien-Handbuch Kursunterricht Chemie, Band 4) habe ich gelesen, dass man vereinfacht annehmen kann, dass bei Zink-Luft- und Alkali-Mangan-Batterie ein Hydroxozinkat-Komplex entsteht. Über die Komplexbildungskonstante lässt sich somit die für Nernst notwendige Zn2+-Ionen Konzentration berechnen. Jedoch bildet sich anscheinend bei der Silberoxid Zelle ZnO, obwohl auch hier Kalilauge als Elektrolyt vorliegt. Würde auch hier der Komplex entstehen, könnten die SuS dies Komplexbildung als eine wesentliche Gemeinsamkeit/ und Vorteil gegenüber dem Leclanche Element herausstellen.
Ich bin nun verunsichert, da ich nicht weiß, ob ich die Vereinfachung auch für die Silberoxid-Zelle annehmen kann.


A: Warum soll bei der Silberoxidzelle nicht auch Zinkat entstehen? Zinkoxid ist ausreichend amphoter.

Nun zum Eigentlichen: Die Berechnung der Zellspannungen ist bei komplexen galvanischen Elementen immer ein Problem. Denken Sie daran, dass die Standardpotentialtabellen für präzise einzuhaltende Bedingungen gemacht sind, z. B. für ein Metall in Lösung mit (unendlich verdünnt angenommenen!) einmolaren (genau: eins-aktiven!) Lösungen des korrespondierenden Metallsalzes, und das auch nur unter bestimmten Säure/Base-Umgebungen. Solche Werte dürfen Sie genau genommen gar nicht für Ihre Batterien verwenden.

Ich meine auch, dass man Zinkat-Ionen beim Redox-Geschehen nicht draußen vorlassen darf. Die Beschränkung auf die Zink-Ionen-Konzentrationen (berechnet aus den Komplexkonstanten) ist eine vorgetäuschte Genauigkeit – vor allem auch aus dem folgenden Grund: Nicht die Konzentrationen der Ionen, sondern die Aktivitäten sind die Rechnungsgrößen für die Nernstsche Gleichung. Je höher die Konzentrationen sind, desto geringer werden die Aktivitäten. Dieser Wert hängt auch noch stark von der allgemeinen Ionenkonzentration des ganzen Systems ab. Das Stichwort lautet „Ionenstärke“.

Meine Empfehlung: Belassen Sie´s bei Berechnungen von Spannungen klassischer, einfacher Elemente wie von Daniell (mit verschiedenen Metallen) oder von Volta. Bei denen sind die Reaktionen überschaubar und durch Schüler leicht herleitbar. Das Rechenergebnis können Sie dann sogar nachmessen lassen. Und überlegen Sie sich vorher schon gute Argumente, warum die Potentiale immer niedriger ausfallen als berechnet. Denn die Schüler werden sicherlich danach fragen!

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Letzte Überarbeitung: 19. Februar 2008, Dagmar Wiechoczek