Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 267
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F1: Moin Herr Prof. Dr. Blume!
Im Chemieunterricht wurde uns von unserer Lehrerin das Kalottenmodell vorgestellt. Wir verstehen nicht was es uns mit den "Erhübbelungen" sagen soll. Wir dachten Sie könnten uns darauf eine Antwort geben, da sie laut unserer Lehrerin ein Genie sind.
MfG (…)


A1: Moin, Danke erst einmal wegen des Genies… Aber was sind „Erhübbelungen“? Knubbel? Und wie alt seid Ihr? Nur, damit ich weiß, was Ihr für ein Vorwissen habt.


F2: Moin, ersteinmal danke das Sie unsere Frage beantwortet haben!
wir sind 16 und 17 und besuchen den 11. Jahrgang auf dem Gymnasium in Lütjenburg. Das Kalottenmodell ist grade eingeführt worden!
mfg (…)


A2: Jetzt weiß ich zwar immer noch nicht, was „Erhübbelungen“ sind. Aber was Kalotten und Kalottenmodelle sind, kann ich euch erklären.

Kalottenmodelle sind räumliche Molekülmodelle mit maßstabsgerechten Atomgrößen, Kernabständen und Bindungswinkeln. Die Kugeln repräsentieren gebundene Atome mit ihren Elektronenhüllen. Farbe und Größe geben Aufschluss über das vorliegende Element. Hier ist z. B. das Kalottenmodell der einfachsten Aminosäure Glycin.

(Foto: Blume)

Zum Aufbau der Kalottenmodelle muss man wissen, dass in den chemischen Verbindungen die Atome nicht so einfach wie sich berührende unverformte Kugeln nebeneinander liegen. Zwischen ihnen gibt es Bereiche, in denen sich die Teile der Elektronenhüllen der Atome (Atomorbitale) zu gemeinsamen Molekülorbitalen überlappen. Das heißt, dass die Atomkerne näher zusammenrücken. Zum Bau der Modelle hat man deshalb diese Bindungsbereiche von den runden Atomkugeln einfach abgeschnitten. Wenn man die Kugelreste zusammensteckt, sind nur die Kugelkappen zu sehen. Man spricht von Wirkungsradien der betreffenden Atome in der Verbindung.

Diese Restkugeln oder Kugelkappen nennt man „Kalotten“. Die Bezeichnung stammt letztlich aus dem Lateinischen calva, Kopf und dem Französischen calotte, das Mönchsmützchen.

Die Form der Kalotten gibt u. a. auch Aufschluss über die Bindungsart. So unterscheiden sich die Atomwirkungsradien je nach Bindungsgrad (Einfach-, Doppel- und Dreifachbindungen z. B. beim Kohlenstoff oder Stickstoff). Hier seht ihr z. B. die Reihe vom Ethan zur Essigsäure.

(Foto: Blume)

Manche Kalotten werden von vornherein zu Gruppen zusammengefasst, so z. B. OH, CH oder CN oder der Benzolring. Hier ist das Modell des Phenols:

(Foto: Blume)

Der Kalotten-Maßstab ist im allgemeinen 1 cm (bei manchen Modellen auch 1,5 cm) = 100 pm. Zur Erinnerung: 1 pm (Picometer) entspricht 10-12 m. 100 pm oder 0,1 nm (Nanometer) sind 1 Å (= 10-8 cm). Das ist in etwa der Radius eines Wasserstoffatoms. Der beträgt 1,4 Å.


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F: Bei Farbstofflösungen findet man mit dem Spektralfotometer eine oder mehrere breite Absorptionbanden im Gegensatz z. B. zur Na-Flamme, die eine scharfe Linie im Spektroskop erkennen lässt. Warum?


A: Wichtig: Wir lassen ein breites UV- bzw. VIS-Spektrum auf die Probe einwirken.

Eine Natriumflamme weist ein Linienspektrum auf. Dabei handelt es sich um Spektren einfacher, kleinerer Atome (Atomspektren). Bei denen gibt es wohldefinierte Elektronenübergänge, die jeweils eine Absorptions- bzw. Emissionslinie zur Folge haben. Denken Sie an das Bohrsche Atommodell.
(Diese Übergänge können sich bei schweren Atomen durchaus beeinflussen, dann gibt es zu den Linien auch Banden.)

Bei den Molekülspektren im UV- und im sichtbaren Bereich gibt es zunächst wie bei den Atomen einen oder nur wenige Elektronenübergänge. Der Unterschied zu den Atomspektren ist folgender: Das Molekül schwingt und rotiert bereits. Die dazu notwendige Energie wird dem Elektron zusätzlich zugeführt. Dadurch gibt es Absorption in einem kurzwelligeren (d. h. energiereicheren) Bereich, als es dem Elektronenübergang entspricht. Andererseits verstärkt sich das Schwingungs- und Rotationsverhalten im Molekül, das führt zu einem Energieverlust des Elektrons. Also absorbiert das Molekül auch im langwelligeren (d. h. energieärmeren) Bereich. Folglich gibt es eine Bande von nahezu unendlich vielen Übergängen.

Strahlen wir nur Infrarot ein, so erhalten wir nur Schwingungs- und Rotationsbanden. Bei der Mikrowellenstrahlung finden wir nur Rotationsübergänge.


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F: Zufällig bin ich bei meinen Recherchen für Ammoniumacetat über Ihre gelungene Homepage gestoßen. Beim durchlesen ist mir eine Anwendung für Ammoniumacetat aufgefallen, die mir bisher nicht bekannt war: Als Futter für Mikroorganismen.
Mir stellt sich nun die Frage, ob es sich dabei um eine verbreitete Anwendung handelt oder eher die Ausnahme darstellt. In welchen Bereichen wird dies eingesetzt? (Nur Gärungsindustrie?) Können Sie abschätzen, wie groß die verwendeten Mengen sind? Es wäre sehr nett, wenn Sie mir kurz ein paar weitere Informationen dahingehend zukommen lassen könnten. Vielen Dank.


A: Eine Literaturstelle hierzu kann ich Ihnen auf die Schnelle nicht geben. Ich habe das so als Grundwissen im Kopf…
Diverse Acetate spielen bei der bakteriellen Denitrifizierung von Trinkwasser oder von Abwässern eine wichtige Rolle.
Der Begriff „Futter“ ist trotzdem vielleicht etwas locker formuliert. Das Salz wird natürlich auch als Puffersubstanz eingesetzt.
Aber geben Sie doch einmal bei Google simultan folgende Stichworte ein: Ammoniumacetat Mikrobiologie. Da werden Sie mehr als fündig.


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F: Ich muss ich den Vitamin C-Gehalt von verschiedenem Obst und Gemüse ermitteln. Bei der Titration verwende ich als Maßlösung eine DCPIP-Lösung und zu dem zu untersuchenden Stoff gebe ich immer noch etwas Phosphorsäure, um die Ascorbinsäure einigermaßen stabil zu haltten. Hat bisher alles ganz gut geklappt, nur als ich Kartoffeln untersuchte, konnte ich im gekochten Zustand mehr Vitamin C nachweisen als im rohen, dabei müsste die Ascorbinsäure doch beim Kochen eher zerfallen, oder? Vielleicht haben Sie ja eine Erklärung dafür.


A: Mal davon abgesehen, dass die Bestimmungsmethode mit DCPIP nicht besonders gut ist (ich rate in den Webseiten zur Ascorbinsäurebestimmung mit Tillmanns Reagenz davon ab): Ich kann mir mangels genauer Beschreibungen Ihrer Primärtitration und des Kochvorgangs nur zusammenreimen, was Sie gemacht haben. Versuche ich es mal mit einer Ferndiagnose: Sie haben durch das Kochen die Zellen bzw. Vakuolen der Kartoffel aufgebrochen und interzelluläre Ascorbinsäure freigelegt.

Zum Nachdenken empfehle ich ein analoges Experiment: Führen Sie die Iod/Stärke-Reaktion zum Nachweis der Kartoffelstärke jeweils mit einer frischen und mit einer gekochten Kartoffel durch.

Solche vergleichenden Bestimmungen erfordern also eine perfekte Probenvorbereitung, zu der vor allem die mögliche umfassende Zerkleinerung des Materials – unter Luftabschluss vorzunehmen! - gehört!

Garen sollten Sie nur mit dem Dampfkochtopf, um den Sauerstoff außen vorzulassen.


1495
F: In der Waschmittelindustrie kann man durch Zugabe bestimmter Stoffe - sog. Blankophore- den "Gilb" aus der Wäsche entfernen, der mit der Zeit durch Strukturveränderung der Textilstoffe entsteht (Also nicht durch Verfärbung mittels Farbe). Was ist die Erklärung der Wirkungsweise dieser Blankophone


A: Blankophore (übersetzt aus dem Lateinischen und Griechischen „Weißträger“) sind Stoffe, die UV-Strahlung absorbieren und als längerwelliges, also sichtbares Licht abstrahlen. Sie sind Fluoreszenzfarbstoffe. Mit ihrem blauvioletten Licht überstrahlen sie das Gelb der gealterten Wäsche (den „Gilb“). Man kann auch sagen: Blau/Violett und Gelb sind Komplementärfarben, die sich zu Weiß addieren. Man nennt diese Stoffe auch (optische) Aufheller. Sie wirken nicht chemisch, sondern durch einen (wenn man so will) optischen Trick.
Übrigens haben nicht alle Völker den gleichen Geschmack. Die Amerikaner lieben den ahornbräunlichen Aufheller, der ihren unappetitlichen Gilb überstrahlen soll.

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Letzte Überarbeitung: 23. September 2008, Dagmar Wiechoczek