Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 297
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F: Zur Bekämpfung von Ameisen gibt es Ködergele, die hauptsächlich aus Kohlenhydraten bestehen und als giftigen Bestandteil jeweils Borax (5% von 50g) beinhalten. Leider konnte ich keinerlei Literatur in den Unibibliotheken zu Borax als Schädlingsbekämpfungsmittel finden.
Deshalb gab mir meine Lehrerin den Tipp Sie zu fragen. Vielleicht können Sie mir sagen, wie Borax bei Ameisen wirkt, sodass sie nach einer bestimmten Zeit daran sterben, oder generell worin die toxische Wirkung von Borax oder Borsäuren liegt!


A: Die Kohlenhydrate in den Ködergelen dienen als Lockspeise.

Obwohl Borate vor allem in Pflanzen als essentielle Wachstumsfaktoren und damit auch in Lebensmitteln vorkommen, sind zumindest für Tiere größere Mengen an Boraten bzw. Borsäure giftig – auch wenn das in manchen Chemiebüchern (wie dem Holleman-Wiberg) verneint wird. Borsäure und Borate kumulieren im Fettgewebe und vor allem im Zentralnervensystem, werden dort also gespeichert. Die daraus resultierenden biochemischen Folgen sind noch nicht ganz geklärt. Man kann daran denken, dass die Borate als Poly-Anionen den Elektrolyttransport, der zur Nervenfunktion unbedingt notwendig ist, beeinflussen. So sind neben Magenschmerzen, Durchfall und Erbrechen vor allem Kreislaufschwäche und Schock als charakteristische Kennzeichen (Symptome) der Vergiftung zu nennen.

Übrigens wirken Borate und Borsäure auch gegen Mikroorganismen, indem sie den Phosphatstoffwechsel negativ beeinflussen. Weiter soll Borsäure die Decarboxylierung von Aminosäuren hemmen, indem sie mit dem dazu notwendigen Pyridoxal (Vitamin B6) einen Molekül-Komplex bildet. In wieweit das auch bei Tieren eine Rolle spielt, kann ich nicht beurteilen.

Man hat Borsäure und Borate wegen der Wirkung auf Mikroorganismen als Konservierungsstoff vor allem für Krabben und Kaviar eingesetzt. Wegen der eben beschriebenen Kumulation dürfen sie nicht mehr in diesem Sinne verwendet werden.


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F: Unlängst wollte ich mit meinen Schülern ein Experiment zur Osmose durchführen und hatte mir zu dem Zweck, einer gefundenen Versuchsvorschrift folgend, Filmdöschen zurechtgeschnitten und Einmachcellophan besorgt. Es hat überhaupt nicht funktioniert! Ich habe mich gefragt, ob ich evtl. kein Cellophan, sondern irgendeinen undurchlässigen Kunststoff in den Händen hatte. Eine diesbezügliche Anfrage an den Hersteller blieb unbeantwortet.
Als nächstes bin ich, nach telephonischer Anfrage, ins nächste Dialysezentrum geradelt, um mir Dialyseschlauch zu besorgen. Dort allerdings wurde ich wieder enttäuscht. Ein über die technischen Details sehr gut informierter Mediziner erklärte mir, dass die technische Entwicklung bei Dialysegeräten nicht bei Cuprophan-membranen stehen geblieben sei und dass heute irgendwelche Batterieen von winzigen Kapillarröhrchen den Job machen.
Ein letzter Versuch mit Naturdarm aus der Metzgerei schlug auch fehl, mir leuchtet auch ein, dass Darmhaut relativ durchlässig sein muss.
Meine Frage ist nun: Welchen Stoff kann ich als semipermeable Membran für so einen Versuch benutzen und wo bekomme ich das Zeug?


A: Leider ist immer damit zu rechnen, dass der technische Fortschritt bei Alltagsprodukten voranschreitet und vieles, was gängig war in der Alltagschemie, plötzlich nicht mehr funktioniert. Ein Grund ist die Schwierigkeit, ein bestimmtes, früher alltägliches Produkt zu beschaffen.

Cellophan (also Regeneratcellulose, Cellulosehydratfolien oder Cuprophan) gibt es durchaus noch zu kaufen. Ich empfehle eine Anfrage bei Google. Da landen Sie viele Treffer. Achten Sie aber darauf, dass die Membranen nicht wasserabweisend beschichtet sind.


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F1: Erst einmal recht herzlichen Dank für Ihre wirklich interessante Homepage, auf der man so viel Wissenswertes findet. Außerdem auch vielen Dank für Ihr ungebrochenes Engagement beim Fragenbeantworten! Nun zu meiner:

Eine große Supermarktkette bietet demnächst einen Ionen-Haartrockner an. Davon habe ich bisher noch nie gehört und kann mir einfach keinen Reim darauf machen, nach welchen Prinzip er funktionieren soll und warum er vielleicht besser ist (außer, dass er ganz schön viel Strom benötigt ;-) als herkömmliche Haartrockner.
Oder ist es mal wieder ein gelungener Schlag des Marketings gegen den unwissenden und leicht zu manipulierenden Kunden?


A1: Diese Geräte sollen mit einem gesonderten Ionengenerator die Ionendichte im heißen Luftstrahl eines Haartrockners verstärken. Ionen sind Kondensationskeime für atmosphärischen Wasserdampf. Der soll sich dann im Luftstrahl anreichern und auf das Haar niederschlagen. Das soll die Haare feuchter halten und geschmeidiger machen.

Vielleicht sollen die Haare auch nur negativ aufgeladen werden, so dass sich der Wasserdampf niederschlägt. Dann müssten die Haare aber dauerhaft kühler bleiben als der Haartrocknerstrahl.

Wieso das zum Beispiel nicht dazu führen soll, dass sich das Haar elektrisch auflädt, ist mir schleierhaft. Denn die Werbung spricht von Anionenstrahlen, also negativ geladenen Strahlen. Ich würde eher das Gegenteil vermuten. Aber vielleicht hilft es, wenn sich der Nutzer beim Haaretrocknen über die Wasserleitung erdet…

Wer´s insgesamt glaubt, möge damit selig werden und das Ding kaufen. Es ist sicherlich genauso wirksam wie die tönende Zahnbürste von Oral B. Die haben mir mein Zahnarzt bzw. seine Zahnreinigungsmaid aufgeschwätzt. Sie (die Zahnbürste) steht ungenutzt rum, weil mich das Geräusch nervt und außerdem bei Gebrauch die empfindlichen Zähne schmerzen…


F2: Vielen Dank für die schnelle und aussagekräftige Info :-)


A2: Es war mir ein Vergnügen…


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F: Betreff: Trennung Diesel-Benzin-Gemisch

Es geht um eine experimentellen Jahresarbeit (sog. "Besondere Lernleistung") zum Thema der "kalten" Trennung eines Diesel-Benzin-Gemisches. Die Arbeit soll auch beim Wettbewerb "Jugend-forscht" starten.

Bei einem Abschleppdienst fallen größere Mengen an Diesel-Benzin-Gemischen an, aufgrund von Fehltankungen der Kunden an Tankstellen. Das Unternehmen muss die anfallenden Mengen sachgerecht und somit teuer entsorgen. Um diese Entsorgungskosten zu sparen, kam der Schüler auf die Idee, dieses Gemisch auf "kaltem" Wege - also ohne Einsatz eines Destillationsverfahrens - zu trennen.

Bei unseren Recherchen sind wir allerdings schon an unsere Grenzen gestoßen. Wir hatten in unserer Unbedarftheit an eine Dichtetrennung gedacht. Allerdings liegen die Dichtewerte offensichtlich zu eng beieinander.

Was uns noch Mut macht, sind sog. "Koalesker". Allerdings haben wir keine Ahnung, aus welchem Material die Filter bestehen könnten. Die angeschriebenen Firmen haben bisher nicht geantwortet. Vielleicht können Sie uns einen entscheidenden Tipp geben...?!


A: Koaleszenz ist das Trennen von Emulsionen durch Zusammenführen der kolloidal gelösten Phase. Aus feinen Öltröpfchen wird eine Ölschicht, oder aus Wasserdampf wird flüssiges Wasser. Das macht man mit einem Koalesker.

Voraussetzung für den Einsatz der Filter vom Typ „Koalesker“ ist das tatsächliche Vorliegen von Emulsionen. Beispiele sind Wasser/Öl-Gemische, wie sie etwa bei Abwässern von Tankstellen anfallen, oder Luft/Wassertröpfchen oder Luft/Öltröpfchen.

Diese Filter arbeiten so, dass sie die fein verteilte Phase aus der Emulsion herauslösen. Das geschieht mechanisch, z. B. durch feine Metallbleche, die wie locker aufeinandergelegte Dächer aussehen, sowie durch Glasfasern oder durch Metallnetze. Man kennt die Filter als Bestandteile von Ölabscheidern oder Zuluftreinigern bei Motoren und Abluftreinigern von Pumpen, die mit Öl als Sperrflüssigkeit betrieben werden. Voraussetzung ist, dass das Filtermaterial eine gewisse „Klebrigkeit“ gegenüber dem abzuscheidenden Stoff besitzt. Man spricht auch von „Komplementarität“.

Bei der Mischung von Benzin und Diesel liegt jedoch eine echte Lösung von zwei chemisch identischen Stoffgruppen, nämlich Kohlenwasserstoffen, vor. Sie unterscheiden sich nur in der Kettenlänge und damit im Siedepunkt. Solche Mischungen können Sie auf diese Weise nicht trennen.


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F: Wir haben uns gefragt, warum L-Zucker z.B. L-Glucose synthetisch hergestellt werden? Da bei natürlichen Zuckern nur die D-Form vorliegt?


A: In der Natur entstehen nur die D-Zucker. Der Grund ist, dass es nur für diese Formen Bildungsenzyme gibt. Das Bildungsenzym muss in der Lage sein, mit D-Glucose bzw. mit seinen Edukten eine diastereomere Verbindung einzugehen.
Ähnliches sehen wir ja auch bei den Aminosäuren, die nur in der L-Form vorkommen. Aus ihnen entstehen ja auch die Enzyme mit ihren optisch aktiven Reaktionszentren.

Die Frage, warum nur dieses und nicht jenes Spiegelbildisomere (Enantiomere) entstanden ist, obwohl zwei möglich sind, ist ungeklärt. Es handelt sich um einen Zufall der biochemischen Evolution. Es hätte auch andersherum sein können.

Eine Ausnahme bildet die Milchsäure. Der menschliche Körper vermag nur die L-Form zu bilden. Viele Bakterien bilden neben der L-Form auch die D-Form. Die macht uns krank, da sie in unserem Körper nicht abgebaut wird.

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Letzte Überarbeitung: 23. Januar 2009, Dagmar Wiechoczek