Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 325
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1781
F: Wir haben unser Mineralwasser in der Garage stehen. In den letzten Tagen sind die leeren Flaschen alle eingedellt. Wenn man sie öffnet, zischt es. Wie kommt das?


A: Es handelt sich sicherlich um dünnwandige PET-Flaschen. Wenn sie leer sind und wieder gut verschlossen werden, kann die Luft nicht entweichen. Aber es kann auch keine Luft hinein.
In den letzten Tagen war es sehr kalt. Deshalb ist die Luft abgekühlt. Luft zieht sich beim Abkühlen zusammen, der Innendruck sinkt. Der äußere Luftdruck dellt deshalb die Flaschen ein. Mit Mineralwasser gefüllte Flaschen ziehen sich nicht zusammen; das liegt u. a. auch daran, dass der Gasraum über der Flüssigkeit abfüllungsbedingt unter hohem CO2-Druck steht.

Volle und leere PET-Flasche in einem kalten Raum
(Foto: Blume)

Die Volumenänderung kann man berechnen. Dazu greifen wir auf das Gesetz für Ideale Gase in der Form V/T = konstant zurück.

Hier ist die Rechnung für 1 L Luft bei 25 °C, die auf -5 °C abgekühlt wird. Wir müssen daran denken, dass wir nicht mit Celsius-Graden, sondern mit Kelvin-Graden (= 273,16 + Celsius-Grade) rechnen.

1 L / (273,16 + 25) K = V-5 / (273,16 -5) K

V-5 = 0,9 L

Die Volumenabnahme beträgt somit 10 %.

Wenn Sie die kalte, eingedellte Flasche in die Wohnung nehmen, nimmt sie wieder die frühere Form an.
Wenn Sie jedoch die eingedellte Flasche schon im kalten Raum aufschrauben, verschwinden die Dellen. Trägt man sie jetzt in den warmen Raum, so bläht sie sich auf. Das sieht man zwar nicht, aber wenn man die Flasche nach dem Aufwärmen aufschraubt, zischt Luft heraus - wegen des Überdrucks. Auch das kann man berechnen:

1 L Luft bei -5 °C wird auf 25 °C erwärmt.

1 L / (273,16 -5) K = V25 / (273,16 + 25) K

V25 = 1,11 L

Die theoretische Volumenzunahme beträgt somit 11 %.

Da die 1 L-Flasche zugeschraubt ist, steigt der Druck. Auch den können wir berechnen. Das Gasgesetz lautet hier: p V = konstant.

p 1 L = 1,013 bar 1,11 L

p = 1,124 bar

Übrigens gibt es auch Thermometer, die auf der Basis der temperaturabhängigen Volumenänderung von Gasen arbeiten. Man spricht von einem Gasthermometer.


1782
F1: Zunächst vielen Dank für Ihre hervorragenden Webseiten. Ich habe schon sehr viel Interessantes und Umsetzbares auf Ihren Seiten gefunden. Als Chemielehrerin mit 2 Leistungskursen freue ich mich sehr darüber.

Heute stellte mir eine Schülerin folgende Frage (Wir hatten gerade die Gefahrensymbole besprochen und als Hausaufgabe sollten die SchülerInnen zu Hause nachsehen, was sie zu diesem Thema finden.):
"Warum befindet sich auf Strohrum® kein Gefahrensymbol wie z. B. leicht entzündlich?" Da musste ich leider passen. Könnten Sie mir bitte helfen? Vielen Dank!


A1: Gute Frage! Ich werde mich darum kümmern. Das betrifft ja auch andere Schnäpse/Hausmittelchen wie Klosterfrau Melissengeist® oder kosmetische Artikel (Parfums).


F2: Vielen Dank für Ihren "Zwischenbericht" - ich bin immer wieder erstaunt und positiv überrascht, welche Fragen in den Köpfen von Schülern auftauchen. Da denkt man, man hätte schon viel gehört, aber es kommt immer wieder etwas Neues hinzu.


A2: Ich habe das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Ostwestfalen-Lippe (CVUA-OWL) befragt. Die freundlichen Damen und Herren haben mir die folgende Auskunft gegeben, die ich etwas zusammenfasse:

Die Gefährlichkeit von hochprozentigen alkoholischen Getränken steht außer Frage.
Trotzdem muss ihre Kennzeichnung nach unserer Gesetzgebung nicht erfolgen.
Die Kennzeichnung gefährlicher Eigenschaften (gesundheitsschädlich, leicht entzündlich etc.) von Stoffen und Stoffgemischen ist im Chemikalienrecht festgelegt. Nach der europäischen Verordnung, dem nationalen Chemikaliengesetz und weiteren gefahrstoffrechtlichen Verordnungen müssen - nach bestimmten Vorgaben und mit vorgeschriebenen Angaben - alle Stoffe und Zubereitungen mit gefährlichen Eigenschaften gekennzeichnet werden. Von diesen Vorschriften sind allerdings Arzneimittel (für Mensch und Tier) und Medizinprodukte, Lebensmittel und Futtermittel sowie kosmetische Mittel ausdrücklich ausgenommen. Für Produkte aus diesen Bereichen gibt es eigene Gesetzgebungen mit speziellen Kennzeichnungsvorschriften.

Da die Getränke, die umgangssprachlich als "Stroh-Rum" bezeichnet werden, vom Menschen getrunken oder - als Zusatz zu anderen Lebensmitteln - verzehrt werden, zählen sie zu den Lebensmitteln und fallen unter die einschlägige Gesetzgebung.
Bei dem erwähnten "Stroh-Rum" reicht danach die Angabe "Spirituose" sowie "80 Vol% Alkohol" (bzw. „alc“).

Bei der Gelegenheit ist anzumerken, dass "Stroh-Rum" nicht mehr als "Rum" bezeichnet werden darf. Die Spirituosen der Firma Stroh sind kein Rum, da sie nicht ausschließlich Alkohol aus Rohrzucker enthalten und verschiedentlich aromatisiert werden.

"Klosterfrau Melissengeist" ist ein freiverkäufliches Arzneimittel, das dem - wie Lebensmittel - Spezialrecht (hier: dem Arzneirecht) unterliegt. Deshalb ist auch hier keine Kennzeichnung nach dem Chemikalienrecht zu fordern. Entsprechendes gilt auch für Parfums.

Die Gefahren, die von den hochprozentigen Alkoholerzeugnissen ausgehen, sind sicherlich nicht geringer und unseres Erachtens bedenklicher als die mancher "echter" Gefahrstoffe, die gekennzeichnet werden müssen.

(Dank an Frau Daphi-Weber)


F3: Die Antwort ist wirklich interessant, und noch viel schöner finde ich es, dass so viele "hochrangige" Personen sich mit der Frage meiner Schülerin beschäftigen.
Danke nochmals!


1783
F: Wir wollten ein Pilzgericht in der Pfanne zubereiten. Dazu mussten wir viel Wasser mit ein wenig Öl erhitzen. Die beiden haben sich aber gar nicht vermischt. Mein Mann kam auf die Idee, ein Spülmittel dazuzugeben: Die lösen doch Fette und sind außerdem biologisch abbaubar.


A: Es stimmt scheinbar. Da wird mit spülaktiven Substanzen (Tenside) geworben, die an leicht verdauliche Bestandteile von Nahrungsmitteln erinnern - wie z. B. die Ester zwischen Fettsäuren und Saccharose.

Lassen Sie aber die Finger davon! Denn die Bezeichnung „Biologisch abbaubar“ ist nicht gleichbedeutend mit „Gesund“. Sie bedeutet nur, dass die Substanz die Natur nicht nachhaltig schädigt, weil es genügend Mikroorganismen gibt, die die darin enthaltenen Tenside zersetzen können. Das ist u. a. wichtig für die Abwasserreinigung und Reinheit unserer Oberflächengewässer.

Schauen Sie einmal auf den Aufdruck der Spülmittel-Flasche. Im Allgemeinen findet man Warnhinweise wie das Andreaskreuz mit dem Vermerk ätzend (Xi). Tenside in ihrem Verdauungs-Trakt können beispielsweise die Schleimhaut angreifen.

Sie können das Gemenge Wasser/Öl auch ohne sichtbare Vermischung erhitzen; dann mischt es sich von selbst. Wenn Sie darin Nahrungsmittel wie Pilze kochen, entstehen dabei genügend tensidartige Substanzen, die auch bei niedrigeren Temperaturen für eine stabile Emulsion sorgen.

Übrigens ist das Gift des Knollenblätterpilzes als Peptid biologisch leicht abbaubar. Selbst Schweine verdauen es. Wer aber würde behaupten, dass das Gift für uns gesund sei?


1784
F1: Vielen Dank für Ihre tolle Homepage. Heute hätte auch ich eine Bitte an Sie.
Könnten Sie mir bitte bei folgendem Versuch weiterhelfen?

Zufällig habe ich bemerkt, dass sich blaue Tinte aus einer Tintenpatrone in kochend heißem Wasser bleibend entfärbt.

Zu gerne wüsste ich, was genau dahinter steckt. Wird Berliner Blau durch Hitze zersetzt?

Oder ist das kalkhaltige Wasser meines Wasserkochers verantwortlich für das Phänomen? (Im Netz habe ich nämlich nur gefunden, dass sich der Effekt durch Zugabe von Essig aufheben lässt.)


A1: Sie haben gut beobachtet. Es handelt sich hier um einen Tintenkillereffekt.

Zunächst aber erst einmal ein Hinweis: Es handelt sich bei der blauen Tinte nicht um Berliner Blau, sondern um einen so genannten Triphenylmethanfarbstoff. An den können sich negative Ionen (Anionen) binden und ihn dabei entfärben. Solche Anionen sind Hydrogensulfit (bei handelsüblichen Tintenkillern), Hydrogencarbonat- oder auch Hydroxid-Ionen. Über die chemischen Reaktionen berichten wir hier.

Nun zu Ihrem Experiment: Hartes Wasser wird beim Kochen alkalisch. Denn beim Kochen entsteht aus Hydrogencarbonat Carbonat, das mit Wasser die zur Entfärbung notwendigen Hydroxid-Ionen bildet. Zu den chemischen Reaktionen in Kochwasser berichten wir hier anhand der Umfärbung der sog. Blauen Kartoffeln.

Sie können das Entfärben auch mit einer kalten oder warmen Lösung von Hydrogencarbonat (z. B. Kaisernatron) oder gleich mit kalter Natronlauge versuchen.

In Gegenwart von Säure sind die basischen Hydroxid- oder Hydrogencarbonat-Ionen nicht stabil. Auch lässt sich mit Säure das entfärbende Anion wieder abspalten, so dass der Farbstoff zurückgebildet wird. Es handelt sich also um eine Gleichgewichtsreaktion.


F2: Vielen Dank für Ihre schnelle und sehr ausführliche Antwort. Ich habe mich sehr darüber gefreut und fühle mich bereichert. Morgen werde ich die für uns neuen Versuche mit meinem Sohn (4 Jahre) durchführen.


F3: Das Verschwinden und Wiedererscheinen der blauen Farbe fasziniert uns. Nun sind neue Fragen entstanden. Könnte man die blaue Tinte als Indikator bezeichnen und gibt es einen festen Umschlagbereich? Wie genau heißt der Triphenylmethanfarbstoff in der blauen Tinte, und verwenden alle Tintenhersteller den gleichen oder gibt es je nach Fabrikat unterschiedliche Farbstoffe?


A3: Als Indikator sind die sich umfärbenden Tintenfarbstoffe nicht geeignet. Indikatoren müssen „augenblicklich“ ihre Farbe ändern, damit man zum Beispiel bei einer Titration den „Farbumschlag“ genau erkennt und die Zugabe des Titriermittels am Äquivalenzpunkt beenden kann. Dagegen laufen die von Ihnen beobachteten Additionsreaktionen und damit die Farbänderung viel zu langsam ab. Indikatoren geben im Allgemeinen bei der auffälligen Farbänderung nur ein Proton ab oder nehmen eines auf. Solche Dissoziationsreaktionen laufen innerhalb von Sekundenbruchteilen ab. Sie können das anhand der Rotkohlfarbstoffe studieren.

Es gibt schon aus patentrechtlichen Gründen natürlich sehr viele verschiedene blaue Tintenfarbstoffe. Das erkennt man zum Beispiel daran, dass man manche Tintenarten mit einem Tintenkiller löschen kann, andere dagegen nicht. Genaue Angaben zu den chemischen Verbindungen gibt Ihnen vielleicht der jeweilige Hersteller.


1785
F: Ich muss den Feuerwehrkollegen erklären, welche Auswirkung der Wasserdampf auf uns hat, wenn wir das Feuer in geschlossenen Räumen bekämpfen müssen.
Uns ist bekannt, dass mittlerweile der Wasserdampf der größere Feind für uns ist als das Feuer selbst. Denn der Wasserdampf dringt durch unsere Schutzkleidung hindurch, während die "trockene Hitze" von unserem Schutzanzug - aufgrund der mehrschichtigen Luftpolsterung - weitestgehend absorbiert wird.
Können sie mir bitte die Zusammenhänge erklären, bei welcher Temperatur Wasserdampf noch möglich ist. Wir geben Wasser in Form von Sprühnebel ins Feuer! - Welche Temperatur kann der Wasserdampf bei Temperaturen im Raum von ca. 800°C theoretisch annehmen? Das Problem für uns ist auch die Volumenvergrößerung (Saunaprinzip).


A: Wasserdampf ist nur im Moment des Verdampfens 100 °C heiß. Das ist die so genannte Gleichgewichtstemperatur bei 1 atm.

Heißer Wasserdampf ist letztlich gasförmiges Wasser. Man darf aber nicht von „Wassergas“ sprechen. Dieser Begriff ist in der Naturwissenschaft anders besetzt: Damit beschreibt man ein Gasgemisch aus CO und H2, das sich bildet, wenn man Wasserdampf mit glühender Kohle reagieren lässt.

Wie jedes andere Gas kann Wasserdampf natürlich wesentlich heißer werden als der Gleichgewichtsdampf, also auch 800 °C, wenn seine Umgebung entsprechend heiß ist. Halten Sie mal ein Thermometer direkt in den Wasserdampf, der aus einem Dampfkochtopfventil austritt.

Bei hohen Temperaturen hat der Dampf natürlich ein größeres Volumen als Gleichgewichtsdampf. Die Veränderung des Volumens kann man anhand der „Idealen Gasgleichung“ V/T = konst. berechnen.

Es zeigt sich dabei, dass die Volumenerhöhung geringer ausfällt, als man annimmt. Das liegt daran, dass wir nicht mit Celsius-Graden rechnen dürfen, sondern nur mit Kelvin-Graden (= Celsius-Grade + 273,16).

Hier ist die Rechnung für 1 L Wasserdampf bei 100 °C, der isobar auf 800 °C erhitzt wird:

1 L / (273,16 + 100) K = V800 / (273,16 + 800) K

V800 = 2,88 L

Wenn diese Volumenvergrößerung im Innern der Schutzkleidung auftritt, gibt es wohl Probleme.

Etwas anderes noch: Heißer Wasserdampf kann in der Lunge kondensieren, denn darin ist es wesentlich kälter als der von Ihnen beschriebene gasförmige Wasserdampf. Das kann zu Atembeschwerden bei den Einsatzkräften führen. Vielleicht meinen Sie auch das mit „Saunaprinzip“.

Die Temperaturerhöhung hat allerdings ihre Grenzen: Bei zu hoher Temperatur und vor allem in Gegenwart von katalytisch wirkenden Metalloberflächen kann sich Wasserdampf schließlich auch zersetzen, wobei sich Wasserstoff und Sauerstoff bilden - mit der Folge von Knallgasexplosionen.

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Letzte Überarbeitung: 11. November 2012, Dagmar Wiechoczek