Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 345
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1882
F: Wie riechen Aldehyde? Ich gehe davon, dass sie wie der Benzaldehyd aromatisch riechen.


A: Verlassen Sie sich nicht darauf. Denken Sie an den Formaldehyd: Der riecht scharf stechend und reizt sogar zu Tränen. Das Gleiche gilt für den Acetaldehyd. Das Ganze ist vor allem eine Frage des Siedepunkts bzw. Dampfdrucks. Je höher der Siedepunkt liegt, desto niedriger ist der Dampfdruck, desto weniger stechend und umso angenehmer sollte der Geruch sein. Vielleicht können Sie dann ja die eine oder andere aromatische Duftnote entdecken. Es gibt tatsächlich gerade im Duftstoffbereich einige Beispiele - die ihren Duft aber nur in starker Verdünnung entfalten. Konzentriert sind es richtige Stinker.

Wenn Sie also anhand reiner Chemikalien unbedingt eine Geruchsprobe machen wollen: Dann unbedingt „chemisch riechen“, also sich den Geruch vorsichtig zufächeln.


1883
F: In einem neuen Buch über den Renaissance/Barock-Maler Caravaggio habe ich gelesen, dass bei manchen Bildern alter Maler die blaue Himmelsfarbe sich immer mehr ins Grüne verschiebt. Hier ist das Zitat: „Das Himmelsblau ist mit Azurit ausgeführt, wie er es meistens für Blau verwendete, in der Nähe der Figuren aber mit dem teuren Lapislazuli, das er sonst mied; chemische Veränderungen haben im Laufe der Zeit Partien davon grün werden lassen.“ (Sybille Ebert-Schifferer: Caravaggio. C. H. Beck. München 2010.)
Was ist da mit dem Ultramarin los?


A: Ich vermute, dass beim Zitieren etwas falsch gelaufen ist. Richtig sollte es so heißen: „Das Himmelsblau ist mit Azurit ausgeführt, wie er es meistens für Blau verwendete. Chemische Veränderungen haben im Laufe der Zeit Partien davon grün werden lassen. In der Nähe der Figuren malte er mit dem teuren, aber stabilen Lapislazuli, den (nicht das!) er sonst mied.“ Ich will das begründen:

Natürliches Ultramarin war ursprünglich feinst gepulverter Lapislazuli, eine Mineralmischung, die als eigentliches „blaues Prinzip“ das Mineral Lasurit enthält. Ultramarin spielt tatsächlich eine wichtige Rolle als Pigmentfarbstoff, der auch wegen seiner Stabilität geschätzt wurde. Aber damit wurden keineswegs großflächige Himmelspartien gemalt, denn dazu war er viel zu kostbar. Das machte man mit dem billigeren Azurit (Kupferlasur). Leider ist letzter jedoch gegenüber Umwelteinflüssen instabil. Denn der blaue Azurit wandelt sich mit der Zeit in den grünen Malachit um - vor allem, wenn er fein verteilt vorliegt. Das beobachten übrigens auch Mineralienfreunde anhand ihrer Sammlungsstücke.

Hinter der Umwandlung steckt ein relativ einfacher chemischer Vorgang, eine Art Hydrolyse. Man kann das als Reaktionsgleichung wie folgt formulieren:

Die Umwandlung ist - bis auf den Farbwechsel - also nicht besonders bedeutend. Außerdem gehören die beiden „basischen“ Kupfercarbonate zum gleichen Kristallsystem Monoklin, haben also ihre äußere Form nicht verändert. Deshalb spricht man von Pseudomorphose (griechisch pseudein, täuschen und morphe, Gestalt). Dagegen umfasst die Metamorphose (= nachhaltige Umwandlung) mehr: Sie geht einher mit umfassenden stofflichen und gestaltlichen Veränderungen, die sich einstellen, wenn Gesteine unter hohen Druck und hohe Temperatur geraten.


1884
F: Im SPIEGEL (46/2010) war zu lesen: „Die Mondlandschaft aus glühender Steinkohle erinnert an einen gigantischen Grill. Die schwarzen Brocken sind so rein, dass sie sich an manchen Stellen von selbst entzünden.“ Kann das stimmen?


A: Es handelt sich um einen durchaus bekannten Effekt, der z. B. auch Bergwerke betrifft. Kohle ist bekanntlich ein (heterozyklischer) Kohlenwasserstoff. Der kann zumindest unter energetischen Gesichtspunkten in Gegenwart von aggressivem Sauerstoff gar nicht stabil sein.

Ihre Reaktion mit Sauerstoff ist zwar stark exotherm, aber gehemmt. Das heißt, dass die Reaktionsgeschwindigkeit sehr klein ist. Deshalb bedarf es einer gewissen Aktivierungsenergie, um den Brand zu entfachen. Danach unterhält sich die Verbrennung bekanntlich selbst. (Hier sei wieder an den Vergleich mit einem Wagen, der an einem Berghang steht, erinnert. Löst man seine Bremsen, rollt er los.) Einen solchen Stoff nennt man metastabil.

Durch in der Kohle enthaltene anorganische Katalysatoren ist die Absenkung der ansonsten beträchtlichen Aktivierungsenergie möglich. Kohle enthält Schwermetalle, die als Katalysatoren wirken können. Gar zu rein darf die Kohle also nicht sein. (Die SPIEGEL-Autoren meinen wohl, dass die Kohle wenig anorganisches „Bergmaterial“ enthält.)

Aber auch parallel ablaufende Reaktionen kommen durchaus als Zündhilfe infrage, so z. B. die bakterielle exotherme Oxidation des typischen Kohlebegleitstoffs Markasit, einer instabilen Form von FeS2. Die dabei freigesetzte Wärme kann, wenn sie verdämmt wird, durch Kumulation durchaus zur Entzündung der Kohle führen.


1885
F: Was ist Gasöl?


A: Es handelt sich um eine hochsiedende Erdölfraktion, also um eine Mischung von Kohlenwasserstoffen. Ihr Siedebereich wird in verschiedenen Büchern unterschiedlich angegeben. Er liegt etwa bei 250-350 °C und damit zwischen dem von Leuchtöl (Petroleum) und dem von Schmieröl, das nur im Vakuum destillierbar ist. Seinen Namen hat Gasöl daher, dass man aus ihm durch Cracken und andere chemische Umwandlungen Stadtgas („Leuchtgas“) gewinnen kann, was vor allem früher eine wichtige Rolle spielte. Heute nutzt man es eher zur Herstellung von Kerosin und von Dieselöl.

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Letzte Überarbeitung: 07. Februar 2014, Dagmar Wiechoczek