Warum man Glas durch Säurebehandlung schützen oder regenerieren kann

Experimente:
Versuch: Auflösen von Glaspulver durch Alkalien
Versuch: Fällen von Kieselgel aus einer Silicatlösung


Glas, das wie das von Büretten, Messkolben oder Pipetten mit Laugen in Kontakt kam, wird langsam zerstört (-> Versuch). (Manchmal spricht man hierbei von "Glaskorrosion".) Das Glas muss dabei nicht gleich blind werden, aber dennoch verändert es seine oberflächlichen Eigenschaften. Das merkt man daran, dass das Glas beim Gebrauch immer schneller verschmutzt. Dann nutzt bald keine Reinigungsbemühungen mehr, vor allem, wenn man (wie es die Organiker gern tun) Gläser mit einer Mischung von Isopropanol und Kalilauge reinigt.
Um diese Glaszerstörung zu verhindern, wird empfohlen, das Glas nach Gebrauch mit Salzsäure zu spülen oder die Säure gegebenenfalls sogar einige Tage einwirken zu lassen. Kann man dieses "Reparieren" chemisch erklären?

Zunächst einmal neutralisiert die Säure Laugenreste, die an der Glaswand hängen können. Wichtiger ist aber etwas anderes:

Glas enthält noch ausreichend stabilisierende Si-O-Si-Brücken. Diese werden durch Alkalien aufgebrochen. Vereinfacht können wir das so beschreiben:

-Si-O-Si-O-Si- + Na+ + OH¯ ———> -Si-OH + Na+ ¯O-Si-O-Si-

Wenn zu viele Si-O-Si-Brücken aufgebrochen werden, wird das Glas blind.

Gibt man zu solchermaßen geschädigtem Glas Säure zu, werden zunächst wie bei Ionenaustauschern die Na+-Ionen gegen die H+-Ionen ausgetauscht:

-Si-OH + Na+ ¯O-Si-O-Si- + H+ ———> -Si-OH + HO-Si-O-Si- + Na+

Die beiden benachbarten Hydroxyl-Gruppen eliminieren sofort Wasser; es bildet sich die stabilisierende Si-O-Si-Brücke zurück.

-Si-OH + HO-Si-O-Si- ———> -Si-O-Si-O-Si- + H2O

(Ähnliches beobachten wir bei der Bildung von Feuerstein (Flint, Silex) aus gelartiger Kieselsäure (-> Versuch).)

Die Glasbehandlung mit verdünnter Salzsäure ist auch beim Umgang mit Glaselektroden bei pH-Messungen wichtig; bei Titrationen geht man oftmals in stark alkalisches Milieu; danach kann es zu Messabweichungen kommen, weil die für die Funktion der Glaselektrode wichtige, als Membran wirkende Glasoberfläche verändert ist. Dann hilft nur ein längeres Bad in Salzsäure (c = 1 mol/l).


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Letzte Überarbeitung: 29. November 2002, Dagmar Wiechoczek