Warnung vor der Zimmercalla (Zantedeschia)!

Zantedeschia
(Foto: Blume)


Ein netter Mensch hat uns anlässlich eines Osterbesuchs eine Zantedeschia geschenkt. Diese Pflanze ist auch unter der Bezeichnung Zimmerkalla oder auch Zimmercalla bekannt. Sie bekam einen schönen Platz - hell, aber nicht in der prallen Sonne.

Am nächsten Tag waren feuchte Stellen auf der Holzplatte des Blumenständers unter der Pflanze zu erkennen. "Ist wohl beim Gießen passiert!" war der erste Gedanke beim Wegputzen.
Am nächsten Morgen waren die feuchten Flecken wieder da. Das war Anlass zum genaueren Hinsehen: An den Blattspitzen hingen dicke Tropfen. Die Pflanze produzierte sie in der Nacht. Dieses Phänomen ist unter der Bezeichnung Guttation auch bei anderen Pflanzen bekannt - wie z. B. beim Frauenmantel oder bei Erdbeerpflanzen. Sie geben überschüssiges Wasser durch spezielle Zellen ab. Sie tun das immer, wenn sie sich in sich abkühlender und deshalb immer feuchter werdender Luft befinden.

Als neugieriger Chemiker habe ich diese Tropfen probiert. Das hätte ich nicht tun sollen. Nachts überfiel mich prompt das Nesselfieber: Meine Haut überzog sich mit rötlichen, stark brennenden und juckenden Quaddeln. Dank großflächigem Einsatz von Hametum®-Creme (echt empfehlenswert!) habe ich diese Dermatitis niedergekämpft.

Ich habe dann am nächsten Morgen noch einmal einen Tropfen Guttationswasser auf die Haut meines Handgelenks gegeben. Fünf Minuten später war mein Arm wieder mit Quaddeln übersäht.

Was lernen wir daraus? Der Saft der Zimmercalla enthält stark reizende Substanzen. Deren Wirkung wird noch durch Bestrahlung mit Licht verstärkt. Deshalb ist die Reaktion vor allem an bestrahlten Hautstellen zu erkennen.

Damit reiht sich die Zantedeschia in die Reihe der anderen Aronstabgewächse (Araceae) ein. Diese sind allesamt wegen ähnlicher, mehr oder weniger ausgeprägter dermatologischer Wirkungen bekannt (Stichwort: Kontaktdermatitis). Dazu gehören auch Dieffenbachia, Philodendron, Spathiphyllum sowie die Zamioculcas zamiifolia (ZZ). Umstritten ist, ob es sich jeweils um eine allergene Reaktion oder "nur" um eine Kontaktdermatitis handelt. Für mich ist es klar: Da sich die Hautrötungen auch an Stellen zeigten, die niemals mit dem Saft in Kontakt gekommen waren, muss es sich um eine echte Allergie handeln. Die irritierenden Stoffe der Zantedeschia sind übrigens Glykoside und Alkaloide. Diskutiert wird auch die mechanische Wirkung von Oxalsäure- bzw. Oxalatkristallnadeln. Besonders betroffen sein sollen die Mucosa (Schleimhaut) der Lippen, des Mundes und des Verdauungstrakts. Auch Bindehautentzündungen sind möglich. Also den Saft nicht probieren. (Für alle, die es wissen wollen: Er schmeckt süßlich...)

Übrigens betrifft das alles auch die Yucca-Palme und vor allem die Feigengewächse wie Gummibaum und Benjamini. Letztere ist wegen ihrer Saftproduktion im Angelsächsischen als weeping fig ("Heulende Feige") bekannt.

Rüdiger Blume und Christel Blume


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Letzte Überarbeitung: 22. April 2007, Dagmar Wiechoczek