Heterogene Redox-Katalysereaktionen

Hierzu gehören Hydrierungen, Dehydrierungen und Oxidationen. Beispiele sind Knallgasreaktion, Dehydrierung von Ethanol, Hydrierung von Alkenen, (usw.). Auch der bekannte Versuch zur Einführung in die Katalyse, der Brennende Zuckerwürfel, ist hier einzuordnen. Alle genannten Reaktionen sind Redoxprozesse; sie haben eine Elektronenübertragung zwischen den Reaktanden zur Voraussetzung. Diese Übertragung wird durch den festen Katalysator (dem „Kontakt“) gefördert.

1 Katalytisch wirksam sind vor allem die Substanzen, die Metalle enthalten, deren Wertigkeit sich leicht ändern kann. Das sind die Übergangsmetalle oder d-Gruppen-Elemente und hier vor allem die der 8. Nebengruppe, der Eisen- und Platinmetalle: Fe (Ammoniaksynthese), Ni (Fetthärtung), Pt (Auto-Abgasreinigung). Aber auch Oxide und Sulfide der d-Metalle sind wirksam, so V2O5 (Kontaktverfahren zur Schwefelsäureherstellung), Cr2O3, Fe2O3, NiO (Kathode der Brennstoffzelle), MoS3 (katalytische Druckentschwefelung) usw..
Der Mechanismus beruht offenbar auf einer Beteiligung der d-Orbitale der Atome, die in Metallkristallen zu d-Leitungsbändern ausgeweitet sind. Nickel hat als besonders guter Hydrierkatalysator mit 8 Elektronen ein unvollständig besetztes d-Orbital, Kupfer als schlechter Katalysator mit 10 Elektronen ein volles d-Orbital.

2 Metall-Oxide und Metall-Sulfide sind oftmals Halbleiter. Diese liegen nach entsprechender Dotierung als Störstellenhalbleiter vor.
Beim n-Typ hat man eine Anzahl freier Elektronen, die im Gitter vagabundieren. Hierzu gehören die Oxide von Vanadium(V) oder Zink. Sie enthalten weniger Sauerstoff-Ionen, als stöchiometrisch zu erwarten ist, so dass sich zum Ausgleich einige Metall-Kationen in einem niedrigeren Wertigkeitszustand (z. B. Vanadium(IV)) befinden und die Elektronen abgeben können.
Beim p-Typ liegen zuviel positive Ladungen vor; man spricht von Defektelektronen. Beispiele sind Nickel(II)-oxid und Kupfer(I)-oxid. Sie enthalten einen Überschuss an Sauerstoff-Ionen, so dass sich ein Teil der Metall-Ionen in einem höheren Wertigkeitszustand befindet als stöchiometrisch angegeben.
Durch diese freien Elektronen bzw. Defektelektronen kann ein Stoff unterschiedlich angeregt und umgesetzt werden. Ein klassisches Beispiel ist der katalysierte Zerfall von Distickstoffoxid N2O (Lachgas), der mit einer Elektronenübertragung aus dem Leitungsband des Kontakts auf das Molekül eingeleitet wird.

N2O (ads) + e- ———> N2 (g) + O-(ads)

Das geht beim n-Typ schneller als beim p-Typ. Nun muss das Sauerstoff-Ion desorbiert werden. Dabei bilden zwei Ionen unter Rückgabe der beiden Elektronen ans Gitter ein Sauerstoffmolekül. Dieser Schritt läuft am p-Leiter mit seinen Defektelektronen, die wir mit (+) bezeichnen, rascher ab.

2 O-(ads) + 2 (+) ———> O2 (g)

Insgesamt entpuppt sich diese Desorptions-Reaktion als der Geschwindigkeits-bestimmende Schritt, so dass die Reaktion an einem Katalysator vom p-Typ schneller abläuft als eine vom n-Typ.

Ein anderes Beispiel für die Katalyse durch Defektelektronen ist das Entstehen des latenten Bildes und dessen katalytische Wirkung bei der fotografischen Entwicklung. Das gilt auch für die katalytische Zersetzung von Kaliumchlorat durch Braunstein (-> Webseite).

Die Kunst der Konstrukteure von Kontakten ist es, durch gezielte Dotierung der Kontaktgrundmasse mit Promotoren die Reaktionsgeschwindigkeiten und die Reaktionsrichtung zu steuern.

Quelle:
Text vereinfacht nach R. Brdicka: Grundlagen der Physikalischen Chemie; Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1965.


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Letzte Überarbeitung: 16. März 2014, Dagmar Wiechoczek