Zur Radioaktivität von Steinkohle-Aschen und -Abgasen

Betreiber von Kernkraftwerken weisen immer wieder gerne darauf hin, dass ihre Kraftwerke weniger Radioaktivität an die Umwelt abgäben als die Kohleheizkraftwerke.

Da ist etwas dran: In Kohle sind tatsächlich radioaktive Elemente enthalten. Hat es auch mit deren Radioaktivität zu tun, dass sich im Erdgas Edelgase wie Helium, Argon und Radon anreichern?


Die erste Ursache für Radioaktivität der Kohle
Kohle ist aus Pflanzenresten entstanden (Inkohlung). Die enthalten das für die Pflanzen typische Alkalimetall Kalium. (Klicke hier.)

Kalium ist ein natürlich-radioaktives Element. Eines seiner Isotope zerfällt unter Bildung von Argon (ß-Zerfall). Die Halbwertszeit beträgt 1,28 · 109 Jahre.

Genau genommen handelt es sich um einen ß+-Zerfall, also um die Abgabe eines positiv geladenen Elektrons, des Positrons (e+).

Dieser ungewöhnliche Zerfall soll hier etwas genauer erklärt werden:


Die Negativladung des Argons resultiert daraus, dass das Atom in seiner Atomschale jetzt ein Elektron zuviel hat. Dieses Elektron kann zum Beispiel mit dem Positron unter gegenseitiger Vernichtung reagieren.

Statt der Abgabe eines Positrons (e+) aus dem Kern ist auch der Einfang eines Elektrons (e-) aus der K-Schale des Kaliumatoms mit dem gleichen Ergebnis denkbar. Man spricht vom K-Einfang.


Die zweite Ursache für Radioaktivität der Kohle
… liegt darin, dass zur Inkohlung die Pflanzen in Sümpfen verrotten mussten. Hier sind es vor allem die Pflanzenreste, die wie Ionenaustauscher Schwermetalle aus dem Wasser oder den Sedimenten „einsammelten“. (Das machte man sich eine Zeit lang zur Reinigung von Abwässern durch Rieselfelder oder Schilfgürtel zunutze und nannte das Verfahren Wurzelraumentsorgung. Von dieser Art „Umweltschutz“ sah man jedoch ab, als man erkannte, dass man damit Schwermetalle anreicherte und bald nicht mehr wusste, wie man das belastete Schilf entsorgen konnte.)

Eines der bei der Inkohlung auf diese Weise angereicherten Schwermetalle war ausgerechnet Uran. Das gehört bekanntlich zu den radioaktiven Elementen. Die Zerfallsreihen der verschiedenen Uran-Isotope führen u. a. zu Radon, einem radioaktiven Edelgas. Gleiches gilt für Thorium, Actinium und Protactinium, weitere, recht häufige radioaktive Schwermetalle aus der Reihe der Actiniden.

Diese Elemente stehen in einem engen Zusammenhang und sind Mitglieder entsprechender radioaktiver Zerfallsreihen, zum Beispiel die Uran-238-Zerfallsreihe:

(3)                     


Nun wissen wir, woher die Radioaktivität in Aschen und Abgas stammt

A. Kohlen-Asche
Da ist einmal das radioaktive Isotop Kalium-40, welches auch in der an Kalium besonders reichen Kohlen-Asche angereichert zu finden ist. Gleiches gilt auch für die Verbindungen der radioaktiven Actiniden.

B. Kohlen-Abgase
Radon ist radioaktives Produkt der verschiedenen Zerfallsreihen der in der Kohle enthaltenen radioaktiven Actiniden. Als Edelgas durchbricht es alle physikalischen und chemischen Abgasreinigungsanlagen.

Weitere mit der Kohle zusammenhängende Edelgase sind Argon und Helium.

Ersteres entstammt, wie gehört, dem ß+-Zerfall des radioaktiven Kalium-40-Isotops.

Die beim a-Zerfall entstehenden a-Teilchen werden mit Elektronen, die letztlich aus dem ß--Zerfall anderer Elemente stammen, zu Helium kombiniert.

Diese Edelgase sind Bestandteile vom die Kohle stets begleitenden Erdgas, das vor allem aus Methan besteht und im Kohlebergbau als schlagendes Wetter gefürchtet ist.


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Letzte Überarbeitung: 04. Juni 2010, Dagmar Wiechoczek