Es ist Winter, und viele Leute erfreuen sich an der Wärme, die ein Ofen oder ein
Kamin abgibt. Wohin aber mit der Asche? Heute wandert diese in den Mülleimer ("Keine
heiße Asche einfüllen!"). Früher war das ganz anders.
In meiner Jugendzeit wurde bei uns nur mit Öfen und Kamin geheizt. In dem alten
Patrizierhaus existierte keine Zentralheizung. Entsprechend viel Asche fiel an.
Hinter unserem Wohnhaus gab es ein großes Lagerhaus. In dem befand sich eine große,
ca. 4 mal 4 Meter messende gemauerte Einfassung, die Aschenecke.
Ein jeder aus unserem Hause brachte die Asche seines Ofens dort hin - obwohl keiner
so recht wusste, warum. In der Asche tummelten sich nur noch die Hühner, die aus dem
Garten kamen, um darin ihre Staubbäder zu nehmen - wohl nur aus diesem Grunde wurde noch
weiter gesammelt. Dabei steckt hinter dem Aschesammeln handfeste Wirtschaftsgeschichte.
Hört man heute das Wort "Aschensammler", so denkt man an den Aschenbecher auf
dem Schreibtisch oder an Abluftfilter in einem Heizkraftwerk. Früher war das
ganz anders: Damals gab es den Beruf des Aschensammlers. Diese
Leute zogen von Haus zu Haus und sammelten die Ofen-, Kamin- und Herd-Aschen ein.
Aschensammler waren meistens die Ärmsten unter den Armen. Und dabei waren die
Inhaltsstoffe der Asche schon damals so wichtig und auch kostbar! Asche war
nämlich ein wichtiger Rohstoff. Heute würde man die Asche als
Nachwachsenden Rohstoff
bezeichnen.

Bild 2: Holzkohlenasche im Grill
(Foto: Blume)
Um zu verstehen, wozu man die Asche sammelte, müssen wir zunächst wissen,
welche Eigenschaften Holzasche hat.
Versuch 1: Holzasche in Wasser
Wir geben etwa 20 g Holzasche in 500 ml destilliertes Wasser und rühren um. Wir
bestimmen den pH-Wert der Aufschlämmung.
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Zunächst stellen wir fest, dass nicht alle Aschensubstanz in Wasser löslich
ist. Außerdem reagiert die Aufschlämmung deutlich alkalisch. Wir haben einen pH-Wert
von 11,58 gemessen. Hier wird deutlich, warum Holzasche direkt zum Waschen
benutzt wurde. Da war einmal der mechanische Effekt der nicht löslichen
Holzaschensubstanzen. Dazu kam das alkalische Milieu, das zum Quellen der
Fasern und zum Herauslösen sowie zum Zersetzen der Fette nützlich war.
Versuch 2: Wie ist Holzasche zusammengesetzt?
1 |
Eine Probe von Holzasche lassen wir
einige Tage in einem nicht zu trocknen Raum offen stehen.
Ergebnis: Die Asche backt zusammen; sie ist hygroskopisch. |
2 |
Eine Probe wird mit halbkonzentrierter Salzsäure (C) übergossen.
Ergebnis: Die Probe schäumt auf; der CO2-Nachweis ist positiv. |
3 |
Mit der salzsauren Probe der Holzasche führen wir eine Spektralanalyse
auf Kalium durch. Mit einem zuvor gut ausgeglühten Magnesia-Stäbchen halten wir etwas von der Aufschlämmung
in die entleuchtete Flamme des Bunsenbrenners. Da stets etwas Natrium in der natürlichen Probe enthalten ist, müssen
wir die Flamme durch ein Handspektroskop betrachten. (Das Benutzen eines Kobaltglases zum Nachweis von Kalium
ist schließlich nicht jedermanns Sache...)

Bild 3 (Foto: Daggi)
Dabei gibt es einen kleinen Trick (siehe Bild): Man hält ein Uhrglas mit der salzsauren Lösung der Substanz
an die Luftzufuhr des Bunsenbrenners und taucht den glühenden Magnesiastab hinein. Unter Zischen entwickelt
sich Dampf. Der enthält genügend Kaliumsalze und gibt der Brennerflamme die typische fahlviolette Färbung.
Vorteil: Bei dieser Methode stört das Glühen des Magnesiastäbchens als zusätzliche Farbequelle nicht mehr.
(Der Effekt wird übrigens deutlicher, wenn man statt der Salzsäure die wesentlich stärkere Perchlorsäure
einsetzt.) Anfänger sollten das zu zweit machen: Der eine "zischt", der andere betrachtet das Spektrum.

Bild 4: Spektren von Natrium und Kalium
Ergebnis: Wir erkennen (neben der dominierenden Natrium-Doppellinie) die typischen
roten Linien des Kaliums. Die blaue Linie allerdings ist nur schwer zu erkennen. Typisch für das Kalium ist
auch das Kontinuum im blau-grünen Spektralbereich. Das fehlt beim Natrium.
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Aufmerksame Beobachter von Ofenfeuern hätten das Ergebnis auch schon voraussagen können. Dazu muss man nämlich die Farben von
Flamme und Aschenglut genauer betrachten. Dann fällt auf, dass die Flamme aufgrund des Leuchtens von freiem Kohlenstoff zwar gelb
ist, die Asche aber deutlich purpurn („fahlviolett“) glüht.
Klick mich an!

Bild 5: Ofenflamme
(Foto: Blume)
Anschließend untersuchen wir die Eigenschaften von reinem Kaliumcarbonat aus der Sammlung.
Versuch 3: Untersuchung von Kaliumcarbonat (Pottasche)
Wir führen mit Kaliumcarbonat K2CO3 dieselben Experimente wie in Versuch 2 durch.
Ergebnis:
- Kaliumcarbonat ist hygroskopisch.
- Kaliumcarbonat ist leicht in Wasser löslich.
- Der pH-Wert der gesättigten Kaliumcarbonat-Lösung liegt bei 11,33.
- Kaliumcarbonat erzeugt eine fahlviolette Flamme.
- Kaliumcarbonat entwickelt bei Zusatz von Salzsäure Kohlendioxid.
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Wir schließen daraus: In der Holzasche ist Kaliumcarbonat enthalten.
Kalium ist typischer Bestandteil vor allem von Landpflanzen. Dagegen enthalten Meerespflanzen
oder Pflanzen, die am Meeresstrand wachsen, mehr Natrium, deshalb enthält ihre
Asche mehr Soda (Natriumcarbonat Na2CO3). Es gibt sogar
Pflanzen, die ihr überschüssiges Natrium als Soda "ausschwitzen". Deren Blätter
sind mit feinen, glitzernden Kristallen überzogen. Bekannt ist wohl den meisten
Urlaubern auf den Kanarischen Inseln oder in der Algarve die rotblühende,
buschige Barilla. Im Deutschen heißt sie Sodapflanze (Mesembryanthemum
crystallinum). Mit der wurde schwunghafter Handel getrieben.

Bild 6: Sodapflanze auf Fuerteventura
(Foto: Blume)
Jetzt ist es an der Zeit, auf die Frage eines Gymnasiasten
zu antworten:
F: Die Verbrennung von Landpflanzen liefert Pottasche. Ist es möglich, eine
(einleuchtende) Erklärung für die Entstehung der Carbonat-Ionen zu geben? Wir behelfen uns mit mehr
oder weniger realistischen Annahmen und kommen nicht wirklich zu einem vernünftigen Ansatz.
Wir hoffen, dass Sie uns auf eine Spur bringen können...
A: Ist Ihnen klar, dass Biomasse vor allem aus Kohlenstoffverbindungen besteht?
Wenn Sie die verbrennen, bildet sich CO2, und in Gegenwart von Metall-Ionen bilden sich
zusammen mit den Oxiden der in den Pflanzen enthaltenen Metalle auch Metallcarbonate.
K2O + CO2 > K2CO3
Wie man früher Pottasche herstellte
Kaliumcarbonat nannte man Pottasche. Über den Ursprung des Namens
ist man unterschiedlicher Ansicht. Die einen meinen, dass er daher rührt, dass man die Substanz
in einem Topf (Pott) auslaugte. Andere meinen, dass die Asche früher aus der Feuerstelle in einen
runden Pott fiel.
Ist alles letztlich egal. Man laugte die Holzasche durch Kochen mit Wasser aus.
Zurück blieben schwer lösliche Substanzen wie Calcium- und Magnesiumcarbonat.
Nach dem Abfiltrieren erhielt man eine Lösung, die eingedampft wurde und die
man anschließend noch glühte.
Versuch 4: Herstellen von Pottasche aus Holzasche
100 g Holzasche werden mit 500 ml destilliertem Wasser versetzt und gut gerührt.
Hierbei ist ein Magnetrührwerk hilfreich. Wir allerdings erhitzen die
Aufschlämmung nicht, weil sie auch so genug Pottasche für unsere weiteren
Untersuchungen liefert.
Wir lassen die Aufschlämmung über Nacht stehen, rühren nochmals kräftig und
filtrieren dann ab. Die klare Lösung geben wir in eine Kristallisierschale und
lassen sie eintrocknen.
Ergebnis: Es bildet sich eine weißer, feinkristalliner Rückstand. Wenn man mag, kann man
diese Substanz in eine Porzellanschale geben und glühen.
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Werden beim Glühen nicht alle Carbonate zerstört? Nein: Natrium- und Kaliumcarbonat sind (in Grenzen) hitzestabil.
Versuch 5: Untersuchung von Pottasche/Kaliumcarbonat aus Holzkohle
Wir führen hierzu die gleichen Experimente durch wie bei Versuch 3 für Kaliumcarbonat beschrieben.
Ergebnis:
Offen stehende Holzasche erweist sich als hygroskopisch (aber nur in
feuchten, nicht zentralbeheizten Räumen!).
Die weiße Substanz ist leicht in Wasser löslich.
Die pH-Wert-Messung ergibt 11,40.
Der CO2-Nachweis durch Zutropfen von wenig Salzsäure
(c = 2 mol/l) (Xi) ist positiv.
Der spektrale Kaliumnachweis ist positiv.
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Nun lernen wir noch einen weiteren, diesmal chemischen Nachweis von Kalium-Ionen kennen. Mit
Perchlorat-Ionen bilden sie einen schwerlöslichen Niederschlag. Der Nachweis ist nicht besonders
empfindlich und erfordert deshalb höhere Konzentrationen, ist aber ansonsten typisch.
Versuch 6: Chemischer Nachweis von Kalium-Ionen mit Perchlorat
Vorversuch:
Zu einer Lösung von Kaliumchlorid geben wir die gleiche Menge an Perchlorsäure (w = 50 %) (C, O)
oder konzentrierter Natriumperchlorat-Lösung.
Ergebnis: Es bildet sich langsam ein weißer Niederschlag von Kaliumperchlorat.
Das Gleiche wiederholen wir mit einer klaren Lösung, die wir durch Zutropfen von wenig
Salzsäure zum eingetrockneten Rückstand des Filtrats der Holzasche-Extraktion erhalten.
Ergebnis: Es bildet sich erstaunlich viel Kaliumperchlorat.
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Wofür man Pottasche benötigte
1 Pottasche entwickelt mit Wasser ein
alkalisches Milieu. Das liegt daran, dass Carbonat-Ionen mit Wasser reagieren.

Das unterstützt den Waschvorgang. Aus diesem Grunde setzte man in frühen Zeiten, als es noch keine
billige Seife gab, Holzasche direkt zum Waschen ein.
2 Die Carbonat-Ionen der Pottasche fällen zugleich
die Härtebildner (Calcium- und Magnesium-Ionen) aus. Pottasche ist also ein Wasserenthärter.
Ca2+ + CO32- > CaCO3
3 Mit Pottasche kann man Seife herstellen ("sieden").
Dazu kochte man Abfallfette mit der alkalischen Lösung.
Versuch 7: Herstellung von Seife
Hierzu haben wir einen Versuch. Anstelle der dort
verwendeten Soda nehmen wir natürlich unsere selbstgewonnene Pottasche.
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Oftmals waren die Aschensammler selbst Seifensieder. Man hört in diesem Zusammenhang, dass die
Aschensammler den Haushalten als Lohn für eine große Menge Asche ein Stück Seife gaben. (Siehe zum
Beispiel bei Bechsteins Märchen.) Genau genommen macht man mit Hilfe
von Pottasche Schmierseife; deshalb wird es wohl ein Topf voll Schmierseife gewesen sein, der
als Lohn winkte. (Feste, also Kernseife, erhält man nur mit Soda.)
4 Kaliumcarbonat ist auch heute noch ein Rohstoff
für die Glasherstellung. Allerdings sind diese Kaligläser nicht
sehr stabil gegen Umwelteinflüsse. Leider hat man aus ihnen ganz besonders gern die bunten Kirchenfenster gemacht.
Die zerfallen deshalb ganz besonders schnell.
Welche Bedeutung die Pottasche für die Glasherstellung hatte, belegt eindrucksvoll die folgende, von
O. Krätz übermittelte Story: Zur Verglasung der Orangerie Friedrichs des Großen in Potsdam benötigte
man Pottasche, die aus 50 ha Buchenwald gewonnen wurde.
5 Man stellte mit Hilfe Pottasche auch Kalilauge
her. Hierbei ließ man die Lösung mit gelöschtem Kalk oder mit Kalkwasser reagieren. Das Verfahren hieß
Kaustifizierung. Da man das besonders mit Soda machte, zeigen wir das an diesem Beispiel.
Sie werden das natürlich mit Pottasche wiederholen.
Versuch 8: Kaustifizierung von Soda
Wir stellen jeweils 100 ml einer gesättigten Lösung von Calciumoxid und von Soda her. Wir lassen die Lösungen
noch einen Tag über dem Bodensatz stehen. Das Gefäß unbedingt verschließen, damit kein CO2 eindringen
kann! Das würde als Säureanhydrid den Versuch verfälschen.
Dann messen wir die pH-Werte. Anschließend filtrieren wir die Sodalösung und geben sie zu der CaO-Aufschlämmung
mit Bodensatz.
Ergebnis: Die gesättigte Sodalösung hatte einen pH-Wert von 11,43, die des Calciumoxids
12,94.
Nach dem Mischen und Rühren stieg der pH-Wert bis auf 13,34.
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Das ist doch merkwürdig: Da geben wir zwei Lösungen mit niedrigerem pH-Wert zusammen; nach dem Mischen steigt
der pH-Wert an. Dahinter steckt folgende chemische Reaktionsfolge:
Aus dem Calciumoxid bildet sich zunächst Calciumhydroxid.
CaO + H2O > Ca(OH)2
Diese in Wasser schwerlösliche Verbindung dissoziiert in geringem Umfang. Dieser Vorgang ist ein chemisches
Gleichgewicht.

Die Calcium-Ionen reagieren mit den Carbonat-Ionen der leicht löslichen Sodalösung zu schwerlöslichem
Calciumcarbonat.
Ca2+ + CO32- > CaCO3
Zurück bleiben die Natrium- und die Hydroxid-Ionen. Da sich die Carbonat-Ionen der Soda im Überschuss
befinden, bildet sich das schwerlösliche Calciumhydroxid langsam in Calciumcarbonat um - unter Freisetzung
von immer mehr OH--Ionen. Das hat zur Folge, dass der pH-Wert ansteigt.
Die folgende Gleichung beschreibt die Gesamtreaktion:

Auf diese Weise löst sich der Niederschlag von Calciumhydroxid nach und nach auf; stattdessen entstehen Kalk
und Natronlauge!
Das Vorteil des Verfahrens liegt auf der Hand: Zwar ist auch gelöschter Kalk (oder Kalkwasser) eine Lauge;
da Ca(OH)2 aber schwerlöslich ist, ist die Lauge hinsichtlich ihrer Konzentration relativ schwach.
Dagegen ist die so gewonnene Natronlauge viel konzentrierter und deshalb wirksamer.
Was befindet sich sonst noch in der Holzkohlenasche?
Natürlich findet man auch Spuren von Phosphat, Sulfat und Nitrat. Hinzu kommen auch im Schullabor nachweisbare Mengen
an Chlorid. Denn Pflanzen verfügen hinsichtlich der Wassermengen, die sie ständig aufnehmen, über kein besonders effektives
Chlorid-Ausschlusssystem. Chlorid ist zugleich wichtig für die Pflanzen: Es spielt eine Rolle bei der Fotosynthese. Es ist
auch Cofaktor bei einigen Enzymreaktionen, vor allem aber bei Membranprozessen bzw. Ionenpumpen (insbesondere beim für
Pflanzen wichtigen, zellulären Kaliumaustausch). Aus diesem Grunde ist im Brennholz immer Chlorid enthalten. Die Konzentration
liegt allerdings im Promille-Bereich (in der Asche natürlich viel höher). Der Chloridgehalt reicht aber aus, um beim Verbrennen
von Holz Dioxine zu emittieren.
Last but not least
Von dem Namen Pottasche und Soda stammen die englischen
Bezeichnungen für die darin enthaltenen Alkalimetalle. Das englische sodium für Natrium ist
der Bezeichnung "Soda" entlehnt; potassium ist im Englischen das Kalium. Und ob das russische
Wort "Podsol" für ascheartige Heideböden etwas mit Pottasche zu tun hat - darüber streiten die Gelehrten.
Rüdiger Blume
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