Feuerstein als Wirtschaftsgut

Experimente
Versuch: Erhitzen von Feuerstein

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Bild 1: Feuersteinbeil von einem dänischen Feld (Länge 15 cm)
Bemerkenswert ist die erkennbar unsymmetrische Keilform, die keine stilistische Nachlässigkeit der steinzeitlichen Handwerker ist,
sondern (wie die Leute damals auch schon wussten) die optimale Spaltungswirkung erzeugt
(Fotos: Blume)


Feuerstein war nicht nur in der Steinzeit ein geschätzter Rohstoff, dessen Einsatz dem des Stahls in heutigen Zeiten gleichzusetzen ist.
Da es auch damals schon nicht nur auf gute, sondern auch auf gleichmäßige Qualität ankam, begann man in der Steinzeit bald damit, frischen Feuerstein bergmännisch zu gewinnen. Dies geschah hauptsächlich unterirdisch. Solche Anlagen fand man z. B. in Aachen auf dem Lousberg, in England bei Cambridge/Brandon, in den Niederlanden bei Rijckholt-St. Geertruid oder in Zentralpolen bei Radom und Krakau. Die zugehörigen Haldenlandschaften sind schon früh aufgefallen; man ordnete sie allerdings dem Wirken von Sagengestalten zu (wie z. B. "Grime´s Graves" bei Cambridge).

Manche Schächte waren über 10 m tief. Von hier aus grub man eine bestimmte, hochwertige Feuersteinschicht ab.

Mit Feuerstein wurde auch gehandelt. Wie heute betraf das nicht so sehr den schweren Rohstoff, sondern vor allem veredelte Produkte. Deshalb gab es am Orte des Bergbaus regelrechte Manufakturen, in denen hauptsächlich Beilrohlinge in Massen hergestellt wurden. Deren Vertrieb ging z. T. quer durch Europa. Denn es gab Gegenden wie z. B. Mittel- und Nordengland, wo es keinen Feuerstein gab. Dort hatte man auch die Kunst des Recyclings entdeckt: Kein noch so kleines Feuersteinsplitterchen wurde weggeworfen, wenn man daraus noch etwas machen konnte. Solche kleinen, bearbeiteten Stückchen findet der aufmerksame Sucher zum Beispiel auf den Höhen der Yorkshire Moors in Nordengland.

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Bild 2: Mikro-Flintgeräte aus den Yorkshire Moors. Die 1 Cent-Münze dient zum Größenvergleich
(Foto: Daggi; Sammlung Blume)


In der Bronzezeit wurde das Werkzeug aus Feuerstein zurückgedrängt, ohne jedoch vollständig an Bedeutung zu verlieren.
So kam im Mittelalter der schwunghafte Handel mit nach Größe sortierten Feuersteinkugeln hinzu, mit denen man noch im Dreißigjährigen Krieg Kanonen und Gewehre bestückte.

Bild 3: Perfekte Kugeln aus Feuerstein (Mön)
(Foto: Blume)

Damit wurde der Feuerstein zum strategischen Rohstoff. Die Steinschloss-Gewehre erforderten weiteren umfangreichen Bergbau und Feuersteinhandel.
Noch um 1830 ist in einer Königlich-Hannoverschen Zollverordnung Feuerstein als zu verzollendes Wirtschaftsgut aufgeführt. Man brauchte ihn unter anderem auch für von Ochsen gezogene Schlitten ("Döven"), die von unten mit scharfen Feuersteinen bestückt waren und mit denen man Stroh zu Häcksel schnitt. Das kann man heute in der Türkei (Nordwestanatolien) ebenfalls noch sehen.

In Eben-Emaël in Belgien wird heute noch Feuerstein gewonnen. Er dient als dekoratives Baumaterial oder wird zu Straßenbauzwecken weiter verarbeitet. In England sind ganze Häuser, Burgen und Kirchen aus Feuerstein gebaut. Vor allem in den Grafschaften um Suffolk und Cambridgeshire kann man solche Bauwerke (und dazu noch moderne) sehen. Noch heute wird dort Feuerstein geschürft und oftmals kunstvoll bearbeitet ("flint knapping"). Andere Steine sind dort nämlich sehr knapp und deshalb entsprechend teuer.

Bild 4: Weitgehend aus Flint gebaute Kirche in Suffolk
(Weeting bei Brandon)
(Foto: Blume)


Auch in Reading (westlich von London) gibt es eine Kirche, bei der u. a. die Mauerverzierungen, aber auch ganze Wände aus dunklem Feuerstein gestaltet wurden.

Bild 5: Die dunklen Verzierungen der Kirche von Reading sind aus Feuerstein
(Foto: Blume)


Auch gebrannter Feuerstein wird gehandelt. Er dient als Zuschlag bei der Zementgewinnung oder auch als Bestandteil von Keramikmasse und früher auch von Porzellan. Solche Kalzinierwerke findet man noch in Dänemark, z. B. in Hanstholm auf Nordjütland oder bei Nyköbing auf Falster.

Der schon erwähnte Tagebau in Belgien bei Eben-Emaël ist die Kreidegrube der Firma ENCI. Hier wird Mergel zur Zementherstellung und als mineralischer Dünger gefördert. Der dabei anfallende schwarzgraue Feuerstein ist von hervorragender Reinheit sowie Zähigkeit und wird sorgfältig geschont. Aus ihm wird nicht nur durch Calcinieren Quarz zur Gewinnung von keramischem Material gewonnen, sondern es werden daraus in echter Handarbeit Steine geschlagen, die nicht nur als dekoratives Baumaterial, sondern vorrangig als Mühlenfutter dienen. Dieses Futter schont nicht nur die Stahlkonstruktion großer Mühlen, sondern auch die Qualität des Mahlguts, da der Feuerstein fast ausschließlich aus reinem Quarz besteht und äußerst abriebfest ist. Übrigens baut man parallel dazu auch die Silex-Meereskiesel an den Stränden der französischen Kanalküste ab. Diese runden Steine, die im englischen Sprachgebrauch "Flint" im engeren Sinne heißen, dienen als Mahlsteine für den Mühlenbetrieb.


Hinweis zu weiteren Informationen
Über die Eigenschaften des Feuersteins, seine Bildung, die damit verbundenen chemischen Prozesse auf molekularer Ebene, seine Zusammensetzung, seine Alterung sowie über die Schälbarkeit können Sie sich auf weiteren Webseiten informieren. Außerdem besprechen wir, wie man mit Flint Feuer machen kann. Gehen Sie dazu in das Inhaltsverzeichnis der Webseitengruppe "Pyrit und Feuerstein/Flint/Silex".


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Letzte Überarbeitung: 23. Januar 2012, Dagmar Wiechoczek