Zehn Halbwertszeiten

Ein wichtiges Beispiel für die Rolle der Reaktionskinetik für die Umweltchemie ist die Faustregel, dass man 10 Halbwertszeiten benötigt, damit die Konzentration eines Stoffs in einer Reaktion 1. Ordnung auf 1 Promille der Anfangskonzentrationen abnimmt. Das ist wichtig zur Abschätzung der Wirkung von Schadstoffen wie Dioxin (Halbwertszeit im Boden 160 Jahre) oder Radionukliden (Plutonium: Halbwertszeit ohne Folgenuklide 24.400 Jahre) in der Umwelt ("Persistenz") oder zur Medikamentenwirkung. Um die Faustregel zu überprüfen, gehen wir von unserer bekannten Konzentrations/Zeit-Funktion für Reaktionen 1. Ordnung aus.

c = co · e (- kt)

Mit c = co / 1000 erhalten wir:

1 / 1000 = e (- kt)

Nun führen wir mit k = ln 2 / t½ die Halbwertszeit ein und logarithmieren:

ln 1000 = ln 2 t / t½

t = (ln 1000 / ln 2) t½

Mit ln 1000 = 6,93 und ln 2 = 0,693 folgt abgerundet

t = 10 t½

Es stimmt also:

Erst nach 10 Halbwertszeiten ist ein Schadstoff auf 1 Promille seiner Anfangskonzentration abgebaut!

Schon um sich das bewusst zu machen, lohnt sich die Beschäftigung mit der Reaktionskinetik! Vielleicht löst sie bei Schülern und anderen Wissbegierigen so etwas wie Betroffenheit aus. Chemische Reaktionen verlaufen scheinbar sehr schnell. Aber bis alles wegreagiert ist, kann es sehr lange dauern. Denn es handelt sich um Exponential-Gesetze. Das ist besonders bei hochgiftigen Substanzen wie Plutonium oder Dioxinen bedauerlich!

Dazu kommt: Ein Abbau auf 1 Promille bedeutet bei diesen Substanzen, die tonnenweise abgelagert werden, nichts - denn sie wirken im Picogramm-Bereich!

Man kann die Zeit, nach der die Konzentration auf 1/1000 des Anfangswerts abgesunken ist, auch über Zweierpotenzen berechnen. Denn nach jeder Halbwertszeit hat man eine Halbierung. Und tatsächlich gilt:

210 = 1024  bzw.  2-10 = 1/1024  oder ungefähr = 1/1000


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Letzte Überarbeitung: 23. September 2002, Dagmar Wiechoczek