Warum löst sich Sauerstoff deutlich besser in Wasser als Stickstoff?

Experimente:
Versuch: Aussalzen von Gas aus seiner wässrigen Lösung


Sauerstoff und Stickstoff liegen in der Luft im Verhältnis von O : N = 1 : 4 vor. In Wasser dagegen ist Sauerstoff stark angereichert. Hier liegt das Verhältnis von O : N bei 1 : 1,8. Genau: Bei 0 °C lösen sich in 1 Liter Wasser 10,3 ml O2 und 18,1 ml N2. Das ist für das Leben im Wasser wichtig. Wie man zu diesen Zahlen kommt, erklären wir hier.

Auf diese Frage, warum das so ist, eine allgemein gültige Antwort zu finden, ist schwierig. Betrachten wir deshalb zunächst einmal die Unterschiede zwischen den beiden Gasen und versuchen wir, diese Unterschiede mit ihrer Löslichkeit in Verbindung zu bringen.

Vorneweg ein Hinweis: Wassermoleküle bilden um das zu lösende Gasmolekül nicht nur Hydratkäfige, sondern können auch Wasserstoffbrücken bilden.

Zurück zu den Gasen: Beide bestehen aus binären Molekülen: O2 und N2.

1.

Beim Stickstoff sind die Elektronen auf Grund der Dreifachbindung hauptsächlich zwischen den beiden N-Atomen lokalisiert, wo sie ziemlich stabil angeordnet sind.

Anders beim Sauerstoff: Die Sauerstoffatome zeigen ein völlig anderes Elektronenmuster als der Stickstoff. Bekanntlich ist Sauerstoff paramagnetisch, weil es ein Biradikal ist.

Ungleiche und weniger stationäre Ladungsverteilung ist ein Angriffspunkt für polare Lösungsmittel wie Wasser. Hier ist der Sauerstoff im Vorteil: Er hat mehr nichtbindende Elektronen-Paare als Stickstoff; dazu kommen noch die ungepaarten, radikalischen Elektronen.

2. Vielleicht spielt auch die unterschiedliche EN (Sauerstoff: 3,5 und Stickstoff: 3) eine Rolle.
3. Auffällig sind auch die unterschiedlichen Bindungslängen: Sauerstoff 1,2074 und Stickstoff 1,0976 Ångström. Das mag für die Bildung der Wasserkäfige wichtig sein.

Für unsere Überlegungen der Wechselwirkung zwischen Gasen und Lösemittel spricht vor allem Folgendes: Verändert man die Eigenschaften des Lösungsmittels durch Zusatz von Elektrolyten, sollte sich auch die Löslichkeit von solchen Gasen anders darstellen. So kann man tatsächlich die Löslichkeit durch Lösungskonkurrenz ändern. Bekannt ist der Aussalzeffekt auf gelöste Gase: Gibt man zu einer gesättigten Gaslösung die konzentrierte Lösung eines Inertsalzes wie Natriumchlorid, so entweicht das Gas (-> Versuch). (Für Spezialisten: Ionische Salzlösungen beeinflussen sehr stark die Aktivitätskoeffizienten.)
Deshalb ist die Löslichkeit von Sauerstoff und Stickstoff im Meerwasser auch geringer als in Süßwasser oder gar in destilliertem Wasser.

Die positive Wirkung von ungelösten Salz- (oder Zucker-)Kristallen auf das Austreiben in Wasser gelöster Gase beruht dagegen auf einem anderen Effekt.

(Dank für Diskussion an Dr. E. Diemann)


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Letzte Überarbeitung: 24. März 2013, Dagmar Wiechoczek