4.6 Enzyme

Enzyme sind Biokatalysatoren. Sie bauen spezifisch jeweils ein bestimmtes organisches Substrat in immer gleicher Art und Weise ab.

Folglich sind mehrere verschiedene Enzyme als Bestandteil in Wasch- und Reinigungsmitteln enthalten:

Proteasen: bauen Eiweißverschmutzungen ab.
Amylasen: bauen Stärkeverbindungen ab.
Lipasen: bauen Fettverschmutzungen ab.

In Waschmitteln sind Proteasen die meistverwendeten Enzyme. Etwa 80 % aller Waschmittel enthalten diese Enzymgruppe.

Ohne Enzyme sind viele organische Anschmutzungen (Milch, Kakao, Blut, Ei) nach ihrer Trocknung kaum noch zu entfernen, da Eiweißbestandteile fest an textilen Fasern haften und schwer wasserlöslich sind.

Am Beispiel einer Protease soll die Wirkungsweise von Enzymen erklärt werden. Proteasen bauen Eiweiß durch Spaltung der Peptidbindung in wasserlösliche Bestandteile ab. Schematisch kann dieser Vorgang folgendermaßen veranschaulicht werden (-> Abb. 8):


Abb. 8: Wirkungsweise eines Enzyms (schematisch)

Das Enzym wird bei dieser Reaktion nicht verbraucht. Dies ist ein entscheidender Vorteil, der es ermöglicht, dass Enzyme auch in kleinen Mengen sehr wirkungsvoll eingesetzt werden können. Bei ausreichend langer Einwirkungszeit kann theoretisch eine sehr kleine Menge Protease eine unbegrenzte Menge Eiweiß abbauen. Enzyme sind aber keine Wundermittel gegen organische Anschmutzungen. Bei ihrer Verwendung sind bestimmte Einschränkungen zu beachten:

Enzyme haben ein Temperaturoptimum. Sie sind grundsätzlich nur in einem begrenzten Temperaturbereich wirksam, der meist zwischen 20 °C und 65 °C liegt. Eine Protease, deren Wirkungsoptimum bei etwa 60 °C liegt, hat bei 30 °C nur noch 5 bis 10 % ihrer optimalen Wirkung. Umgekehrt kann das Enzym bei 95 °C schon nach einigen Minuten völlig unwirksam sein. Enzyme müssen also temperaturabhängig verwendet werden. Sie werden auch industriell aus dementsprechend angepaßten Mikroorganismen hergestellt.

Das erste proteolytische Enzym Alkalase ist in alkalischem Medium bis maximal 65 °C stabil. Heute gibt es auch schon Enzyme, die ausreichend lange bei 95 °C stabil sind.

Die meisten Waschmittelenzyme haben ein pH-Optimum, das im alkalischen Bereich zwischen pH 9 und pH 11 liegt. Auch die Alkalase gehört zu dieser Gruppe, wie der Name bereits andeutet. Außerhalb dieses pH-Bereiches muss die Wirkung vieler Enzyme deutlich nach. Nur wenige Enzyme sind in ihrer Wirkung kaum pH-abhängig.

Da Enzyme trotz zum Teil hoher Temperatur- und Alkalistabilität leicht denaturierbare Proteine sind, sind sie empfindlich gegen verschiedene Waschmittelbestandteile, beispielsweise gegenüber oxidierenden Bleichmitteln, aber auch gegenüber Tensiden und Enthärtern.

Proteasen sind für Naturfasern wie Wolle oder Seide nicht geeignet. Wolle und Seide sind selbst Proteine und würden deshalb von Proteasen angegriffen. Die Fasern können beschädigt werden.

Die Verwendung von Enzymen ist unter dem Gesichtspunkt der Waschmittelwirksamkeit und des Umweltschutzes zu befürworten. Enzyme sind bereits in kleinsten Mengen hoch wirksam, so dass eine größere Menge anderer waschaktiver Substanzen eingespart werden kann. Außerdem sind Enzyme biologisch vollständig abbaubar und ungiftig.

Ein Nachteil der Proteasen liegt jedoch in der Handhabung. So kann auch das Hautprotein durch Proteasen angegriffen werden, wenn mit ungeschützten Händen in der Waschlauge gearbeitet wird. Auch die Schleimhäute können beim Einatmen von enzymhaltigem Waschmittelstaub angegriffen werden. Ein großes Risiko bei der Handhabung stellt die allergene Potenz von Proteasen dar, die als organische Makromoleküle im Körper sehr leicht und zum Teil sehr heftige Immunreaktionen auslösen.

Von den trockenen Pulvern geht für die Haut kaum eine Gefahr aus, weil Enzyme in der Regel in Form von umhüllten Mikrokapseln in Waschmitteln enthalten sind. Die Hülle schützt den Anwender. Außerdem sind moderne Waschmittel kaum staubend, so dass enzymhaltige Mikrokapseln nur bei unsachgemäßer Handhabung eingeatmet werden können. Die industrielle Verarbeitung ist jedoch nur unter geeigneten Sicherheitsvorkehrungen unbedenklich.

Ein weiterer Gesichtspunkt, den Kritiker häufig anführen, ist die angeblich umweltschädliche Herstellung von Enzymen. Hierzu muss gesagt werden, dass die Enzymherstellung fast immer biotechnologisch, also in so genannten Fermentern erfolgt. Die Protease Alcalase, die oben bereits erwähnt wurde, wird durch Fermentation mit dem Mikroorganismus Bacillus licheniformis hergestellt. Grundsätzlich kann diese Produktionsweise nicht verurteilt werden. Die Biotechnologie ist eine eher wenig umweltbelastende Produktionsweise, da sie vollständig auf der Ausnutzung von natürlichen Stoffwechselvorgängen beruht. Kritiker meinen deshalb auch nicht die Enzymherstellung, sondern die gentechnologische Manipulation von Mikroorganismen für die Enzymproduktion.

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Letzte Überarbeitung: 29. Juli 1998