Ohne Feuer keine Menschheit

Experimente:
Versuch: Wir bauen uns ein einfaches Öllämpchen


Im Mittelpunkt vieler religiöser Kulte stand und steht immer noch die Verehrung der Sonne. Bekanntestes Beispiel im Berliner Ägyptischen Museum: Echnaton, der über seinen Sonnengott Aton stolperte. Diese Verehrung ist aus heutiger Sicht gar nicht so unbegründet, wenn man sich daran erinnert, dass die Energie, die in Biomasse und in fossilen Brennstoffen gespeichert ist, letztlich Strahlungsenergie der Sonne ist.

Die Geschichte der Menschheit ist eng mit der Geschichte der Energieumwandlung verbunden. Daran erinnert auch die Sage von Prometheus: Dieser Halbgott hatte nach den Vorstellungen der Griechen nicht nur die Menschen erschaffen (er formte sie aus Erde, und die Göttin Athene hauchte ihnen Atem ein), er brachte ihnen auch alle Arten von Wissenschaft und Technik bei und erhob sie dadurch über den Zustand der Tiere.
Vor allem aber brachte er den Menschen - entgegen dem ausdrücklichen Willen des Göttervaters Zeus - das Feuer. Dazu entzündete er an der Sonne einen trockenen Blumenstängel und brachte die Glut den Menschen.
Der Kern dieses Mythos ist nach wie vor gültig, denn das erste Feuer kam vom Himmel: wohl in Form von Blitzen oder durch Linseneffekte von Wassertropfen in gleißendem Sonnenlicht *). Die Beherrschung des Feuers ist sicherlich eine der bedeutendsten Marksteine in der Entwicklung der Menschen.

Denn das einmal gefundene Feuer musste planend bewacht werden. Einmal unbeaufsichtigt konnte es verlöschen - sicherlich ein riesiger Verlust, solange man es noch nicht selbst entzünden konnte. Andererseits ging vom Feuer (und geht immer noch) eine ständige Bedrohung aus: Gar zu schnell verselbständigte es sich, ein Brand vernichtete Unterkunft, Umgebung, Vorräte und Leben.


Holz, also Biomasse, war sicherlich der erste Brennstoff. Das weiß man von steinzeitlichen Feuerstellen, die Archäologen ausgegraben haben. Später kamen Fett und fette Öle als Brennstoffe hinzu und dienten auch zu Beleuchtungszwecken, etwa zum Betrieb von Fackeln und Öllämpchen mit Docht.

(Foto: Daggi)


Obwohl man sich schon zur Zeit der Sumerer und Assyrer des Erdöls bediente, blieb das eher die Ausnahme. (Der griechische Name für Erdöl, naphtha, stammt vom assyrischen nabatu, brennen, leuchten.) Das Erdöl wurde vor allem als Leuchtmittel und schon früh als napalmartige Kriegswaffe eingesetzt. Hier ist auch das griechische Feuer zu nennen, regelrechte Flammenwerfer. Es war lange Zeit das Staatsgeheimnis im byzanthinischen Reich und wurde im Kampf gegen die osmanischen Schiffe eingesetzt.

Mit der an verschiedenen Orten zutage tretenden Steinkohle konnte man noch nichts anfangen. Zwar waren in Nordeuropa vor allem stinkende Torffeuer in Betrieb. Der wichtigste Brennstoff war und blieb lange Zeit das Holz.
Die Lüneburger Heide war noch im 15. Jahrhundert mit einem dichten Mischwald bewachsen, der dann rasch als Brennstoff zur Gewinnung von Salz zum Einpökeln von Heringen, dem Haupthandelsgut der Deutschen Hanse, abgeholzt wurde. Bei vielen technischen Prozessen, wie etwa zum Verhütten sowie zum Schmelzen und Schmieden von Eisen benötigte man das Destillationsprodukt von Holz, Holzkohle, da Holz wegen der verdampfenden Anteile beim Verbrennen zu wenig Energie liefert. Hieraus entstand das Köhlerhandwerk, mit schlimmen Folgen für den Wald (wie im Siegerland). Dazu muss man wissen, dass man zur Herstellung von einer Tonne Roheisen zwei Tonnen Holzkohle benötigte. Zusätzlich musste das Roheisen noch viermal "gefrischt", d.h. zur Reduktion des Kohlenstoffgehalts geglüht werden, bevor daraus waffenfähiger Stahl entstand. In England hatte sich die Lage vor der Ablösung der Holzkohle durch Steinkohle derart zugespitzt, dass ein Chronist 1618 die Situation wie folgt beschrieb: "Wenn Judas den Christus in Schottland verraten hätte, so wäre es schwer gewesen, einen Baum zu finden, um ihn aufzuhängen".
Erst als man zum Ende des 18. Jahrhunderts lernte, Wälder zu bewirtschaften, kam es wieder zu Aufforstungen.

Wegen der Endlichkeit der Vorräte an Holz und der mühsamen Gewinnung von Holzkohle, die vor den meisten Verwendungen in der Technik vorzunehmen war, konnte sich eine Industrie nicht entwickeln. Das änderte sich, als es gelang, die Steinkohlevorräte auszunutzen, und vor allem, als man lernte, Koks herzustellen und dabei noch auf das Stadtgas als Brennstoff stieß. Damit begann eine sprunghafte Entwicklung der Industrie, die direkt an die Entwicklung der Brennstofftechnologie gekoppelt ist.

Parallel zur Energieumwandlung lernte man, dass beim Destillieren von Holz durch den Köhler, von Kohle beim Verkoken sowie beim Auftrennen von Erdöl eine Vielzahl von Stoffen anfiel, die man zu chemischen Produkten wie Farben, Medikamenten, Kunststoffen usw. verarbeiten konnte. Damit ist die Verfeinerung der Technologie der Energieumwandlung durch Verbrennungsreaktionen immer mit der zunehmenden Entwicklung der chemischen Industrie verbunden gewesen.

In der Mitte des letzten Jahrhunderts begann die Erdöltechnologie. Die erste gezielte Bohrung erfolgte 1859 in den USA. In den modernen Industriestaaten haben Erdöl und Erdgas die Kohle als Energieträger inzwischen von Platz Eins verdrängt.

Die Menschheit hat nie gelernt, mit den Brennstoffen sparsam umzugehen. Das Gefühl, über schier unerschöpfliche Reserven zu verfügen und deshalb sorglos mit ihnen umgehen zu können, ist wohl sehr alt. Not stellt sich nur dort ein, wo (wie in der Sahelzone) direkt auf Biomasse wie Holz zurückgegriffen werden muss.
Solange nur wenig Menschen auf unserem Planeten lebten, hatte die Verschwendung von Rohstoffen auf deren Lebensbedingungen wenig Einfluss. Aber wir werden immer mehr Menschen mit immer größeren, Energie verbrauchenden Ansprüchen. Unser Energiebedarf steigt immer noch Jahr für Jahr stärker an. Und das trotz aller Bemühungen um immer bessere Ausschöpfung des Energieinhalts von Primärenergieträgern.
Wir lernen zwar, vor allem in Notzeiten, dass man zur Schonung von Ressourcen Energie sparen musste. (Früher personifizierte man den Energieverschwender z. B. mit "Kohlenklau".)

Wir haben aber erst sehr spät (vielleicht zu spät) gelernt, dass es nicht allein die fehlenden Ressourcen sind, die zum sparsamen Umgang mit Energie Anlass geben. Erst seit etwa 1979 weiß es auch die Allgemeinheit: Verbrennungsprodukte und Abwärme schädigen Lebewesen und Atmosphäre. Die Erde wird zunehmend aufgeheizt und immer mehr ungeschützt der UV-Strahlung der Sonne ausgesetzt.
Und bei dem allen nimmt die Anzahl von Menschen immer rascher zu.



*) Siehe hierzu den Film "Die lustige Welt der Tiere", wo gezeigt wird, wie eine Webervogel-Kolonie in Brand gesetzt wird.

Quelle: [6]


Weitere Texte zum Thema „Auto“


Literatur


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 07. Februar 2012, Dagmar Wiechoczek