Öl verschmutzt Gewässer - was man dagegen tut

Experimente:
Versuch: Öl verschmutzt Wasser
Versuch: Reinigung von mit Öl verschmutztem Wasser
Versuch: Modellversuch zur Grundwasserverseuchung durch Dieselkraftstoff

Prächtiger Ölfleck auf einem Parkplatz
(Foto: Blume)


Jeder kennt die Öllachen und Ölflecken auf dem Wasser. Sie zeigen oftmals bunte Farbenspiele. (Wie die Farben entstehen, erklären wir in einem Tipp des Monats.)

Bei Autounfällen sorgt die Feuerwehr nicht nur für Brandbekämpfung, sondern zunehmend auch zum Schutz von Boden und Gewässer vor auslaufenden Treibstoffen oder - bei umgekippten Tanklastzügen - Heizöl.

Heizöl oder Dieselkraftstoff, die in Gewässer gelangen, machen es als Trinkwasser ungenießbar, verschmutzen es also. Verschmutzen setzt jedoch voraus, dass etwas Dieselkraftstoff ins Wasser übergehen muss. Oder anders gesagt: Dieselkraftstoff muss sich in Wasser lösen - auch wenn es nur davon Spuren sind.

Hoppla, denken jetzt einige Leute, das darf ja gar nicht sein. Denn überall steht geschrieben, dass Dieselkraftstoff und Wasser sich nicht vermischen. Stellt sich die Frage, weshalb Dieselkraftstoff wassergefährdend sein soll, wenn sich Dieselkraftstoff überhaupt nicht mit Wasser vermischt!

Dieselkraftstoffmoleküle bestehen aus relativ langen, unpolaren Kohlenwasserstoffketten. Wie können unpolare Moleküle mit den polaren Wassermolekülen überhaupt in Wechselwirkung treten? Wassermoleküle bilden untereinander mit Hilfe von Wasserstoffbrücken eine Art Molekülkäfig um die Kohlenwasserstoffkette, der sie umhüllt bzw. einschließt und in Lösung hält. Wenn das so verschmutzte Wasser die Kiemen von Wassertieren durchströmt, werden diese Käfige zerstört, indem die Kohlenwasserstoffe von den biologischen, lipophilen Grenzschichten aufgenommen werden. Die Ölmoleküle unterbinden dort die Tätigkeit der Biomembranen - den Gasaustausch zum Beispiel.

Das mit der Nichtmischbarkeit ist also nicht richtig: Dieselkraftstoff löst sich sehr wohl in Wasser - so wie sich auch umgekehrt stets etwas Wasser in Dieselkraftstoff befindet. Die Mischbarkeit erfolgt aber nicht über den ganzen Konzentrationsbereich - wie es etwa bei Ethanol und Wasser der Fall ist. Physikochemiker sprechen bei nicht vollständig mischbaren Flüssigkeiten von einer Mischungslücke. Die ist z. B. bei Butanol und Wasser relativ klein, zwischen Dieselkraftstoff und Wasser aber sehr groß. Sie ist sogar so groß, dass sich die Mär von der Nichtmischbarkeit hartnäckig hält. Hier sind beispielhaft Zahlen für die Löslichkeit von niederen Aromaten: Bei 20 °C lösen sich 100-1800 mg in einem Liter Wasser [1].

Letztlich sind es zwar nur Spuren von Dieselkraftstoff, die sich im Wasser lösen - und umgekehrt. Aber die Spuren reichen aus, um das Wasser nachhaltig zu verschmutzen und z. B. Wassertiere zu schädigen oder um es für uns ungenießbar zu machen. Umgekehrt kann auch das Wasser im Dieselkraftstoff stören: So kann sich im Autotank flüssiges Wasser am Boden sammeln (sogenanntes „Kondenswasser“). Denn die Mischbarkeit von Dieselkraftstoff und Wasser ist auch eine Frage der Temperatur. Häufiger Temperaturwechsel führt zur Bildung von diesem „Kondenswasser“, welches schließlich sogar die Funktion eines Dieselmotors behindern kann.

Dass sich Öl und Wasser in Spuren vermischen, erklärt auch, weshalb Wasser auch nach Entfernung der Ölschicht noch lange Zeit deutlich nach Dieselkraftstoff riecht. So konnte man früher oft den Satz hören:

Ein Liter Öl verschmutzt eine Million Liter Wasser.

Man stellt den Ölgeruch noch in einer Verdünnung 1:106 bis 107 fest. (Das kann man anhand einer Verdünnungsreihe selbst untersuchen; -> Versuch.)


Der biologische Abbau von Kohlenwasserstoffen [1]
Auch wenn es immer wieder gesagt wird, dass Kohlenwasserstoffe ultra-stabil („persistent“) sind und - einmal in die Natur gelang - nicht zu entfernen sind: Kohlenwasserstoffe werden sehr wohl durch Mikroorganismen abgebaut.

Natürlich geht das nicht besonders schnell. Die Dauer hängt wesentlich vom Verzweigungsgrad ab: Je verzweigter die Molekülketten sind, desto langsamer geht der Abbau vonstatten. Das ist auch eine Frage der Wasser-Temperatur.

Zunächst werden die Moleküle an ihrem Ende oxidiert. Es entstehen auf diese Weise Carbonsäuren. Diese werden anschließend im bakteriellen Stoffwechsel wie Fettsäuren behandelt. Das Stichwort lautet β-Oxidation. Der oxidative Abbau führt deshalb letztlich zur Essigsäure bzw. zu Acetyl-CoA, einer zentralen Schnittstelle im biochemischen Geschehen.

Es ist deutlich, dass beim Abbau von Kohlenwasserstoffen sehr viel Sauerstoff verbraucht wird. Dadurch werden auf Sauerstoff angewiesene höhere Lebewesen in mit Öl belasteten Gewässern zusätzlich beeinträchtigt.


Was man gegen Wasser-Verschmutzung durch Öl unternimmt
Zunächst versucht die Feuerwehr, die Ausbreitung der Hauptmenge des auf der Wasseroberfläche schwimmenden Öls zu verhindern, indem sie mechanische Ölsperren baut. Dann streut sie Ölbindemittel auf die Öllache. Das sind hochadsorptiv wirkende Stoffe wie der Kunststoff Polyurethan, der Öl begierig an sich bindet und der als Schaum über eine riesige Oberfläche verfügt (-> Versuch).

Und wenn dennoch etwas Öl ins Grundwasser sickert (-> Versuch)? Dann muss man das Öl im Verlauf der Trinkwasseraufbereitung entfernen. Hierzu leitet man das Trinkwasser durch einen Aktivkohlefilter (-> Versuch). Die unpolare Kohle bindet die Kohlenwasserstoffe (neben anderen unpolaren organischen Verbindungen wie Pestiziden, Farbstoffen oder chlorierten Kohlenwasserstoffen). Nach dieser Behandlung ist das Trinkwasser wieder geruchlos und frei von organischen Verbindungen.


Literatur:
[1] R. Krümmel, S. Papp: Umweltchemie. VEB Deutscher Verlag für Grundstoffchemie. Leipzig 1988.


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Letzte Überarbeitung: 27. Juli 2015, Dagmar Wiechoczek