Warum man meint, dass die Erbauer der Pyramiden Linsen aßen

Um der Cheops-Pyramide in Ägypten liegen viele linsenartige Steinchen herum. Das sollen versteinerte Linsen sein. Stimmt das?

Wir erinnern uns sicherlich, dass es eine biblische Geschichte gibt, in der die „Kinder Israels“ die Pyramiden bauen mussten und dafür vom zuständigen Pharao nur Linsen zum Essen bekommen haben. Auch Esau hat einschlägige Erfahrungen. Er verkaufte bekanntlich gegen ein Linsengericht sein Erstgeburtsrecht an Jakob (Genesis 25, 29-33).

Bei den runden Steinchen handelt es sich jedoch um herausgewitterte riesige Einzeller, um Foraminiferen. Das sind Einzeller, die allerdings viele Zellkerne enthielten. Sie waren vor allem im Eozän gesteinsbildend. Man spricht von Nummulitenkalk (vom lat. nummus, Münze). Mit diesem Kalkgestein wurden die Pyramiden von Giseh gebaut. Die runden Steinchen waren wohl der Grund für die Legende mit den Linsengerichten, mit denen der Pharao die Israeliten gelabt haben soll.

Bild 1: Nummulitenkalk (Narbonne, Südfrankreich). Die große Schale (Durchmesser 3,5 cm) stammt aus Mainz (Tertiär)
(Foto: Blume)


Ein wichtiger Tipp: Sammeln Sie in Ägypten oder anderen Ländern wie der Türkei auf keinen Fall diese oder andere Steinchen ein! Man könnte es Ihnen als Diebstahl von Altertümern auslegen, und Sie verschwinden in einem der für diese Länder typischen, heimeligen Gefängnisse.

Zum Sammeln muss man gar nicht in diese Länder fahren. Denn Nummulitenkalke gibt es bei Mainz („Mainzer Becken“), um Paris und in Südfrankreich, z. B. bei Narbonne Plage.

Auch an der Küste von Kroatien liegen die teilweise mehrere Zentimeter großen "Münzen" herum. Gerade hier findet man sie auch aufgespalten oder angeschliffen; dann erkennt man (wie auch im oberen Bild in der Mitte des unteren Steins) eine innere Kammerstruktur. Das verwechseln viele Leute mit den gekammerten Gehäusen von Ammoniten. Diese Kopffüßler waren aber schon im Tertiär, also zur Blütezeit der Nummuliten, ausgestorben.

Nummuliten spielen wie andere Einzeller (wozu auch die Foraminiferen gehören; das sind Kieselalgen) eine wichtige Rolle als Leitfossilien. Das sind Fossilien, die für eine bestimmte Gesteinsschicht typisch sind und deshalb ihre Bestimmung ermöglichen. Der Grund: Da diese Mikroorganismen eine Vielzahl von Arten gebildet haben, die sich anhand der Schalenformen sehr gut unterscheiden lassen, und weil sie außerdem nur über kurze Perioden der Erdzeitalter lebten, sind sie zur Datierung von Schichten hervorragend geeignet. Gerade bei der Suche nach Erdöl („Prospektion“) greift man gern auf diese fossilen Mikroorganismen zurück. Denn die üblicherweise genutzten Leitfossilien, also Ammoniten oder Muscheln (usw.) sind zu groß und von zu geringer Häufigkeit, als dass sie überhaupt in den ca. 20 cm messenden Bohrkernen auftauchen könnten. Deshalb sitzen dann Spezialisten am Mikroskop und durchmustern hunderte oder tausende Meter lange Bohrkerne…


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Letzte Überarbeitung: 22. Juli 2008, Dagmar Wiechoczek