Feinpräparation von Fossilien

Die schönsten Fossilien sind diejenigen, die durch natürliche Verwitterung freigelegt wurden.

Bild 1: Aufgelesene, freigewitterte Ammoniten aus der Schwäbischen Alb. Maximaler Durchmesser 2,5 cm
(Foto: Blume)


Herumliegende „Lesestücke“ (von „auflesen, sammeln“) sind aber selten geworden. Man kann sie z. B. noch in Bachbetten, am Strand unter Kreidefelsen oder in Erdrutschen finden. Heute muss man aber in Steinbrüchen und Gruben suchen. Das hat aber auch gewisse Vorteile: Nicht selten werden Fossilien durch Verwitterungsprozesse beschädigt. Aus dem eher silbergrünen Pyrit (FeS2) der Ammoniten wird zum Beispiel Limonit (Fe2O3 · H2O). Allerdings glänzen dessen dünne Schichten manchmal richtig golden, worüber sich manche Sammler freuen. Sie sprechen dann liebevoll von „Goldschnecken“. Im Allgemeinen sehen diese Pyritammoniten bald eher rostig aus - wenn sie nicht von vornherein ganz zerfallen sind. Deshalb lohnt es sich schon, in frischen Tongruben-Aufschlüssen zu sammeln.

Bild 2: Unbearbeiteter Ammonit aus dem Muschelkalksteinbruch (Ceratites). Durchmesser der Stufe 40 cm
(Foto: Alex Blume)


Da muss man selber ran, um die Fossilien freizulegen. Das kann einmal auf mechanischem und dann auch auf chemischem Wege erfolgen. Letztlich ist das eine „beschleunigte Verwitterung“.

Gleich vorneweg: es gibt keine allgemein gültige Methode zur Präparation. Jeder Stein erfordert genaue Prüfung und Überlegungen, wie vorzugehen ist. Oftmals führt die Präparation zur Zerstörung. Das gilt gleichermaßen für die mechanischen wie die chemischen Methoden.

Vor allem Anfänger zerstören viel, weil sie zu hastig arbeiten, um das Fossil, von dem oft nur ein Stückchen herausschaut, freizulegen. Leider zu oft bestätigt sich der alte Geologenschnack:

Zunächst sollte man sich bewusst machen, dass nicht alles freigelegt werden muss. Im Gegenteil: Oftmals sind Fossilien, die noch einen Steinrest (Matrix) tragen, dekorativer als völlig freigelegte Stücke, von denen vielleicht sogar noch die eine oder die andere Ecke fehlt oder durch die Präparation beschädigt ist. Solche Matrix-Fossilien-Einheiten nennt man eine Stufe.


Noch ein wichtiger Hinweis:
Alle Präparationstechniken sollte man nicht gleich am besten Stück anwenden. Man muss sie unbedingt zunächst an ähnlichen, aber weniger wertvollen Stücken aus dem gleichen Fundort erproben. Deshalb sollte man immer einige weniger gute Stücke („Schrott“) mit einsammeln.


Mechanische Feinpräparation
Zur mechanischen Feinpräparation eignen sich vor allem kleine Hämmerchen und Meißel sowie Präpariernadeln. Am besten sind dazu Schusterahlen geeignet, die man sich noch zu kleinen Meißeln zuschleifen kann. Vom Sandstrahlgebläse ist abzuraten, denn die Sandkörner zerstören die feine Struktur etwa von erhaltenen Muschelschalen.

Kratzer kann man mit etwas Steinpolitur übertünchen.

Wenn es passiert, dass ein Stück bricht, sollte man alle Stücke zusammenkehren. Man kann das Fossil mit Kunstharz- oder Sekundenkleber wieder zusammensetzen. Solch ein Stück darf aber nicht ohne Hinweis versehen bleiben! Viele Händler verkaufen solche kunstvoll reparierten Stücke für viel Geld und behalten lieber die heilen Stücke für sich… Das ist schlicht Betrug.


Chemische Feinpräparation
Wenn die mechanische Präparation nichts bringt, kann man es mit der chemischen versuchen. Dazu muss es zwischen Fossil und Matrix deutliche chemische Unterschiede geben, was die Zersetzlichkeit in bestimmten Chemikalien wie Säuren oder Laugen betrifft.

Kalk wird durch Säuren zersetzt
Man nimmt hierzu verdünnte Salzsäure oder Essigsäure. Keine Schwefelsäure nehmen, denn die bildet aus dem Kalkstein schwerlöslichen Gips.

CaCO3 (schwer löslich) + 2 HCl ———> CaCl2 (löslich) + H2O + CO2

Dabei muss man aber mit stark verdünnten Säuren arbeiten. Denn zu starke Gasentwicklung bei der Zersetzung kann das Fossil beschädigen und bei der Matrix zu hässlichen Rillen führen.

Auf diese Weise kann man verkieselte Fossilien herauslösen – wie etwa die Korallen von Nattheim in Baden-Württemberg (-> Bild).

Bild 3: Stufe mit verkieselten Fossilien aus Nattheim.
Die Fossilien wurden mit Essigsäure freigelegt. Durchmesser der Stufe 4 cm
(Foto: Blume)

Vorsicht ist jedoch geboten, wenn man auf diese Weise verkieste Fossilien, also solche aus Schwefeleisen (Schwefelkies FeS2 wie Pyrit und Markasit), herauslösen will. Denn oftmals wird dadurch der unaufhaltsame Zerfall dieser Fossilien eingeleitet. Außerdem enthalten manche verkieste Fossilien im Innern Calcitkristalle, die dann ebenfalls mit angegriffen werden.

Ton, Mergel und Oolithe werden durch Laugen zersetzt
Wenn säureempfindliche Kalkfossilien oder Fossilien aus Schwefelkies in Ton, Mergel oder Oolith eingeschlossen sind, kann man sie mit Laugen freilegen. Dazu legt man Kaliumhydroxidplättchen (Ätzkali) auf die Fossilien und das umgebende Gestein. Das Ätzkali ist hygroskopisch und wird feucht. Nach kurzer Zeit beginnt die Matrix um die Kalkschale des Fossils aufzuquellen.

Bild 4: Ammonit (Parkinsonia; Dogger) mit KOH-Plättchen
(Foto: Alex Blume)


Man lässt ein paar Tage stehen, spült den „Gruscht“ ab und belegt die bereits deutlich angeätzten Stellen erneut. Es kann zwar lange dauern, bis das ganze Fossil freigelegt ist. Aber der Erfolg gibt Recht: Man erhält so ein Stück mit den feinsten Einzelheiten.
Ein Problem ist, dass sich abschließend die Laugenreste nur schwer aus dem Stein entfernen lassen, so dass das Teil immer wieder ausblüht. Deshalb legt man es zuletzt für kurze Zeit in verdünnte Essigsäure und wässert es danach ein paar Tage lang – am besten in destilliertem Wasser (Bügeleisenwasser ohne Zusätze), das man immer wieder erneuern muss.

Gefahrenhinweis: Ätzkali ist wie der Name schon sagt stark ätzend.

Beim Arbeiten mit Ätzkali muss man unbedingt Gummihandschuhe tragen. Nicht mit den Händen an Mund oder Auge kommen! Die Stücke dürfen keinesfalls in Kinderhände geraten. Auch Haustiere sind in Gefahr.
Im Falle einer Verätzung mit verdünnten Säuren (z. B. Essigsäure oder Citronensäure) behandeln.
Entsorgung: Zunächst muss man die Lauge durch Säurezugabe neutralisieren. Wenn das nicht möglich ist: Die Lösungen und Reste sammeln und zur Sonderabfallentsorgung bringen. Auf keinen Fall ins Klo gießen.
Auch verdünnte Lösungen greifen Porzellan an, also auch die Glasur von Waschbecken und Toilette!

Der chemische Hintergrund der Präparation mit KOH ist, dass es Oxide gibt, die sich in Laugen auflösen. Das sind vor allem die des Aluminiums und des Siliciums. Siliciumdioxid SiO2 ist ein Säureanhydrid, das Salze bildet, während Aluminiumoxid Al2O3 ein amphoterer Stoff ist, der Anionen bildet (Aluminate). Hier folgen formale Reaktionsgleichungen:

SiO2 + 2 KOH ———> K2H2SiO4

Al2O3 + 2 KOH ———> 2 KAlO2 + H2O

Das betrifft dann insgesamt auch Silicate wie die Tonmineralien, die als polymere Verbindungen mit KOH unter Zersetzung der Kristallgitter reagieren.
Nicht zersetzt werden Eisenoxide, so dass auch eisenoxidhaltige Fossilien auf diese Weise präpariert werden können.

Bild 5: Stufe vor und nach Behandlung mit KOH. Man erkennt die Dogger-Ammoniten Proplanulites und Perisphinctus sowie einen Belemniten. Länge der Stufe 15 cm
(Fotos: Alex Blume)

Man kann mit der KOH-Methode auch feinste Strukturen freilegen. Das gilt z. B. für Calcit-Seeigel aus dem stark verfestigten Sediment der mergeligen Oberkreide des Teutoburger Waldes, wie das folgende Bild zeigt.

Bild 6: Mit KOH präparierter Seeigel (Sternotaxis trecensus, natürliche Größe; Cenoman/Oberkreide)
(Foto: Blume)


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Letzte Überarbeitung: 19. September 2011, Dagmar Wiechoczek