Verformungen von Fossilien

Oft sind die Fossilien verformt. So findet man im Ton statt eines körperlich erhaltenen Ammoniten solche unansehnlichen Stücke.

Bilder 1a und b: Verformter Ammonit (Aegoceras, Lias). Vorder- und Rückseite.
Durchmesser 7 cm
(Fotos: Blume)


Auf der einen Seite ist der gezeigte Pyritammonit voll erhalten, auf der anderen Seite eingedrückt. (Die graue Färbung resultiert übrigens aus einem Pyritüberzug, der nicht glänzt, weil er mikrokristallin ist.)

Es gibt sogar manche Fundstellen, bei denen man ausschließlich plattgedrückte Stücke findet. Der folgende Bildstreifen 2 zeigt rechts (2b) ein solches Stück. Man findet den gleichen Ammonitentyp aber auch vollständig erhalten (2a).

Bilder 2a und b: Ein und derselbe Ammonitentyp in zwei Erhaltungszuständen (Lytoceras; Lias). Durchmesser 10 bzw. 15 cm
(Fotos: Alexander Blume)


Wie kommt es zu diesen Unterschieden?
Solche Verformungen sind Folge der Sackung der umgebenden Sedimente. Ursache ist meistens abnehmender Wassergehalt. Es können aber auch durch das abfließende Porenwasser lösliche Mineralien herausgeschwemmt werden; oder Biomasse wird abgebaut. Letztere wird in Form von Gasen wie CO2, H2S, N2 oder Phosphorwasserstoff (Phosphane wie H3P) „entsorgt“. Jeder kennt die aufsteigenden Gasblasen in Moor oder Schlick – wie etwa am Wattenmeer.

Ob es nun zur Abplattung der Fossilien kommt, ist eine Frage der Geschwindigkeit von Entwässerung und Verhärtung der Sedimente. Wird der plastische Zustand der Sedimente rasch durchlaufen, bleibt die Deformation der Fossilien aus. Das kann man schön an den Ammoniten in Bild 2 zeigen.


Einbettung von Fossilien in Kalkschlämmen
Bild 2a ist ein Beispiel für eine Fossilbildung in Kalkschlämmen. Zwar beträgt die Volumenabnahme etwa 3/5 des Anfangsvolumens. Jedoch wird das Wasser in den Poren der Kalkschlämme nur kurzzeitig gehalten; die Entwässerung erfolgt sehr rasch. Hinzu kommt, dass auch die Verhärtung rasch abläuft. So bleibt die sackungsfähige Sedimentschicht dünn, der Sackungsdruck auf das Fossil ist gering. Folglich erfolgt keine Deformation des Fossils.


Einbettung von Fossilien in Ton
Anders ist das bei den Tonmineralien (Bild 2b). Die halten das Wasser zu lange, so dass sich eine dicke Sedimentschicht aufbauen kann. Die Sackungsgeschwindigkeit ist geringer, so dass der Sackungsdruck ständig zunimmt. Deshalb sind gerade in Tongruben eingedrückte Schalen von Ammoniten und Muscheln die Regel.

Hinzu kommt noch, dass sich in Tonen oftmals ein saures Milieu entwickelt, so dass die Schalen der eingebetteten Fossilien angegriffen oder sogar zersetzt werden. Das fördert natürlich die Sackung. Im letzteren Fall hat man nur noch einen Abdruck erhalten.


Einbettung von Fossilien in Kreide
Gleiches gilt auch für Fossilien in den Kreidefelsen. Die füllen sich oftmals rasch mit Feuerstein. Wir wissen, dass die Bildung von Feuersteinvorstufen (Kieselgel) und deren Aushärtung bereits in den ersten Tagen bei der Sedimentbildung abläuft. Klicke hier.

Hohle Kreide-Fossilien (wie z. B. Seeigel) sind deshalb selten und (wenn überhaupt) meistens nur in den obersten Sedimentschichten zu finden. Ein Fundort liegt in Dänemark bei Stevns Klint. Denn am Ende der Kreidezeit ist die Sedimentschicht nur noch dünn und der Sackungsdruck während der Diagenese gering.

An diesem Fundort wird weiter deutlich, dass auch die Form der eingebetteten Fossilien den Umfang ihrer Deformation beeinflusst. Ein Seeigel wird durch seinen Aufbau aus starken Kalkplatten und durch seine kugelige Form stabilisiert – er hält dem Druck länger stand als zum Beispiel eine längliche Muschel. Man kann das mit der Stabilität eines Gewölbes oder von Eiern vergleichen.


Keine Regel ohne Ausnahmen
Man muss sich jedoch darüber klar sein, dass es von Fall zu Fall auch im gleichen Sedimenttyp Unterschiede gibt. Die Deformierungen sind vor allem eine Frage der Diagenese der Fossilien, werden somit von der chemischen Umgebung beeinflusst.

So produzieren nicht alle Tongruben „Plattes“. Viele neigen zur Bildung von Geoden, und da kann ein Fossil zum Mittelpunkt einer rasch erfolgenden Geodenentstehung werden und so erhalten bleiben. Dabei füllen sich die offenen Hohlräume mit schnell aushärtendem Phosphorit (ein Mineralgemenge verschiedener Calciumphosphate). Dazu kommt noch eine rasche Pyritisierung. Auf diese Weise wird gegen die Sackung Widerstand geleistet. Ein solches Stück zeigt das folgende Bild:

Bild 3: Nicht deformierter Ammonit aus einer Tongrube. Die Luftkammern sind pyritisiert;
die Wohnkammer ist mit Phosphorit gefüllt (Perisphinctes-Gruppe; Dogger Zeta). Durchmesser 5 cm
(Foto: Blume)


Der Ammonit, den wir im Bild 1 sehen, befindet sich quasi zwischen den beiden Extremen „Vollerhaltung“ und „Plattheit“: Er stammt aus dem Lias-Ton von Lime Regis in England. Seine Wohnkammer ist schon etwas mit Phosphorit gefüllt; deshalb ist sie nicht ganz eingedrückt. Die Luftkammern sind im Begriff zu pyritisieren. Aber es hat nicht mehr ganz gereicht…

Auch im Weißjura-Kalk findet man durchaus Ammoniten, bei denen nur die gefüllte Wohnkammer dem Sackungsdruck widerstehen konnte. Man muss wissen, dass viele dieser hellen Schichten nicht aus reinem Kalk, sondern aus Mergel bestehen. Mergel ist eine Mischung aus Kalk und Tonmineralien. Deshalb verhält sich Mergel wie Ton. Das folgende Stück in Bild 4 stammt aus einem typischen Mergelsteinbruch bei Willmandingen auf der Schwäbischen Alb, in dem auch viel Bohnerz vorkommt.

Bild 4: Eingedrückter Ammonit aus dem Mergelgestein (Perisphinctes-Gruppe; Malm Delta). Durchmesser 21 cm
(Foto: Blume)


Dort gibt es aber auch körperlich voll erhaltene Stücke wie Seeigel. Die findet man aber nur in solchen Kalksteinen, die nicht sacken konnten. Das sind die fossilen Schwamm- und Korallenriffe („Schwammstotzen“). Die bestehen aus „ungebankten“ Kalken und sind keine Sedimente.


Weitere Deformierungen
Ab und zu findet man Ammoniten mit beidseitig eingedrückten Wohnkammern – obwohl der Rest des Fossils hervorragend erhalten ist. Das sind Bissspuren von Fischen: Wenn die sich ein Ammonitentier geschnappt haben, bissen sie die Wohnkammer samt Tierkörper ab.

Zu den Deformierungen zählt man auch Schwundrisse und Sprünge, die sich in der Fossilschale bilden. Grund für die Bruchdeformation ist häufig die Größe der Schale und die damit verbundene Instabilität. Ein Beispiel ist der faustgroße Seeigel in Bild 5, der zwar mit Feuerstein gefüllt ist, aber bei dem dessen Verfestigung wohl zu lange gedauert hat. So erwies sich die Seeigelschale als nicht elastisch genug, um dem Sackungsdruck der umgebenden Kreidesedimente standzuhalten. Die Sprünge sind bemerkenswert fein. Man erkennt sie manchmal nur, wenn sich der bildende Feuerstein, der in seiner Vorstufe „Kieselgel“ noch plastisch ist, durch diese Ritzen zwängt.

Bild 5: Seeigel mit Bruchdeformation (Echinocorys; Oberkreide). Höhe 7 cm
(Foto: Blume)


Weitere Deformationen entstehen durch tektonische Veränderungen wie bei den Auffaltungen von Gebirgen. Deshalb sind in den Alpen viele Fossilien regelrecht verzerrt. Das hat aber keine chemischen Hintergründe, betrifft also nicht die Diagenese.


Wir lernen aus diesem Kapitel, dass es sich lohnt, auch deformierte Stücke zu beachten und sie gegebenenfalls auch aufzubewahren. Man kann an ihnen viel über die Fossilbildung lernen.


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Letzte Überarbeitung: 30. Mai 2012, Dagmar Wiechoczek