Mineralien in Hohlräumen von Fossilien

Manche Steinesammler schwören auf das Vorkommen von Mineralien in den Hohlräumen von Gesteinen. In diesen „Drusen“ konnten die Mineralien frei wachsen und ihre gesamte Kristallschönheit voll ausbilden. Besonders interessant ist die Drusenbildung in Fossilien, die der Sackung umgebender Sedimente und der damit verbundenen Deformation entkommen sind. Denn geschlossene Fossilienräume wie in den Ammoniten oder Nautileen bieten eine Menge Platz. Das gilt aber auch für geschlossene Muscheln.

Aus diesem Grunde sollte man immer auch dem Innenleben von Fossilien Aufmerksamkeit schenken. Da wird so mancher Abfall zu einem schönen Sammlerstück.

Deutlich wird das schon, wenn man beim Steineklopfen das eine oder andere Stück aus Versehen zerschlägt. Dann kommt das Innenleben der Fossilien zum Vorschein. Zum Beispiel blinkt plötzlich ein Bergkristall auf (Bild 1).

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Bild 1: Doppelender-Quarz in einer Ammonitenkammer (Macrocephalites; Dogger). Höhe der Stufe 5 cm
(Foto: Blume)


Oder ein „Aschenputtel-Stück" (man nennt das in Sammlerkreisen auch „Krücke“), das nicht präpariert werden kann und dazu noch zerbrochen ist, wird zur echten Prinzessin (Bild 3).

Wie das mineralische Innenleben eines Fossils beschaffen ist, hängt letztlich vom Fundort und seinen geologischen Gegebenheiten ab.

Manche Fossilien sind fast komplett mit Mineralien ausgefüllt. Das ist beim folgenden Stück (Bild 2) der Fall. Es handelt sich um einen 12 cm großen Ammoniten aus Pyrit, dessen Luftkammern honigfarbenem Calcit enthalten. Man erkennt auch einen großen Calcitkristall.

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Bild 2: Geschnittener und polierter Pyritammonit (Homoeoplanulites; Dogger Delta). Durchmesser 12 cm
(Foto: Blume)


Andernorts sehen Ammoniten aber ganz anders aus, wie das folgende, nicht präparierbare, gebrochene und anschließend geklebte „Krücken-Stück" erkennen lässt:

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Bild 3: Nicht präparierbarer geklebter Ammonit mit herrlichem Innenleben
(Proplanulites; Dogger Zeta). Durchmesser 9 cm
(Fotos: Blume)


Man erkennt in den Kammern des Ammoniten gelben und orangefarbenen Siderit (Eisen(II)-carbonat; FeCO3), braunen, blättrig wirkenden Ankerit (Calcium-eisen(II)-carbonat; CaFe(CO3)2) sowie schwarzen Rauchquarz (Siliciumdioxid; SiO2). Die farblosen Kristalle bestehen aus Calcit (Calciumcarbonat, CaCO3).

Der Ammonit aus Bild 2 stammt vom Vorland der Schwäbischen Alb, der von Bild 3 von einem Fossil-Vorkommen direkt hinter der Porta Westfalica bei Minden. Hier gibt es eine Fundstelle, die sich in noch nicht allzu weit zurückliegenden geologischen Zeiten unter dem physiko-chemischen Einfluss einer vulkanischen Spalte mit mäßiger Hitze und Druck befand. Das etwa 80 °C heiße Wasser hat die Mineralien des umgebenden eisen- und silicathaltigen Gesteins (Oolith) aufgelöst. Die Lösung ist dann in die Hohlräume der Fossilien eingedrungen und hat sie aufgefüllt. In denen fielen bei Übersättigung und abnehmender Temperatur verschiedenste Mineralien aus. Die Folgen dieser Bildung sind prächtige Ansammlungen von Mineralien – wie auf dem Bild 2 zu sehen ist. Man spricht von Hydrothermalen Bildungen. Spötter sprechen auch von „Lippeschen Diamanten“.

Solche Vorgänge gab es nicht auf der Schwäbischen Alb, weshalb die Mineralienbildung hier relativ bescheiden ist. Hierzu ein anderes Beispiel: Bild 4 zeigt einen der bekanntesten Ammoniten des obersten Braunjura (Zeta), den Macrocephalites macrocephalus (locker übersetzt bedeutet das „Großkopferter Großkopf“).

Bild 4: Gruppe verschiedener Macrocephaliten (Dogger Zeta). Durchmesser bis zu 4 cm
(Foto: Blume)


Obwohl man diesen Ammoniten auch „Schwäbischen Dickschädel“ nennt, muss man wissen, dass er auch woanders als auf der Schwäbischen Alb vorkommt, nämlich auch im eben besprochenen Porta-Aufschluss bei Minden. Der Bergkristall in Bild 1 und auch die Krücke von Bild 3 stammen übrigens von der gleichen hydrothermalen Fundstelle.

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Bild 5: Zwei geschnittene und polierte Ammoniten der gleichen Art (Macrocephalites macrocephalus; Dogger Zeta).
Der rechte Ammonit (12 cm) stammt von der Schwäbischen Alb, der linke (14 cm) von der Porta Westfalica
(Fotos: Blume)

In manchen Ammoniten (wie zum Beispiel in den Amaltheen aus dem Lias-Delta) findet man ein wasserklares, muschelig bis flächig spaltendes Mineral (Bild 5a). Auffällig ist, dass sich diese Ammoniten trotz dünner „Pyrithaut“ sehr schwer anfühlen, also eine hohe Dichte besitzen. Das dafür verantwortliche Mineral ist das Calcit-analoge rhombische Strontiumcarbonat, Strontianit. Es zersetzt sich erst in heißer Salzsäure. Mit dem Mineral (besser noch mit der resultierenden Lösung) kann man bengalrote Flammenfärbungen zaubern.

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Bild 5a: Strontianit in den Kammern eines Ammoniten
(Amaltheus (7 cm), Lias Delta) (Foto: Blume)


Sulfide sind ebenfalls zu finden. Jeder kennt das Eisendisulfid, FeS2, in der Form von stabilem Pyrit oder von dem von Sammlern gefürchteten Markasit. Seine Bildung in und um Fossilien ist vor allem die Folge von mikrobiologischen Prozessen. Das ist vor allem bei dem folgenden Bild gut zu sehen.

Bild 5b: Belemnit, eingebettet in Markasit (12 cm)
(Foto: Blume)


Aber auch Bleisulfid (PbS, Galenit) ist in Fossilien anzutreffen, wie z. B. im Paderborner Land. Dieses Mineral ist hydrothermal entstanden. Das folgende Bild zeigt einen größeren, bläulich schimmernden Kristall in der Wohnkammer des Ammoniten. Auch die anschließenden Luftkammern sind mit grauem PbS gefüllt, wie man an den Lobenlinien erkennt.

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Bild 5c: Bleiglanz in einem Ammoniten (12 cm) (Lythoceras, Lias)
(Sammlung und Foto: Alexander Blume)


Auch Belemniten können hohl sein
Belemniten (Donnerkeile) können unter bestimmten Bedingungen ein erstaunliches Innenleben aufweisen. Es ist nämlich möglich, dass sich das Innere ihres Rostrums unter hydrothermalen Bedingungen in den heißen chemischen Lösungen auflöst bzw. zersetzt. Denn es besteht zunächst aus der sehr instabilen Calciumcarbonat-Modifikation Aragonit. Die Hohlräume werden anschließend wie eben beschrieben von Mineralien besetzt (Bilderreihe 6). So findet man in ihnen wasserfarbene Quarze und mehr noch dunkle Rauchquarze. In Bild 6.1 sind neben wasserklaren Quarzkristallen auch gelbliche Tafeln von Gips zu sehen.

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Bild 6: Mineralbildungen in den Rostren von Belemniten (Dogger). Die Größe liegt im Zentimeterbereich
(Fotos: Blume)


Man erkennt auf Bild 6.3, dass ein Doppelender-Bergkristall auf der Spitze des Phragmakons aufsitzt. Das erinnert an ein Zepter, deshalb spricht man von Zepterquarz. Außerdem gibt es noch ähnliche stangenartige Quarz-Bildungen, wie in Bild 6.4 gezeigt.

Kristalle in Seeigeln
Manchmal findet man in Seeigeln spitze Kristalle, die sich beim genauen Hinsehen als Calcit (Kalkspat) entpuppen. Der ganze Seeigel scheint somit eine Kristalldruse zu sein (Bild 7).

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Bild 7: Seeigel mit Calcitkristallen (Echinocorys sulcatus; Oberkreide/Tertiär-Grenze). Durchmesser 4 cm
(Foto: Blume)

Diese Kristalle sind in den hohlen Schalen der abgestorbenen Seeigel während und nach der Einbettung in das Sediment entstanden. Auslöser für deren Bildung ist, dass die Seeigel-Schalen grundsätzlich aus einzelnen Platten zusammengesetzt sind. Diese Platten wachsen beim Wachsen des Tieres in alle Richtungen mit, damit nimmt das Tier an Größe zu. (Man kann das mit dem Wachstum der Schädelknochen beim Menschen vergleichen.)

Das Material, aus dem die Platten lebender Tiere bestehen, ist ein Verbundstoff aus Proteinen und aus feinsten Kristallplättchen von Aragonit. Es entsteht enzymatisch durch Vorgänge, die wir unter dem Begriff Biomineralisation zusammenfassen. Dabei werden die Aragonitkriställchen dieser Verbundstoffe so präzise angeordnet, dass sich jede Platte nach der Einbettung ins Sediment spontan in jeweils einen Calcit-Einkristall umwandeln kann. Es kommt zur Sekundärkristallisation, wobei sich die Seeigel-Platten zu Calcitspitzen auswachsen. Dazu muss der Hohlraum mit einer Lösung von Calcium- und Hydrogencarbonat-Ionen gefüllt sein – durchaus möglich unter den Bedingungen der Sedimentbildung im Kreidemeer.

Hätten die Kristalle nicht auch nach außen wachsen können? Prinzipiell ja – aber da war ja schon das Sediment. Denn zum Wachsen benötigen schöne Kristalle vor allem eines: Genügend Raum, um sich ausbreiten zu können.

Manchmal findet man auch Seeigel, in die gleich nach der Einbettung Kieselsäure eingedrungen ist. Die ist dann in Feuerstein umgewandelt worden. Im verbleibenden Hohlraum bildet sich anschließend wie beschrieben Calcit (Bild 8).

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Bild 8: Seeigel mit Feuerstein und Calcitkristallen (Echinocorys sulcatus; Oberkreide/Tertiär-Grenze). Durchmesser 4 cm
(Foto: Blume)

Bemerkenswert ist, dass sich die Kristallformen des Calcits unterscheiden: In Bild 7 erkennen wir fast ausschließlich Calcit-Rhomboeder, in Bild 8 Calcit-Skalenoeder. Das sind keine Modifikationen, sondern nur unterschiedliche Kristallformen, hier vom trigonalen System.

Noch eine Anmerkung zu Bild 8: Man erkennt, dass die Feuersteinschicht im Seeigel schief steht. Das Fossil müsste um etwa 45° nach links gedreht werden, um seine Lage zur Zeit der Diagenese im Sediment zu beschreiben. So kann man umgekehrt auf die Lage der Sedimentschichten schließen. Man spricht von einer fossilen Wasserwaage.

Nach der eben beschriebenen Bildung von Calcitkristallen kann es noch einmal zu einem Eindringen von Kieselsäure kommen, die die Hohlräume ausfüllt und dann aushärtet. Wenn später der Seeigel aus dem Felsen gespült wird und seine Schale und damit auch der Calcit verwittern, gibt es merkwürdige Bildungen, die an der Ostsee als Oleariussteine bekannt waren (angeblich benannt nach einem estnischen Heiligen) (Bild 9).

Bild 9: Steinkern eines Seeigels mit Mehrfach-Ausscheidung von Kieselsäure. Durchmesser 2 cm
(Galerites; Oberkreide)
(Foto: Blume)


Mineralien in Holzfossilien
In verkieselten Holz-Fossilien findet man oft Achatdrusen. Wie Achat entsteht, lies hier.


Insgesamt ist das Fossiliensammeln eine anspruchsvolle Angelegenheit – nicht nur für biologisch Interessierte, sondern auch für Mineralienfreunde und auch für Chemiker. Sie schärft darüber hinaus die Aufmerksamkeit auch für das „ganz Kleine“ in der Natur.


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Letzte Überarbeitung: 14. Juli 2013, Dagmar Wiechoczek