Fossilienerhaltung mit Perlmutt

Jeder weiß, dass Schalen rezenter Tiere im Licht oftmals in allen Farben des Regenbogens leuchten. Es handelt sich um Perlmutt. (Der Name Perlmutt stammt von den Perlmuscheln, die die Rolle der Mutter der Perlen spielen.)

Das Perlmutt der Schalen von Weichtieren wie Muscheln, Schnecken und Ammoniten bestehen aus mineralischen Plättchen, die in eine organische Matrix aus Proteinen und Polysacchariden eingelagert sind (Biomineralisation). Diese Plättchen bestehen aus Aragonit, einer weniger stabilen, rhombischen Modifikation von trigonalem Kalkspat (Calcit) CaCO3. Die regelmäßige Schichtstruktur mit dem Proteinkleber zwischen den Aragonitplättchen sorgt nicht nur für hohe Festigkeit der Molluskenschalen, sondern auch für deren bekannten bunten Perlmuttglanz. Denn die Plättchen sind nur wenige 100 nm dick - das entspricht dem Wellenlängenbereich des sichtbaren Lichts. Deshalb wird das Licht wie an Tausenden von Prismen gebrochen und dazu noch am organischen Material reflektiert.

Das Perlmutt erkennt man bei rezenten Tieren oft erst, wenn die äußere Schale abgeschliffen worden ist. Auch Perlen haben daher ihren Glanz. Hinzu kommt noch, dass das Perlmutt von feinen Kanälen durchzogen ist, in denen sich Wasser befindet. Da dies auch beim Opal eine Rolle spielt, spricht man von Opaleszenz.

Unter seltenen Bedingungen bleibt die aragonitische Perlmuttschicht auch bei fossilen Schalen erhalten, weshalb diese die optischen und chemischen Eigenschaften von Perlmutt zeigen. Zwar sind die organischen Makromoleküle abgebaut worden; stattdessen durchziehen – wie beim Opal – feine Kanäle die Schale. Sie sind mit Luft oder mit Wasser gefüllt und sorgen so weiterhin für das prächtige Farbenspiel.

Bild 1: Opaleszierender Ammonit mit Originalschale (Madagaskar). Durchmesser 10 cm
(Foto: Blume)


Diese Schalen werden oftmals abgeschliffen. Dann erkennt man zwar die schönen Lobenlinien, entwertet damit aber den Sammlerwert des Stücks.

Die Schale muss nicht immer so gut erhalten sein. So heißt ein weniger spektakulärer Ammonit Leioceras opalinum. Auch dessen Name weist darauf hin, dass die Opaleszenz der Schale typisch ist.

Bild 2: Leioceras opalinum aus dem Dogger α (Heiningen bei Göppingen). Durchmesser der Stufe 8 cm
(Foto: Blume)


Im Allgemeinen wandelt sich das Perlmutt-Relikt durch Verwitterungsprozesse in eine bröselige Schicht um, die von Vielen nicht als interessant, sondern schlicht nur als unansehnlich wahrgenommen wird.

Bild 3: Aragonitschale eines Ammoniten (Pleuroceras; Lias Delta). Durchmesser 5 cm
(Foto: Alexander Blume)


Solche Leute greifen dann zu einer feinen Drahtbürste und scheuern die Schicht ab. Wenn sie dabei noch eine Messingbürste verwenden (die man sonst zum Reinigen von Wildleder nutzen sollte), wird aus dem Aragonit-Ammoniten sogar noch ein schöner goldiger „Pyrit“-Ammonit, der sich wohlfeil verkaufen lässt…

Richtige Sammler hingegen freuen sich über die Aragonitschicht, denn sie erzählt doch einiges mehr über das Fossil und seine Einlagerungsbedingungen.

Bei der Umbildung von Aragonit zu Calcit sind viele Komponenten notwendig. Es fällt auf, dass man diese Bildungen vor allem in Tongruben findet. Tonablagerungen sind für ihre schlechte Durchlässigkeit von Wasser bekannt. Somit findet der Austausch von Aragonit durch Calcit kaum statt.

In durchlässigeren Matrix-Gesteinen findet man ebenfalls schalige Erhaltungen, wie dieses Stück aus der nordfranzösischen Kreide. Dessen Schale besteht aus Calcit. Solche Schalen zeigen keinen Perlmutt-Glanz mehr.

Bild 4: Komplette Originalschale eines Ammoniten (Hoplites paonai; Unterkreide/Alb). Durchmesser 10 cm
(Foto: Blume)


Bei manchen Ammoniten kann man sogar noch erkennen, wie ihre ursprüngliche Schalenzeichnung aussah. Klicke hier.


Aber auch Pyrit kann wie Perlmutt aussehen
Wenn Schwefeleisen, also Pyrit oder Markasit, zu oxidieren beginnt, überzieht es sich mit einer feinen Eisenoxidschicht. Die kann ebenfalls opaleszieren. Hier ist es aber eine Opaleszenz, die aus der Brechung und Reflektion von weißem Licht an dünnen Schichten resultiert. Das ist so wie bei einer Seifenblase oder einem Ölfilm.
Solche Versteinerungen sehen oftmals wie mit Gold überzogen aus. Man nennt sie deshalb gern auch „Goldschnecken“.

Klick mich an!

Bild 5: Ammonit aus verwitterndem und deshalb angelaufenem Markasit. Durchmesser 10 cm
(Foto: Blume)

Man spricht in diesem Fall von „Anlauffarben“. Dafür waren früher die Vasen von Tiffany berühmt. Schade nur, dass ihnen die Künstler als farbgebendes Oxid das stark giftige CdO (Cadmiumoxid) aufdampften.

Übrigens werden auch heute noch solche Farbeffekte gewünscht. Dazu braucht man Interferenzfarbstoffe, die man z. B. Autolacken („Metallic-Glanz“) oder Lippenstiften („Gloss“) zumischt. Sie bestehen aus Glimmerplättchen, die mit dünnen Überzügen von Titandioxid beschichtet sind. Diese befinden sich in einer Matrix – meist aus organischen Stoffen. Damit hat man genaugenommen den Aufbau des Perlmutts nachgeahmt. Nur ist beim echten Perlmutt die Ausrichtung der Aragonitplättchen exakter und der optische Effekt daher eindrucksvoller.


Weitere Texte zum Thema "Fossilien"


Diese Seite ist Teil eines großen Webseitenangebots mit weiteren Texten und Experimentiervorschriften auf Prof. Blumes Bildungsserver für Chemie.
Letzte Überarbeitung: 21. Januar 2010, Dagmar Wiechoczek