Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 124
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F: Ich bin jetzt in der 12. Klasse, mache also bald Abitur und habe eine Frage, die mir richtig auf den Nägeln brennt. Warum nimmt man zur Synthese von Aspirin Essigsäureanhydrid und nicht einfach nur Essigsäure? Stimmt es, dass man dann keinen Katalysator mehr braucht?
Ich habe schon sämtliche Bücher gewälzt und habe noch keine Antwort gefunden... Vielleicht könnten Sie mir helfen!


A: Essigsäureanhydrid befindet sich energetisch auf so hohem Potential, dass zur Veresterung nur noch eine geringe Aktivierung nötig ist. Dazu reicht Zimmertemperatur aus. Damit entfällt der Einsatz eines Katalysators wie Schwefelsäure. Die würde nämlich die Salicylsäure zerstören.
Übrigens ist es schwer für Schulen, Essigsäureanhydrid zu beschaffen - denn damit kann man auch Heroin kochen (Beispiel für "Dual Use").


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F: Ich nutze seit Jahren erfolgreich Alaun-Deo. Da ich an Akne leide berichtete mir ein Therapeut, dass im Mittelalter Alaun zur Stärkung und Heilung der Haut eingesetzt wurde. Ich wüsste gerne mehr darüber, bes. die Anwendungsweise. Danke!


A: Alaun ist ein Aluminiumsalz (genau: Kaliumaluminiumsulfat). Es enthält bakterientoxische Aluminium-Ionen. Die sind für Sie nur giftig, wenn Sie davon größere Mengen schlucken. Die äußere Anwendung ist unproblematisch. Ein Hinweis: Man nahm bei Hautproblemen früher gern essigsaure Tonerde - die ist ebenfalls aluminiumhaltig.
Ich würde an Ihrer Stelle nicht lange mit Alaun "rumdoktern", sondern zu einem Hautarzt gehen. Lassen Sie sich eine 2-3-Monate-Kur (inklusive Ausklingphase) mit dem Makrolid-Antibiotikum Aknosan verschreiben und wenden Sie dazu und vor allem auch danach regelmäßig Metrogel an. Damit hat ein Bekannter von mir seine langjährige Akne niedergekämpft und ist seitdem frei von Pickeln und Hautentzündungen. Beim Aknosan müssen Sie unbedingt die Vorschriften einhalten (z. B. genauer Terminplan - wichtig wegen der Calcium-Empfindlichkeit des Medikaments. Sie dürfen deshalb 2 Stunden vor und nach der Einnahme des Medikaments keine Milchprodukte zu sich nehmen, außerdem keinen Ca-haltigen Sprudel trinken. Trinken von Alkohol ist ebenfalls strikt verboten). Stellen Sie auch Ihre Ernährung um: Vor allem keinen Kaffee trinken und keine Schokolade essen.


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F: Könnten Sie mir kurz erklären, welche Mechanismen bei der Kontaktkorrosion zwischen Eisen und Aluminium entstehen, ein erstaunliches Phänomen (man denkt ja immer, Alu "rostet" nicht - aber ganze Bereiche sind in ein blätterteigartiges Umwandlungsprodukt zerfallen), das ich vor kurzem bei einem wertvollen Auto aus Familienbesitz (aus den 30er Jahren) zum ersten mal gesehen habe...


A: Es handelt sich um eine katalysierte Korrosion. Bekannt ist wohl jedem: Die Korrosion von Eisen wird durch das edlere Kupfer katalysiert ("Lokalelement"). Und das gilt auch für die Korrosion von Aluminium durch das edlere Eisen. Lesen Sie unsere Webseiten zur Korrosion (zu finden in der Autowebseitengruppe). Tauschen Sie dabei inhaltlich Kupfer gegen Eisen und Eisen gegen Aluminium aus. Dann haben Sie den Hintergrund zum "Rosten" von Aluminium. Statt Eisen kann man übrigens auch Quecksilber als Kontaktmetall nehmen. Da gibt es richtig spektakuläre Ausblühungen von Aluminium-"Rost".


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F: Ich habe eine (wie ich annehme) recht banale frage:warum ist bei der destillation von z.b. wein der alkohol nicht hundertprozentig vom wasser zu trennen?klar, die siedepunkte liegen zu dicht beieinander, aber wozu führt das?


A: Die Frage ist gar nicht banal. Der Fakt ist komplizierter als Sie denken. Es handelt sich hier um ein azeotropes Gemisch. Solche Gemische stellen sich z. B. bei der Destillation von Ethanol und Wasser ein. Beide Stoffe sind durch Destillation nicht völlig trennbar. Gehen wir von Wein aus. Der hat ca. 10 % Ethanolgehalt. Zunächst dampfen große Mengen Wasser zusammen mit etwas Ethanol ab. Die Siedetemperatur steigt mit steigendem Alkoholgehalt an. Bei 78 °C bleibt die Siedetemperatur stehen. Diese Mischung enthält 95,6 Vol% Ethanol und 4,4 Vol% Wasser. Die Mischung siedet konstant so lange weiter, bis alle Flüssigkeit verdampft ist. Grund: Dampf und die Flüssigkeit haben ab dieser Temperatur (78 °C) eine gleich bleibende Zusammensetzung - die des azeotropen Gemischs.

Um das zu verstehen, müssen Sie das Siedediagramm (Dampfdruck aufgetragen gegen Zusammensetzung) von Ethanol/Wasser ansehen (-> Lehrbücher der Physikalischen Chemie). Zur destillativen Trennung binärer Gemische benötigen Sie einen ständigen Unterschied zwischen Kondensations- und Siedekurve. Anders gesagt: Dampf und Flüssigkeit müssen zu jeder Temperatur unterschiedlich zusammengesetzt sein. Beim azeotropen Punkt laufen beide Kurven in einem Extrempunkt (hier: Maximum) zusammen. Daher ist eine Trennung der Mischungskomponenten nicht möglich.

Reinen Alkohol stellt man her mit Hilfe chemischer Synthesen (z. B. aus Ethin -> "Carbidsprit"), durch Destillation ternärer Gemische (Toluolzusatz) oder durch Zusatz von Molekularsieben wie bestimmte Kieselgele, die die kleineren Wassermoleküle adsorbieren.


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F: Ich habe ihre Grundschulversuche im Zusammenhang mit der Papierchromatographie mit sehr großem Interesse gelesen. Allerdings hat sich eine für mich sehr wichtige Frage aus ihrer und aus anderen Quellen nicht beantwortet: Wofür ist die Papierchromatographie (abgesehen von dem R-f-Wert) nützlich?


A: Einen praktischen Punkt haben wir in den von Ihnen erwähnten Webseiten angesprochen: Die Kriminalpolizei kann das Verfahren zur Täteridentifizierung nutzen. Man macht das allerdings nicht mehr so sehr mit Papier, sondern anderen Chromatographie-Verfahren, die prinzipiell aber auf dem gleichen Effekt beruhen. Mit der Chr. kann man vor allem Stoffe trennen, auch im großen Maßstab, um sie genau untersuchen zu können. Das gilt zum Beispiel für die Blattfarbstoffe von Pflanzen. Denn ich kann die Eigenschaften eines Stoffs erst angeben, wenn ich ihn rein vorliegen habe. Weiter untersucht man damit die Reinheit von Lebensmittel und schaut nach, ob darin Gifte versteckt sind oder unerlaubte Zusatzstoffe. Chr. ist wohl das wichtigste Trennverfahren der Chemie. Es gibt mittlerweile eine unglaubliche Vielfalt an Verfahren, die auf spezielle Probleme (sprich Stoffgruppen) zugeschnitten sind.

Der Rf -Wert hat übrigens in der Grundschule nichts zu suchen...

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Letzte Überarbeitung: 17. Februar 2008, Dagmar Wiechoczek