Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 139
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F: Ich bin Schülerinn der 11. Klasse des Gymnasiums Dresden. In unserem Protokoll ist die Aufgabe gestellt, die Redoxgleichung samt Teil-RG für die obengenannte Reaktion von Glucose-Lsg. mit KMnO4 zu erstellen. Mein Problem ist, dass ich nicht das organ. Produkt weiß und für KMnO4 nur vermuten kann, dass entweder K2MnO4 od. K3MnO4 herauskommt, da wir das Experiment noch nicht durchgeführt haben.
Auch bereitet mir das Aufstellen der korr. Redoxpaare der Glucose einige Probleme - sie muss ja schließlich in der sauren Lösung als Ringform vorliegen.
Für ihre Hilfe in der Not bedanken mich schon jetzt- bitte antworten sie schnell!


A: Die Ringform ist unwichtig, da es das Produkt einer intramolekularen Additionsreaktion ist. Entscheidend ist die Oxidationsstufe.

Die Gleichungen kann man nur formal ableiten. Der Zuckeraldehyd wird zur Carbonsäure oxidiert, Permanganat zu Mn(II):

Oxidation: R-CHO + H2O ———> R-COOH + 2 H+ + 2 e-

Reduktion: MnO4- + 8 H+ + 5 e- ———> Mn2+ + 4 H2O

Multipliziere die 1. Gl mit 5, die 2. mit 2 und addiere sie. Dann fallen die e und einige Wassermoleküle heraus.

5 R-CHO + 5 H2O ———> 5 R-COOH + 10 H+ + 10 e-

2 MnO4- + 16 H+ + 10 e- ———> 2 Mn2+ + 8 H2O

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5 R-CHO + 2 MnO4- + 6 H+ ———> 5 R-COOH + 2 Mn2+ + 3 H2O


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F: Ein Artikel aus Spiegel-online zum Schiffsunglück im Hamburger Hafen wirft doch einige Fragen zur Natur der Schwefelsäure auf.

- Wie entsteht eine Dampfwolke aus "hochgiftiger" Schwefelsäure?
- Wodurch entsteht eine derart bedrohliche Menge Knallgas?


A: Zunächst zur Giftigkeit der Schwefelsäure. Seien wir mit der Begrifflichkeit des SPIEGEL nachsichtig: Die Giftigkeit ist hier nicht toxikologisch, sondern im Sinne der starken Ätzwirkung und der zerstörerischen Wirkung auf organisches Gewebe zu verstehen.

Nun zum Vorgang: Wie wir gehört haben, ist Schwefelsäure ausgetreten.

Konzentrierte Schwefelsäure verdampft nicht - anders als etwa konzentrierte Salzsäure, aus der ja ständig riesige Mengen an HCl-Gas entweichen. Wenn aber die konzentrierte Schwefelsäure mit Wasser vermischt wird, heizt sie sich heftig auf; es bilden sich schlagartig große Mengen an Dämpfen, die aus Schwefelsäure-Aerosol bestehen. Die verätzen die Atemwege. (Solche Unfälle gibt es auch im Labor. Lesen Sie dazu unseren Tipp des Monats Dezember 1998.)

Konzentrierte Schwefelsäure kann in Eisentanks gelagert und transportiert werden, da sie das Eisen nicht angreift. Der Grund ist, dass konzentrierte Schwefelsäure als Oxidationsmittel wirkt und das Eisen mit einer Oxidschicht überzieht; es wird passiviert. Wird die Schwefelsäure aber verdünnt, ist das anders: Dann zersetzt sie das sie umgebende Eisen rasch unter Wasserstoffentwicklung. So hat man früher Wasserstoff hergestellt - zum Beispiel für die erste Ballonfahrt der Brüder Montgolfier! Der Wasserstoff mischt sich mit Luft - schon haben wir das Knallgas.

Die SPIEGEL-Meldung ist also in Ordnung.


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F: Ich habe an einer Terasse ein Edelstahlgeländer über eine Mauerabdeckung aus Titanzink ( vorbewittert) montiert.
Das Geländer hat keinen Kontakt zum Zink, an den Auflagerpunkten wurden Moosgummiunterlagen (oder ähnlich) eingesetzt.
Nach ca. einem Jahr zeigen sich nun jedoch auf der Zinkabdeckung Korrosionsspuren. Diese befinden sich nicht an den Lagerpunkten (eventuelle durch Verwendung von zu dünnem Moosgummi) sondern an den Stellen, an denen das Regenwasser vom Geländer auf die Zinkabdeckung tropft.
Wie kann es, trotz elektrischer Trennung, zu dieser Reaktion kommen?


A: So, wie Sie das schildern, sehe ich das Ganze als eine Fehlkonstruktion an.
Den Begriff "Titanzink" kenne ich zwar nicht. Ich gehe davon aus, dass es sich um Zink handelt. Vorbewittert heißt wohl, dass man es eloxiert hat, also mit einer künstlichen Passivierungsschicht überzogen hat.
Edelstahl ist nicht so edel, wie man immer meint. Das ist vor allem bei saurem Regen der Fall. Den können Sie nicht mehr ausschließen, wenn zum Beispiel in der Nähe Autos fahren oder Hausheizungen Schwefeldioxid und Stickoxide emittieren.
In Kontakt mit solchem Regenwasser kann Stahl Ionen freisetzen, zum Beispiel Eisen- oder Nickel-Ionen (oder woraus er sonst noch besteht). Das Wasser mit den Metall-Ionen tropft auf die Zinkabdeckung. Die schwache Säure zersetzt die Passivierungsschicht. Die Eisen(usw.)-Ionen reagieren mit dem freigelegten Zink in einer Redoxreaktion zu Eisen (usw.) und Zink-Ionen:

Fe2+ + Zn ———> Fe + Zn2+

Das edlere Eisen schlägt sich auf dem unedleren Zink nieder und bildet ein Lokalelement. Es kommt zu einer katalysierten Korrosion des Zinks. (Lesen Sie in unseren Korrosions-Webseiten in der Webseitengruppe "Technische Chemie ums Auto". Dort wird das am analogen Paar Kupfer/Eisen erklärt.)


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F: Ich bin auf einen Cola-Mythos gestoßen, der besagt, dass Cola Abflüsse reinigt. Ist das wirklich möglich? Welche Säure ist dafür verantwortlich?


A: Man sagt der Cola ja so einiges nach. So soll sie frisches Fleisch zersetzen und Nägel entrosten. Ersteres weiß ich nicht. Letzteres stimmt nicht - trotz der in Cola reichlich enthaltene Phosphorsäure, die ansonsten vorzüglich Rost zersetzt. Dazu kommen aber auch Zersetzungsprodukte von Kohlenhydraten ("Zuckercouleur"), die mit Eisen Verbindungen eingehen und den Zersetzungsprozess von Rost ausbremsen. Die Zuckercouleur macht die Chemie der Cola übrigens sehr unübersichtlich.

Die abflussreinigende Wirkung ist wohl eher auf eine Entkalkungswirkung zurückzuführen, verbunden mit der mechanischen Wirkung der reichlich entstehenden Gasblasen.

Weitere Fragen dazu bitte an Coca Cola direkt! Die freuen sich schon auf solche Anfragen...


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F: Könnten sie mir die wirkungsweise von DNP(Dinitrophenol) im körper erklären ?


A: Das mussten wir früher auch wissen. Wir sagten auf die diesbezügliche Prüfungsfrage: "Wenn wir´s überleben, wird uns mächtig heiß." Spaß beiseite: Es gibt viele toxikologische Ansatzpunkte für die Nitrophenole.

DNP konkurriert (wie auch das NP, Nitrophenol) mit einer wichtigen phenolischen Stoffklasse um Rezeptoren: Es handelt sich um die Schilddrüsenhormone. Daher hat es die gleichen Eigenschaften wie diese. Es handelt sich bei ihnen um aktivierte und daher besonders saure Phenole. Da die NP die Rezeptoren nicht so rasch freigeben wie die Schilddrüsenhormone, kommt es zu einer überschießenden Schilddrüsenreaktion, wie sie für die Basedow-Krankheit typisch sind: Ansteigen der Körpertemperatur, Schweißausbrüche, Kreislaufzusammenbruch etc...

Der Grund ist letztlich, dass die Nitrophenole wie auch die Schilddrüsenhormone die Atmungskette entkoppeln. Statt ATP zu bilden, wird alle chemische Energie als Wärme abgegeben.

Als weitere wichtige Wirkung ist das hohe allergene Potential der Nitrophenole zu nennen. Darunter leide ich selbst, da ich früher mit NP gearbeitet habe. NP und DNP gehören zu den so genannten Parastoffen, zu denen auch das Antibiotikum Chloramphenicol und Inhaltsstoffe des Hustenmittels Bisolvon gehören.

Last but not least: Nitrophenole setzen Nitroso-Ionen frei, die im Körper vielfältigen Schaden anrichten können. Beispiele sind die Oxidation von Hämoglobin-Fe2+ zu Methämoglobin-Fe3+, einer inaktiven Hämoglobinform. Außerdem können sie die DNA diazotieren, d. h. mutagen wirken.

Aus all diesen Gründen ist auch das TNP, die Pikrinsäure, sehr giftig.

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Letzte Überarbeitung: 17. Februar 2008, Dagmar Wiechoczek