Gleich vorneweg: Wenn Sie nach den zu diesem Thema passenden Stichworten suchen, beachten Sie bitte: Iod, Iodid und Iodat schreibt man in der Wissenschaft heute mit einem "i". Dagegen ist in der allgemein zugänglichen Literatur das "j" gebräuchlich: Jodieren, Jodierung... Wir versuchen es im folgenden Text mit einer Mischung aus beiden Schreibweisen. Immer wieder wird gefragt: Warum muss man Speisesalz überhaupt jodieren, also Iod zusetzen? Warum setzt man zum Jodieren von Speisesalz nicht Iodid, sondern Iodat zu? Und ist Iodat nicht gefährlich?
Schilddrüsenhormone haben bei sehr vielen zentralen Körperfunktionen "mitzureden". Pro Tag benötigt der erwachsene Mensch 100 Mikrogramm Jod. Leider sind die Böden und Gewässer unseres Landes äußerst arm an Iodid. Dieses Salz ist nämlich sehr gut löslich. Es wurde deshalb in den Zeiten der ausklingenden Eiszeiten einfach durch die Schmelzwasser der Gletscher aus den Böden herausgelöst und ins Meer gespült. Meere sind bekanntlich immer noch unsere Hauptquelle für Iod: Jeder weiß, dass in Meeresfrüchten und in Algen sehr viel Iod vorhanden ist, so dass man mit einer guten Fischmahlzeit seinen Iodbedarf für einige Tage decken kann. Übrigens wurde Iod 1811 vom Salpetersieder Bernard Courtois in der Asche von Algen entdeckt. Bild 1: Fischauslage auf einem bretonischen Fischmarkt
Zwischen den Iodchemikalien spielt sich eine Redoxreaktion ab: IO3- + 5 I- + 6 H+ > 3 I2 + 3 H2O (Mit Iodat titriert man zum Beispiel den Gehalt von Ascorbinsäure. Die Reaktion in Versuch 1 nutzt man dabei zur Erkennung des Endes der Titration.) Bild 2: Iodatnachweis ohne (links) und mit (rechts) Stärkelösung
Bild 3: Ergebnisse der Behandlung von festem Kalium-Iodid mit Säuren.
In allen Fällen entwickelt sich beim Ansäuern elementares Iod. Man erkennt das an der zunächst gelben, dann braunen Farbe. Setzt man zum Ansäuern konzentrierte Schwefelsäure ein, so beobachtet man sogar violetten Ioddampf. Denn je stärker die Säure ist, desto heftiger ist die Reaktion der Iodfreisetzung. (Auf diese Art entdeckte auch Courtois das Iod bei der Untersuchung der Algenasche.) Wir wiederholen den Versuch mit Kaliumiodat
Es findet keine Reaktion statt. Wir sehen also, dass Iodat stabiler ist als Iodid. Iodat ist auch nicht weiter giftig. (Außerdem ist es ja nur in äußerst geringen Mengen vorhanden.) Es wird im Darm sofort zu Iodid reduziert und ist dann bereit, ins Blut und anschließend in die Schilddrüse geschleust zu werden.
2 NaCl + H2SO4 > 2 HCI + Na2SO4 Beim Iodid ist das etwas anders: Zunächst wird zwar auch hier farbloser, gasförmiger Iodwasserstoff HI freigesetzt. 2 KI + H2SO4 > 2 HI + K2SO4 Die Verbindung HI ist im Gegensatz zu HCl jedoch nicht stabil. Sie zerfällt rasch in Wasserstoff und Iod: 2 HI > H2 + I2
Ein wichtiger Grund für das Jodieren mit Iodat ist aber auch noch ein anderer Aspekt: Iodid ist instabil gegen Sauerstoff und Lichteinwirkung (genau: gegen UV-Bestrahlung). Wenn dazu noch Feuchtigkeit kommt, wird Iodid rasch in Iod umgewandelt. Dieses sublimiert leicht ab, so dass mit Iodid jodiertes Speisesalz nicht dauerhaft haltbar ist. Die geringe Haltbarkeit von festem Kalium-Iodid und von Iodidlösungen kennt jeder Chemielehrer, der schon einmal versucht hat, solche Lösungen aufzubewahren. In einem entsprechenden Langzeitversuch kann man diese Instabilität von Iodid den Schülern demonstrieren.
Leider erweist sich aber auch mit Iodat iodiertes Salz nicht immer als stabil. Auf jeden Fall kommt es vor, dass man ein Gelbwerden des Kochsalzes beobachtet, wenn es länger in der Küche steht (siehe folgendes Bild). Iodat kann einmal mit weiteren Zusatzstoffen von Salz (siehe unten) reagieren, vor allem, wenn es feucht ist. Vielleicht sind es aber auch die Inhaltsstoffe des Küchendunsts. Man spricht von VOCs (Versatile Organic Compounds, flüchtige organisch-chemische Verbindungen). Wenn man derartiges, gelb gewordenes Salz in einen geschlossenes Glas füllt und nach einiger Zeit am Salz schnuppert, stellt man fest, dass es chlorartig riecht – Iod ist schließlich ein Halogen. Bild 4: Zersetztes Iodsalz (rechts)
Die Carbonate und Silicate sind der Grund dafür, dass Lösungen von Speisesalz (auch das aus dem Meer gewonnene) eine alkalische Reaktion zeigen. Das von uns genutzte Salz hat zum Beispiel bei 1prozentiger Lösung einen pH-Wert von 9,9! Hierauf beruht auch der bekannte Effekt, dass man mit Speisesalz frische Rotweinflecken entfärben kann: Es findet zwar zunächst ein physikalischer Vorgang statt, die Adsorption an Kalk. Jedoch führt die Feuchtigkeit des Rotweins zur Protolyse des Kalksteins und zu alkalischer Reaktion. CaCO3 + H2O > Ca2+ + HCO3- + OH- In alkalischem Milieu wird ein Großteil der adsorbierten Rotweinfarbstoffe gelb gefärbt (chemische Reaktion). Das kennen wir vom Rotkohlsaft, der im alkalischen Milieu erst grün, dann gelb wird. Der Reinigungseffekt ist, dass die Farbe Gelb anders als Rot keinen besonders hohen Signalcharakter hat und deshalb auch in hoher Konzentration auf uns eher farblos wirkt. Die Rieselfähigkeit des Salzes wird ebenfalls durch Zusatz von Gelbem Blutlaugensalz, chemisch Kaliumhexacyanoferrat(II), erhöht. Diese Substanz mit der Formel K4[Fe(CN)6] ist trotz der Häufung von Cyanid-Ionen aufgrund ihrer Stabilität völlig ungiftig. Außerdem ist die Konzentration im Speisesalz äußerst gering: 20 ppm (part per million; 20 Massenanteile auf 1 Million). Der Zusatz beeinflusst bereits im Verlauf der Herstellung von Kochsalz dessen Kristallisation. Es bilden sich nämlich ähnlich wie bei den Schneesternen an Kanten und Ecken spitze Kristallauswüchse (Dendriten), die das Zusammenbacken der Kristalle verhindern. Gelbes Blutlaugensalz kann man mit der bekannten Berliner Blau-Probe nachweisen.
Man erkennt in der Speisesalzprobe eine schwache, aber deutliche Blaugrünfärbung. Die wird besonders deutlich, wenn man von oben in die Gläschen hineinblickt. Bild 5: Wasser (links) und Speisesalzlösung (rechts) mit Eisen(III)-nitrat
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