Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 175
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F: Ich bin Student der Lebensmittelchemie im Grundstudium, dabei beobachteten wir folgendes Phänomen:
Bei der bestellten Apfelschorle war offensichtlich zuerst das Mineralwasser und dann der Apfelsaft ins Glas hineingegeben worden, denn wir hatten unten eine farblose "Mineralwasser-Phase" und oben die "Saft-Phase".Ein echter Meniskus war natürlich nicht zu sehen, aber man musste doch umrühren, und auch nicht etwa vorsichtig einschenken. Das hab ich nun zu Hause ausprobiert, und wenn man die Reihenfolge der Zugabe ändert, mischt sich alles sofort und vollständig. Das gleiche auch mit Bier und Zitronenlimonade (oder Bier und Cola). Zuerst hab ich meinen Professor gefragt, der mir aber auch keine Antwort geben konnte, und darum frage ich jetzt (nach recht ausführlicher Internet-Recherche) Sie, ob Sie nicht eine Idee dazu haben?


A: Dieses Phänomen ist auch im Chemielabor bekannt. Vergleichen Sie das mit Wasser, das Sie mit Schwefelsäure "unterschichten". Oder nehmen Sie eine konzentrierte Salzlösung, die sie unter Wasser schichten können. Man kann sogar verschieden konzentrierte Salzlösungen übereinander schichten, ohne dass die sich rasch vermischen. Früher machte man so Dichtegradienten für die Ultrazentrifugation. Sogar verschieden temperierte Salzlösungen gleicher Konzentration zeigen diesen Effekt.
Sie erwarten, dass sofort ein Austausch von Wasser zwischen den beiden Zonen stattfindet. Dass das nicht so rasch abläuft, liegt daran, dass Sie zwei Phasen unterschiedlicher Wasserstruktur mischen. Das erkennen Sie auch an folgendem Effekt: Wenn Sie das Ganze mischen, entstehen zunächst Schlieren. Die bilden sich, weil die beiden Wassersorten optisch verschieden sind. Sie haben unterschiedliche Brechungsindices.
In Apfelsaft sind zum Beispiel makromolekulare wasserbindende Pektine, dazu Zucker und organische Säuren enthalten, die das Wasser stark strukturieren. Ähnlich ist es bei Bier, Colagetränken oder stark gesüßten Fruchtsäften (Sirup).
Im Sprudel herrschen ganz andere Lösungsverhältnisse. Hier finden Sie Kationen- und Anionen, die mit kleiner Hydrathülle relativ frei beweglich sind, sowie nicht sonderlich stabile Wassercluster mit eingeschlossenen CO2-Molekülen.
Statt Sprudel können Sie auch destilliertes Wasser nehmen.


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F: Können Sie mir sagen, woher man Cerammonium-nitrat beziehen kann?


A: Das sollte in jedem Chemikalienkatalog zu finden sein. Allerdings sind die Stichwortverzeichnisse entsprechend den Vorschriften der IUPAC-Nomenklatur alphabetisch aufgebaut. Suchen Sie also unter dem Stichwort Ammoniumcer(IV)-nitrat. Im Merck-Katalog zum Beispiel werden Sie dann unter der Bestellnummer 102276 fündig.
Im Zweifelsfall können Sie in vielen Katalogen auch nach den Summenformeln suchen. Das ist vor allem bei organischen Verbindungen sinnvoll. Nicht vergessen: Sie müssen die chemischen Symbole alphabetisch ordnen.


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F: Was ist ein Eutektikum? Warum ist seine Schmelzteperatur niedriger als die der reinen Metalle? Diese Fragen wurden mir des öfteren von Berufsschülern gestellt und obwohl ich mich auch intensiver mit der Werkstoffkunde beschäftigt habe, muss ich zugeben, keine plausible Erklärung geben zu können.
Nun habe ich die Hoffnung, dass Sie mir eine einsichtige, leicht verständliche Theorie geben können, die auch Meisterschülern der Berufsschule im Fach Elektrotechnik sowie Messen-Steuern-Regeln gut zu vermitteln ist.


A: Der eutektische Punkt beschreibt die Zusammensetzung einer Mischung, die die niedrigste Schmelztemperatur hat. Dahinter steckt das thermodynamische Prinzip der Gefrierpunktserniedrigung: Beispiel Salz/Wasser. Der Gefrierpunkt (Schmelzpunkt) des Wassers sinkt, weil der Aufbau des Kristallgitters von Eis durch gelöstes Salz aufgrund der Hydratisierung seiner Ionen erschwert wird. (Vergleiche hierzu unsere Wasserwebseite.)

Das funktioniert auch mit Schmelzen von zwei (oder mehr) Salzen, organischen Feststoffen oder Metallen. Beispiele sind Silber und Blei. Allerdings ist auch hier Voraussetzung, dass A sich im festen Zustand nicht mit B mischt, also keine Mischkristalle bildet.

Mischt man die Schmelzen von einen Reinstoff A mit der eines anderen Reinstoffs B in verschiedenen Verhältnissen, so sinkt mit zunehmender Konzentration an B in der Schmelze die Kristallisationstemperatur von A. Grund ist die Wechselwirkung von A-Atomen mit denen von B. Damit wird der Aufbau des Kristallgitters von A gestört.
Das geht natürlich auch umgekehrt, wenn man die Schmelze des Reinstoffs B mit dem Fremdstoff A mischt. Irgendwann treffen sich die beiden Kurven und bilden ein scharfes Minimum. Das ist der eutektische Punkt.
Der Festkörper am eutektischen Punkt sieht zwar einheitlich aus, entpuppt sich jedoch unter dem Mikroskop als ein Gemisch nebeneinanderliegender feinster Kriställchen von A sowie von B.

Was ist, wenn man eine Schmelze abkühlt, die mehr A enthält als dem Eutektikum entspricht? Dann kristallisiert reines A aus, wobei der Schmelzpunkt weiter sinkt. Das geht so lange, bis das eutektische Gemisch erreicht ist. Dann erstarrt die gesamte Schmelze. Unterm Vergrößerungsglas erkennt man dann mehr oder weniger grobe Kristalle von A, die in dem feinkristallinen Eutektikumgemisch eingebettet sind. (Für B gilt das Entsprechende.)

Das Eutektikum zwischen Silber (Schmelzpunkt 961 °C) / Blei (Schmelzpunkt 327 °C) schmilzt bei 304 °C und enthält 2,5 Gew% Silber. Eine weitere Trennung ist nicht mehr möglich. Um reines Silber zu bekommen, muss man das Blei regelrecht wegbrennen. Schließlich sieht man im Bleioxid das Silber schimmern - das ist der berühmte "Silberblick".


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F: Woher stammt die Bezeichnung des Elements "Indium"?


A: Das Metall steht in der 3. Hauptgruppe. Gefunden wurde es zuerst in der Freiberger Zinkblende, also in Sachsen. Es stammt also nicht etwa aus Indien. Der Name rührt daher, dass das Metall beim Verbrennen eine blaue Flammenfärbung zeigt. Im Emissionsspektrum erkennt man Linien, die im indigo-blauen Bereich liegen.
(Übrigens zeigt das nächste Element der Gruppe, das Thallium, eine schöne grüne Flammenfärbung.)


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F: Hallo, ich würde gerne wissen, warum destilliertes Wasser nie pH 7 hat, sondern immer leicht darüber oder darunter liegt.


A: Man kann dazu auf zwei Art und Weisen antworten:

1. Die einfache Erklärung:
Wasser löst leicht Säureanhydride aus der Luft - wie zum Beispiel CO2. Das bildet Kohlensäure, damit sinkt der pH-Wert ab - meist so um 6.
Es kann aber auch Staub ins Wasser geraten. Wenn der Staub Kalkstein oder Alkalimetalloxide bzw. -carbonate (z. B. aus Verbrennungsprozessen) enthält, bildet sich eine Lauge. Oder Wasser steht in Billigglasgefäßen; die Glaswand löst sich und bewirkt einen pH-Wert über 7. Es kann auch Ammoniak gelöst werden - zum Beispiel in einem Pferdestall. Die Folge auch hier: Der pH-Wert steigt an.
Übrigens: Reinstwasser herzustellen gehört zu den schwierigsten Aufgaben der praktischen Chemie!

2. Die schwierigere Erklärung:
Man muss wissen, dass um 7 der pH-Wert in ungepufferten Systemen am instabilsten ist. Das dokumentiert die Titrationskurve von HCl mit NaOH, die um pH 7 ihren steilsten Anstieg hat. Das ist eine Folge des Massenwirkungsgesetzes, das graphisch eine sigmoidale Kurve mit Wendepunkt bei pH 7 darstellt. Wendepunktskurven sind leicht beeinflussbar. Steiler Anstieg bedeutet, dass geringste Mengen an Säure oder Basen/Laugenbildnern einen pH-Sprung verursachen. Schauen Sie sich einmal eine Titrationskurve an!
Man kann übrigens auch rechnerisch an die Angelegenheit herangehen. Hier eine Überschlagsrechnung: Bei pH 7 ist die Konzentration der H+-Ionen 10-7 mol / l. Gibt man zu 1 l reinem Wasser 1 ml Salzsäure (c = 1 mol / l), so bedeutet das die Zugabe von 10-3 mol Säure. Damit steigt die Konzentration der H+-Ionen im Wasser von 10-7 auf 10-3 mol / l. Das bedeutet: Der pH-Wert sinkt von 7 auf 3.

Anders ist es, wenn Sie von 1 l Wasser mit dem pH-Wert 4 (also von einer schwach konzentrierten Säure) ausgehen. Das heißt, dass die Anfangskonzentration an H+-Ionen von vornherein um den Faktor Tausend größer ist als in Reinwasser. Die Zugabe von 1 ml Salzsäure (c = 1 mol / l) bewirkt hier deshalb auch nur ein Absinken des pH-Werts um etwa eine Einheit.

Wenn Sie das nachmessen wollen: Denken Sie daran, dass Sie absolut reines Wasser nehmen müssen; außerdem müssen Sie einkalkulieren, dass zur Berechnung des pH-Werts nicht die Konzentration, sondern die Aktivität der H+-Ionen berücksichtigt werden muss! Lesen Sie hierzu unsere Webseitengruppe zum Thema Wasser.

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Letzte Überarbeitung: 17. Februar 2008, Dagmar Wiechoczek