Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 290
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1606
F: Was ist eine „Sylter Rolle“?


A: Darunter versteht man eine spezielle Altpapierrolle. Zur Vorgeschichte: Auf Sylt (nicht nur hier) gab es das Problem der Entsorgung des Altpapiers. Da kamen Leute auf die Idee, das Papier im häuslichen Kaminofen zu verbrennen. Leider brennt locker geschichtetes Zeitungspapier schlecht; es gibt nur einen Haufen verkohltes Papier. Besser ist es, wenn man das Papier zuvor fest zusammenpresst. Dann brennt es wie ein Stück Holz. Wie kann man es zusammenpressen? Manche Leute feuchten das Papier an und pressen es dann zu Briketts. Das Trocknen dauert jedoch recht lange. Es geht aber auch anders: Man rollt die Zeitung zusammen und steckt sie in eine leere Toilettenpapier- oder in eine kleingeschnittene Küchenrolle. Das ist die Sylter Rolle.

Wenn man gestrichenes Papier oder geleimtes Papier mit hohem Mineralanteil verwendet (wie es bei den Reklamebeilagen oder edleren Magazinen oft der Fall ist), so ist der Ascheanfall allerdings beträchtlich.

Sylter Rollen (Foto: Blume)


1607
F: Ich habe selber ein paar Chemie-Kenntnisse, diese sind aber natürlich nur begrenzt. Mir wurde von meinem Freund nun eine Frage gestellt, die ich nur teilweise beantworten kann: Welche Rückstände bei der Explosion oder Verbrennung von Alkohol können entstehen? Es müssten Kohlenstoffdioxid und Wasser sein, aber ich bin mir nicht sicher, ob bei einer Explosion nicht noch Alkoholrückstände bleiben können oder andere Reaktionsrückstände?


A: Wenn Alkohol vollständig verbrennt, entstehen tatsächlich nur Kohlenstoffdioxid und Wasser.
Beim Verbrennen oder Explodieren entsteht soviel Hitze, dass Alkohol abdampft und nicht alles verbrennt.
Es ist außerdem daran zu denken, dass der Alkohol (zumindest formal) alle Oxidationsstufen durchlaufen kann: Vom Acetaldehyd (Ethanal) bis zur Essigsäure - und so weiter. Dazu gibt es noch viele andere organische Verbindungen, wie es z. B. für eine chaotische Verbrennung wegen der Radikalbildung typisch ist.


1608
F: Ich habe in der „Röhre“ gelegen, das heißt, ich musste mich einer Kernspintomografie-Untersuchung unterziehen. Dabei hat man mir über einen Tropf eine Lösung zugeführt. Der behandelnde Arzt meinte auf meine diesbezügliche Frage, das wäre ein Kontrastmittel. Was hat das für eine Aufgabe? Ich bitte um eine einfache Antwort.


A: Kontrastmittel sollen Abbildungsverfahren unterstützen.

Zunächst erst einmal Bekanntes: Beim Röntgen werden Röntgenstrahlen durch schwere Atome absorbiert. Je schwerer die sind, desto besser ist die Abbildung. Knochen lassen sich z. B. gut abbilden, aber leider keine Weichteile. Deshalb setzt man Kontrastmittel ein. Das sind Verbindungen, die schwere Atome enthalten. Diese absorbieren die Röntgenstrahlen. Zur Abbildung des ansonsten röntgenstrahlen-inaktiven Magen-Darm-Traktes nimmt man dazu ungiftiges Bariumsulfat, für die Abbildung von Blutgefäßen (z. B. im Herzen oder in der Niere) Iod-Dextran.

Bei der Kernspintomografie geht es um ein ganz anderes Bildverfahren, das auf der Kernspinresonanz (NMR) beruht. Man nutzt die Eigenschaft bestimmter Atome aus, sich in einem starken, hochfrequenten Magnetfeld auszurichten. Dazu muss man wissen, dass Atomkerne wie kleine, elektrisch geladene Kreisel rotieren. Man sagt, sie haben einen „Spin“. Durch zusätzliche Einwirkung von Energie in Form von elektromagnetischer Strahlung können diese Spins gekippt werden. Das bedeutet Absorption oder (beim Rückklappen) Emission von Strahlung. Diese Signale kann man zur Erstellung einer Abbildung benutzen, da vor allem die im Körper reichlich vorhandenen Wasserstoffatome aufgrund unterschiedlicher chemischer Umgebung („Abschirmung“) auch unterschiedliche Effekte zeigen. Somit kann man damit auch Weichteile des Körpers abbilden. Leider klappen die Spins viel zu schnell in ihre ursprüngliche Lage zurück. Ihre „Relaxationszeit“ ist sehr kurz und reicht oftmals nicht aus, um die Messergebnisse zu registrieren oder gar auszuwerten.

Auch hier gibt es ein Kontrastmittel. Das sind vor allem Gadolinium-Salze. Das vielen kaum bekannte Element (Symbol Gd) ist ein magnetisches Metall der 4f-Element-Gruppe (Lanthanoide). Da es toxisch ist, setzt man es in Form von speziellen Komplexen ein. Diese Chelate sind so stabil, dass sie die Gd-Ionen hinsichtlich ihrer Giftwirkung maskieren. Als Komplexbildner dienen EDTA-ähnliche Liganden.

Zur Aufgabe des Gadoliniums kann man stark vereinfachend sagen: Es wechselwirkt ebenfalls mit derjenigen eingestrahlten Energie, mit der die Spins der Wasserstoffatome gekippt werden. Das wirkt sich aus, als wenn das Rückkippen der Wasserstoffspins verlangsamt würde. Damit werden die Messdauer und die Zeitspanne zur rechnerischen Auswertung vergrößert (Verlängerung der Relaxationszeit). Auf diese Weise werden die Abbildungen verbessert.


1609
F: Ich bin Fachbetreuer für Chemie an einem bayerischen Gymnasium und bitte Sie um Ihre Meinung zu folgendem Phänomen, das auch den anderen Chemie-Lehrkräften rätselhaft ist:
Ich habe eine Kupfer-Konzentrationszelle aufgebaut:

Lösung 1: 0,1 mol/l Kupfersulfatlösung
Lösung 2: 1 mol/l Kupfersulfatlösung

Erwartetes Ergebnis: Bei Lösung 1 ist der Minuspol, bei Lösung 2 der Pluspol, Spannung beträgt 59 mV/2 = 29,5 mV. Dieses Ergebnis wurde auch erreicht, aber erst nach etwa einem Tag. Direkt nach dem Aufbau betrug die Spannung -5,3 mV (Minus!).
Natürlich haben wir mit einem hochohmigen Voltmeter gemessen, die Elektrodenbleche vertauscht, die Lösungen neu angesetzt und verdünnt ...
Im Übrigen: Bei einer Silber-Konzentrationzelle sind sofort die richtige Polung und die richtige Spannung zu messen.


A: Ferndiagnosen sind immer schwierig... Ich will´s versuchen.

Es ist bekannt, dass der Versuch mit Kupfersulfat schlechter geht als mit Silbernitrat. Die Erfahrung zeigt weiter, dass man besser Kupfer(II)-nitrat statt -sulfat einsetzt.

Mir fällt auf, dass Sie mit einer einmolaren Lösung arbeiten. Bei solchen für quantitative elektrochemische Untersuchungen viel zu hohen Konzentrationen muss das System erst ins Gleichgewicht kommen. Das kann sehr lange dauern - wenn es überhaupt funktioniert. Jetzt werden Sie sicherlich fragen, wieso man dann überhaupt Tabellenwerte (z. B. Standardpotentiale) für einmolare Lösungen findet? Diese Werte werden real nicht gemessen, sondern sind auf „unendliche Verdünnung“ extrapolierte fiktive Größen. Die zur Extrapolation notwendigen Werte beruhen allerdings auf realen Messungen.

Im Vergleich mit Silber/Silbernitrat muss man bedenken, dass es beim Kupfersystem zusätzliche Überspannungseffekte gibt. Grund sind Reaktionshemmungen, die eine zusätzliche Aktivierung erforderlich machen. Dazu können die schrittweise Entladung der zweifach geladenen Ionen sowie die darauf folgende Abscheidung der Atome in das Gitter des Metalls beitragen.

Ein weiterer wichtiger Grund für langsamen Gleichgewichtsaufbau und für von der Theorie abweichende Messwerte liegt in der Verbindung der beiden Elektrodenräume. Wenn Sie eine Salzbrücke verwenden, die auf Nitrat beruht, dann ist es besser, wenn sie auch Kupfer(II)-nitrat nehmen. Hinzu kommt, dass es an den Phasengrenzen der Salzbrücke Überspannungen gibt, die sich erst einmal ausgleichen müssen. Deshalb ist eine Glasrohrbrücke, gefüllt mit einer gesättigten Inertsalz-Lösung (im allgemeinen Kaliumnitrat) von Vorteil. Zu empfehlen ist eine immer wieder verwendbare Agar-Brücke. Auf keinen Fall sollte man nur Filterpapierstreifen oder -röllchen nehmen, da der innere Widerstand zu groß ist.

Bei zu hohen Konzentrationen (c > 0,1 mol/l) weichen die Messwerte im Allgemeinen zunehmend stärker von der Theorie ab. Ein Grund liegt auch in der Abhängigkeit der Aktivitätskoeffizienten von der Ladung der Ionenstärke bestimmenden Teilchen. Schon deshalb ist Kupfer(II)-nitrat besser als -sulfat.

Fazit: Lösungen, deren Molarität über 0,1 liegt, sollte man gar nicht erst verwenden. Mir liegt eine Messreihe aus unserem Praktikum vor, bei der mit Kupfer(II)-nitrat-Konzentrationen von 0,1 mol/l abwärts gearbeitet wurde (bis 10-4 mol/l). Die Messwerte und die Ergebnisse sind recht vernünftig.


1610
F: Flüsse transportieren ständig Salze ins Meer. Warum bleibt die Salzkonzentration in den Ozeanen konstant?


A: Der Salzgehalt des offenen Meeres beträgt durchschnittlich 3,5 %. Wir dürfen beim Begriff „Salz“ nicht nur an leicht lösliches Natriumchlorid denken, sondern müssen in unsere Überlegungen auch Silicate (Tonmineralien), Carbonate und Hydrogencarbonate, Sulfate, Phosphate... etc. einbeziehen. Dazu kommen die diversen Kationen. Allesamt können bei richtiger Ionenkombination ohne weiteres Schwerlösliches und damit ständig Sedimente bilden.

Hierzu haben wir eine Webseite.

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Letzte Überarbeitung: 25. November 2008, Dagmar Wiechoczek