Kurze Fragen - Kurze Antworten
Aus dem E-Mail-Korb von Professor Blume

E-Mail-Gruppe 355
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1931
F: Im Zusammenhang mit meiner Maturitätsarbeit habe ich mir das Ziel gesetzt, ein Anti-Pickelmittel selbst herzustellen. Ein Wirkstoff ist u.a. die Salicylsäure. Ich brauche dringend eine Synthesevorschrift, wie ich Salicylsäure herstellen kann, aus natürlichen Produkten. So z.B. der Weidenrinde oder der Gaultheria probumbens. Könnten Sie mir vielleicht sagen, wie ich dabei möglicherweise Schritt für Schritt vorgehen soll? Meine vage Idee ist die folgende: Salicylsäure mit einem geeignetem Lösungsmittel aus einer Pflanze extrahieren, und danach reinigen und von nicht benötigten Fremdsubstanzen befreien. Soweit meine simple Theorie. Doch wie sieht das in der Praxis aus? Was gibt es sonst noch für Wege, Salicylsäure zu synthetisieren?


A: Es ist nicht einfach, Salicylsäure aus Weiden etc. zu isolieren. Man kann sie mit heißem Wasser extrahieren. Schwierig ist vor allem die Reinigung, weil die Substanz mit weiteren Phenolen vermischt ist. Hinzu kommt noch, dass Salicylsäure in der Pflanze zum großen Teil an Glucose gebunden vorliegt. Dieses Glykosid namens Salicin muss hydrolysiert werden. Da Salicylsäure in der Hitze leicht decarboxyliert, ist diese Reaktion für Ungeübte handwerklich schwierig.

Chemisch stellt man Salicylsäure durch die Kolbe-Schmitt-Synthese her. Hierbei wird eine alkalische Lösung von Phenol (also das Phenolat) bei 130 °C unter Druck mit CO2 behandelt. Für Laien ist das nichts.

Also kaufen Sie Salicylsäure oder stellen Sie diese durch Hydrolyse von Aspirin her.

Bei der Herstellung Ihrer Pickelsalbe sollten Sie daran denken, dass Salicylsäure als Phenol hautschädigend wirkt.


1932
F: Eine angehende Flugbegleiterin hat mir erzählt, dass bei Sauerstoffgabe bei einem Notfall-Patienten darauf geachtet werden muss, dass der Patient keine fetthaltige Schminke im Gesicht haben darf. Ansonsten käme es zu Verbrennungen des Patienten. Ich kann ihr keine Erklärung für diese Vorschrift geben und würde mich freuen Hilfe von Ihnen zu erhalten.


A: Die Antwort ist einfach: Fette brennen. Zum Brennen benötigen sie Sauerstoff. Sauerstoff ist als Biradikal hoch reaktiv und stark brandfördernd, vor allem, wenn er rein ist und aus der Flasche unter hohem Druck auf die brennbare Substanz trifft. Man kann sagen, dass dadurch seine Konzentration äußerst hoch ist.

Aus dem gleichen Grund ist das Fetten von Ventilhähnen für Sauerstoffflaschen strengstens verboten.

Bekannt ist eine Unfallursache bei Schweißern und Metallarbeitern: Manche reinigen sich ihre fettige Arbeitskleidung vorm Umziehen mit einem Gasstrahl aus der Druckflasche, wollen also den Staub abpusten. Wenn sie statt Druckluft eine Sauerstoffflasche nehmen, kann das zur Folge haben, dass die Leute plötzlich in Flammen stehen. Das ist kein Witz!


1933
F: Ich möchte Ihr Experiment zum Zink-Silber-Akkumulator im Rahmen einer Vorstellung von Versuchen der Klasse präsentieren.
In einem Probedurchlauf lief auch alles wunderbar und wie von Ihnen beschrieben.
Ich hätte da allerdings noch zwei Hintergrundfragen.
Warum liegt die Spannung von 1,3V schon sofort an, ohne das der Akkumulator geladen wurde?
Und was ist an den Bedingungen des Versuchs anders, dass Wasserstoff statt Ionen an der Zinkanode entstehen?


A: Die Anfangsspannung ist in etwa die Potentialdifferenz zwischen Ag und Zn in alkalischem Milieu. Versuchen Sie aber nicht, diesen Wert mit Hilfe von Normalpotential-Tabellen zu berechnen, weil diese Tabellen nur Werte auflisten, die für das jeweilige Element in der einmolaren Lösung (die hier nicht vorliegt!) seines Salzes bestimmt wurden.

An der Zinkelektrode scheiden sich trotz ihrer äußerst geringen Konzentration in erster Linie Wasserstoff-Ionen ab, weil das Wasserstoffpotential wesentlich höher liegt als das von Zink. Die Konzentration an Zink-Ionen ist aus verschiedenen Gründen ebenfalls nicht besonders hoch: Die Zink-Ionen liegen komplexiert als Tetrahydroxyzinkat-Ionen [Zn(H2O)4]2- vor. Dieser Komplex ist nicht nur sehr stabil, sondern dazu auch noch negativ geladen. Er gelangt deshalb nur durch zufällige Diffusion zum Minuspol, was seine elektroaktive Konzentration an der Elektrodenoberfläche stark absenkt. Außerdem muss der Komplex vorm Entladen auch noch „gestrippt“ werden. Das alles senkt das Potential des Zinks noch mehr als es von vornherein schon ist, so dass sich eher Protonen entladen als Zink-Ionen.


1934
F: Im Rahmen meiner Examensarbeit, entwickle ich ein Konzept für den nächsten Girl´s Day - Mädchenzukunftstag. Es geht darum, die Mädchen über Vorbilder und Experimente für Chemie zu begeistern.

Eine der Lernstationen soll sich um die Erfinderin der Korrekturflüssigkeit: "Bette Nesmith Graham" drehen und ich fände es schön, wenn die Mädchen selbst "Tipp-Ex" herstellen/anmischen und mit nach Hause nehmen könnten.

Leider finde ich, außer auf einer sehr unübersichtlichen Patentseite, keine genauen Informationen, welche Inhaltsstoffe, neben Titandioxid, in Korrekturmittelprodukten enthalten sind.

Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir eine grobe Zusammenstellung schicken könnten, sodass man "Tipp-Ex" im Schülerlabor einfach zusammen mischen kann.

Ich habe bereits einige Hersteller von Korrekturflüssigkeiten vor vier Wochen angeschrieben, habe aber leider bisher keine Antwort erhalten.

Ich freue mich natürlich auch über weitere Anregungen zum Thema, da das Experiment auf ihrer Homepage "Nachweis von Titandioxid in Wandfarben und Korrekturflüssigkeiten" zu zeitintensiv für mein Vorhaben ist.


A: Schönes Vorhaben. Sie müssen den Schülerinnen allerdings klar machen, dass es die Dame Bette Nesmith Graham vergleichsweise wesentlich leichter hatte als die heutigen Leute: Es gab noch keine jegliches Schulexperiment einschränkende Richtlinien und Vorschriften...

Das in den käuflichen Korrekturlacken enthaltene, rascher verdampfende Lösemittelgemisch enthielt (enthält?) unter anderem das gesundheitlich nicht unbedenkliche Toluol (F,Xn) oder sogar chlorierte Kohlenwasserstoffe.

Die als Pigmente dienenden Substanzen wie Titandioxid oder auch Kreide sind völlig ungiftig. Das gilt auch für die zur Stabilisierung der Aufschlämmung zuzusetzenden Bindemittel wie z. B. Celluloseester (oder Glykolate) oder Gummi arabicum, die (bislang!) ebenfalls als unbedenklich eingestuft werden. Lösemittel könnte eine wässrige Ethanollösung sein.

Deshalb ist der richtige („professionelle“) Korrekturlack nichts für Schülerversuche. Warum machen Sie nicht einen Forschertag, an dem Sie die Schülerinnen deren eigenes Wissen einbringen lassen, um einen eigenen, umweltgerechten Korrekturlack herzustellen? Dabei sollten Vor- und Nachteile im Vergleich mit dem professionellen Produkt diskutiert werden.

Oder Themenwechsel: So gibt es die Möglichkeit, ökologische Tintenkiller statt mit Natriumhydrogensulfit mit Natriumhydrogencarbonat zu basteln. Klicken Sie hier. Dadurch entfällt allerdings der Aspekt der forschenden Frau…


1935
F: Warum braucht man zum Entkalken von der Citronensäure mehr als von der Essigsäure?


A: Zunächst dissoziiert ein Teil der Citronensäure (CS). Ihre pKs-Werte liegen im Sauren, sollten also zum Zersetzen des Kalks ausreichen:

pKS1 = 3,13     pKS2 = 4,76     pKS3 = 6,40

Die Säurestärke der CS entspricht somit zunächst in etwa der der Ameisensäure, dann der Essigsäure und schließlich der Kohlensäure, alles Säuren, die Kalk zersetzen.
Gleichzeitig bildet sich aus dem schwerlöslichen Kalk oberflächlich ein anderes schwerlösliches Salz, nämlich Ca-citrat. Dieses kann erst in Lösung gehen, wenn ein zweites Citrat-Ion das primäre Ca-citrat unter Komplexbildung vom Festkörper ablöst und so den Weg freimacht für weitere Angriffe der Protonen aus der CS.

Das ist die Ursache für den höheren Verbrauch an CS.

Wir beschreiben das Säure / Base-Verhalten der CS und die Komplexbildung hier.

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Letzte Überarbeitung: 10. November 2012, Dagmar Wiechoczek