Katalyse und chemische Gleichgewichte
Experimente:
Versuchsgruppe zum Verschieben von Gleichgewichten
Versuche zum Autoabgaskatalysator
Die meisten chemischen Reaktionen enden in dynamischen
Gleichgewichtszuständen, auch wenn es nicht immer so deutlich wird. Bei der
Knallgasreaktion liegt das Gleichgewicht fast vollständig auf der Seite der
Wasserentstehung. Andere Reaktionen, wie z. B. die Estersynthese, zeigen
deutliche Gleichgewichtslagen, die weit unterhalb des quantitativen Umsatzes
liegen.
Man kann Gleichgewichte bekanntlich verschieben. Das erreicht man, indem man
Zwang auf das Gleichgewichtssystem ausübt. Das Gleichgewicht weicht dem
Zwang so aus, dass es dessen Wirkung minimiert. Dieses Prinzip wurde 1878 von
LeChatelier ausgesprochen.
Die Einführung in die Prinzipien der chemischen Gleichgewichtslehre kann anhand
einiger weniger Systeme erfolgen:
1. | Löslichkeits-Gleichgewichte eines schwerlöslichen Salzes (z. B. Blei-Iodid) oder eines Gases (z. B. CO2/H2O). |
2. | Säure/Base-Gleichgewichte, z. B. Pufferwirkung von Essigsäure/Na-Acetat. |
3. | Gasreaktions-Gleichgewichte, z. B. NO2/N2O4. |
Das alles gilt grundsätzlich auch für katalysierte Reaktionen. Denn, obwohl man von
Katalysatoren Wunder erwartet, gilt:
Ein Katalysator verschiebt keine Gleichgewichte, sondern stellt sie nur
rascher ein.
Denn ein Gleichgewichtssystem ist grundsätzlich spannungsfrei, deshalb kann auch
kein noch so gut ausgetüftelter Katalysator etwas bewegen. (Aus diesem Grunde sind
biologische Systeme im thermodynamischen Gleichgewichtszustand tot - trotz der
Anwesenheit von Enzymen.) Gleichgewichtsverschiebung durch Katalysatoren gehört
deshalb zu den thermodynamisch unmöglichen Reaktionen.
Beispielsweise erkennt man bei der Abgasreinigung, dass diese nicht vollständig
erfolgen kann, weil die Gleichgewichtslage bei etwa 10 % Rest-NOx liegt
(-> Versuch). Wenn man bessere Ausbeuten haben
will, muss man am Katalysator herumbasteln, dessen Eigenschaften ändern. Das geschieht
momentan in der Abgasreinigungs- und in der Brennstoffzellentechnologie.
Zum Verschieben, also zum quantitativen Umsatz von Gleichgewichtssystemen (z.
B. bei der katalytischen Veresterung) kann man den einen oder anderen
Reaktanden aus dem Gleichgewicht entfernen; im Allgemeinen ist dies ein Produkt.
So kann man das Wasser abscheiden oder man destilliert den im Allgemeinen
niedrigsiedenden Ester ab. Das ist ein Beispiel für die Beeinflussung der
Gleichgewichtslage über die Konzentrationen.
In der Technik geht man im Allgemeinen so vor, dass man im Durchflussreaktor
arbeitet. So werden zum Beispiel bei der Ammoniaksynthese die Gase durch den
mit Katalysatormasse gefüllten Reaktor geleitet. Dabei wartet man nicht die
Gleichgewichtseinstellung ab, sondern nimmt unvollständigen Umsatz in Kauf. Da
man aber die Durchflussrate hoch halten kann, ist die Gesamtausbeute insgesamt
hoch. Man wäscht oder friert das Produkt Ammoniak aus und führt die nicht
umgesetzten Gase in den Reaktor zurück. So wird auch bei der
Schwefelsäureherstellung nach dem Kontaktverfahren gearbeitet.
Treffend spricht man hier von "Fließ-Gleichgewichten". Das sind Zustände fern vom eigentlichen, "richtigen" Gleichgewichtszustand. Sie sind auch Grundlage von katalytischen Prozessen in Lebewesen. Lebewesen im "richtigen" Gleichgewichtszustand sind dagegen tot.
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