Was sind mögliche Reaktionen?

Experimente:
Versuch: Rohrzucker brennt doch!
Versuch: Herstellung von Bakelit
Versuch: Erhitzen von Metallen


Nur solche Reaktionen können katalysiert werden, die auch möglich sind. Was heißt das?

Im Chemieunterricht lernt man von Anfang an eigentlich nur Reaktionen kennen, die alle gut laufen (wenn der Lehrer alles gut vorbereitet hat...). Zink reagiert ohne Mühe nach Zündung mit Schwefel, Wasserstoff mit Sauerstoff in der Knallgasreaktion. Holz brennt. Folglich erwartet jeder Schüler, dass auch Zucker brennt. Das tut er erstaunlicherweise nicht. Mit Pflanzenasche als Katalysator funktioniert es aber.

Es gibt Reaktionen, die scheinen überhaupt nicht möglich zu sein. Mischt man Phenol mit Formaldehyd-Lösung, so beobachtet man nichts. Was sollte auch passieren? Der aromatische Benzolring des Phenols gilt als so stabil und unangreifbar, dass das nicht überrascht. Der Schüler erwartet also gar nichts und betrachtet das Ganze als Lösungsvorgang. Gibt man aber etwas Mineralsäure (z. B. HCl) zu, so reagiert das Gemisch heftig unter Bildung eines Kunststoffs (Bakelit). Die Mischung erwärmt sich dabei stark.

Wenn wir sagen, die Reaktion muss möglich sein, heißt das, dass sie energetisch ("thermodynamisch") möglich sein muss.

Eine unmögliche Reaktion ist zum Beispiel die zwischen Gold und Sauerstoff mit dem Ziel der Bildung eines Goldoxids. Da gibt es keinen noch so ausgetüftelten Katalysator, der das ermöglichen könnte. Denn die Aktivierungsenergie ist höher als die Reaktionsenergie, so dass sich Goldoxid eher zersetzt als bildet. Es gibt auch keinen Katalysator, der ein Fluorid-Ion reduzieren könnte.

Ein weiteres Beispiel für eine thermodynamisch unmögliche Reaktion ist das Verschieben eines Gleichgewichts durch einen Katalysator. Denn ein Gleichgewichtssystem ist grundsätzlich spannungsfrei, deshalb kann auch kein Katalysator etwas bewegen. Aus diesem Grunde sind biologische Systeme im thermodynamischen Gleichgewichtszustand tot - trotz der Anwesenheit von Enzymen.

Katalysatoren bewirken also keine Wunder - auch wenn es manchmal so klingt. Das gilt vor allem für viele alltägliche Reaktionen, die schon beim oberflächlichen Vergleich von Edukten und Produkten unmöglich zu sein scheinen. Kann man sich zum Beispiel Reaktionen wie die folgenden vorstellen?

1 Die Oxidation von CO bei gleichzeitiger Bildung von Ozon

CO + 2 O2 + Energie ———> CO2 + O3

2 Die Reduktion von Wasser und Kohlenstoffdioxid durch Wasser unter Bildung von Glucose und Sauerstoff

6 CO2 + 12 H2O ———> C6H12O6 + 6 H2O + 6 O2

3 Die Oxidation von Essigsäure durch Wasser unter Bildung von CO2 und Wasserstoffäquivalenten [H] wie NADH/H+

CH3COOH + 2 H2O ———> 2 CO2 + 8 [H]

Diese Reaktionen sehen unmöglich aus, laufen aber ständig vor unseren Augen ab. Des Rätsels Lösung: Hinter ihnen stecken oftmals viele, untereinander gekoppelte katalytische Kreisprozesse, von denen jeder für sich thermodynamisch möglich ist. Jede dieser einfachen Reaktionen verbraucht die Produkte der vorherigen oder produziert Edukte für die nächsten. Solche Reaktionskopplungen sind typisch für die Atmosphärenchemie und die Biochemie.

1 Hinter unserem ersten Beispiel verbirgt sich der Mechanismus der troposphärischen Ozonbildung. Hieran sind zwei ineinander verwobene Katalysekreisprozesse beteiligt.

2 Die Reduktion durch CO2 durch Wasser erfolgt in der Natur bei der Fotosynthese. Und das geht nicht auf einen Schlag, sondern nur auf verschlungenen Reaktionswegen.

3 Die Oxidation von Essigsäure durch Wasser geht tatsächlich, aber nur mit den Enzymen des Citronensäure-Zyklus.

Hier greift auch das Argument gegen die Leute, die nicht glauben können, dass Leben auch ohne einen "Schöpfer" entstehen kann. Sie haben nicht verstanden, dass sich nicht beliebige Atome zufällig treffen und den Organismus aufbauen, sondern katalytische Informationsübertragung steuernd wirkt.


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Letzte Überarbeitung: 24. September 2001, Dagmar Wiechoczek