Viele Reaktionssysteme wollen einfach nicht reagieren

Experimente:
Versuch: Anzünden einer Kerze
Versuch: Knallgasexplosion
Versuch: Döbereiner Feuerzeug
Versuch: Rohrzucker brennt doch


Münzen, die man mühsam auf die Kante gestellt hat, sehen doch recht instabil aus. Eigentlich sollten sie umkippen, um einen wirklich stabilen Zustand einzunehmen - sie bleiben aber stehen, wenn man sie in Ruhe lässt.

Bild 1: Modellversuch zum Stabilitätsbegriff
(Foto: Blume)


Jeder kennt auch das Beispiel vom Felsstein, der an einem Hang liegt. Wird der erst einmal zum Rollen gebracht, hält ihn nichts mehr auf.

Es gibt also nicht nur stabil oder instabil, sondern offenbar auch etwas dazwischen. Man spricht von metastabil (lat. meta, zwischen).


Solche Zustandsarten kennt man auch in der Chemie
Viele durchaus mögliche Reaktionen wollen einfach nicht starten - man muss sie anschubsen. Einmal angestoßen, laufen sie teilweise erstaunlich rasch und heftig ab. Hier sind einige Beispiele.

Kerzenwachs kann man an der Luft aufbewahren, ohne dass etwas geschieht. Das ist eigentlich merkwürdig. Denn wenn die Kerze erst einmal brennt, entwickelt sie in ihrem heißesten Bereich Temperaturen um 1500 °C. Was macht man beim Anzünden? Man führt Aktivierungsenergie zu. Die schmilzt und verdampft erst einmal das Wachs. Denn nur dampfförmiges Wachs ist überhaupt gewillt, sich entzünden zu lassen. Ein weitaus größerer Teil zersetzt das verdampfte Wachs. Es bilden sich durch Bindungsbrüche "Radikale", also Moleküle und Atome mit ungepaarten Elektronen. Und erst diese sind in der Lage, überhaupt mit Sauerstoff reagieren. (Das ist übrigens selbst ein Biradikal.) Danach aktiviert sich die Verbrennung selbst, indem sie einen Teil ihrer freiwerdenden Reaktionsenergie zum kontinuierlichen Schmelzen, Verdampfen und Molekülspalten nutzt. Will man eine Kerze löschen, muss man ihr die Sauerstoffzufuhr abschneiden oder ihre Flamme abkühlen.

Gleiches gilt auch für Steinkohle. Es dauert lange, die anzuzünden, denn die Aktivierungsenergie ist sehr hoch. Aber wenn die erst einmal brennt, muss man sich zum Löschen einiges überlegen. Wusstest Du: Es gibt das Problem brennender Kohlebergwerke! Die haben sich selbst entzündet. Dabei haben oft Mikroorganismen aufgrund ihrer Oxidationsenergie nachgeholfen.


Bild 2: Brennender Ofen mit Holz und Kohle
(Foto: Blume)


Ein anderes Beispiel für metastabile Zustände sind die Pinienwälder in südlichen Breiten. Man hat dort immer ein wenig das Gefühl, dass die Bäume in der mittäglichen Sonnenglut förmlich darauf warten, dass es anfängt zu brennen. Aber es muss erst jemand zündeln (oder ein Wassertropfen fokussiert Sonnenlicht wie ein Brennglas). Dann aber fangen sie an, explosionsartig zu brennen - mit den bekannten fatalen Folgen.

Wasserstoff und Sauerstoff kann man vermischt aufbewahren, ohne dass diese für uns merklich miteinander reagieren. Aber wenn man diese Mischung zündet... (-> Versuch)!

Mischungen wie zwischen Brennstoff und Sauerstoff, die nicht anfangen wollen zu brennen, nennt man "metastabil". Grund: Es gibt eine Mindestenergie, um die Reaktion einzuleiten. Das ist die Aktivierungsenergie. Bei manchen Reaktionen ist die Aktivierungsenergie für einen spontanen Ablauf zu hoch. Diese bringt man normalerweise auf, indem man das Gemisch mit einem Streichholz entzündet.

2 H2 + O2 ———> 2 H2O    /exotherm

Hält man jedoch fein verteiltes Platin in den Wasserstoffstrom (-> Versuch), so gelingt die Zündung ohne Flamme. Wenn der Wasserstoff mit diesem Metall Kontakt bekommt, beginnt dieses nach einigen Sekunden zu glühen, und das Gas entzündet sich mit einem leisen Knall. Das Gas brennt mit ruhiger Flamme weiter. Das fein verteilte Platin hat bewirkt, dass eine Knallgasreaktion abläuft, ohne dass ein Zündfunke vorhanden ist.

Das Platin hat sich offensichtlich nicht verändert. Das Platin wird bei der Reaktion nicht verbraucht, obwohl es an der Reaktion direkt beteiligt ist. Deshalb kann man die Platinquarzwolle immer wieder verwenden.

Einen Stoff wie das Platin nennt man einen Katalysator.

Eine andere beispielhafte Reaktion ist das Anzünden und Verbrennen von Rohrzucker (-> Versuch).

C12H20O12 + O2 ———> 12 CO2 + 10 H2O    /exotherm

Das geht scheinbar gar nicht, denn Rohrzucker scheint nur zu schmelzen und sich dabei zu duftendem Karamel zu zersetzen. Das Entzünden gelingt aber in Gegenwart von Holzasche. Von deren Bestandteilen wirkt besonders das für Pflanzenaschen typische Kaliumcarbonat bzw. Kaliumoxid als Katalysator.

Die Energie, die man zum „Anschubsen“ einer chemischen Reaktion aufwenden muss, nennt der Chemiker Aktivierungsenergie. Katalysatoren senken die Aktivierungsenergie.


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Letzte Überarbeitung: 14. September 2015, Dagmar Wiechoczek