Das Thema "Kristalle" im Chemieunterricht
Unverzichtbare Voraussetzungen für erfolgreiches Arbeiten in den
Naturwissenschaften sind räumliches Vorstellungsvermögen und räumliches Denken.
Dies vermittelt vor allem die Beschäftigung mit den Kristallen. Der Chemieunterricht
bietet sich dazu an, das natürliche Interesse der Kinder an diesen geometrisch
einheitlichen Körpern zu fördern und ihnen einen Einblick in die Welt der Kristalle und
deren Eigenschaften zu geben.
Dem kommt entgegen, dass Kristalle und Mineralien auf den Menschen immer eine
besondere Faszination ausüben. Kristalle sprechen das ästhetische Gefühl in Kindern
und Erwachsenen an. Regelmäßige Körper mit glatten Oberflächen, scharfen Ecken
und Kanten, dazu die verschiedenen Farben und ein strahlender Glanz wirken
besonders auf Kinder sehr anziehend. Wie oft wird bei einem Spaziergang ein
besonders schönes Stück in die Hosentasche gesteckt und mit nach Hause
genommen. Es gibt keinen Steinhaufen, der vor kleinen Kindern sicher ist. Nichts ist
so interessant wie ein schöner Stein. Schon Kleinkinder lieben das Kühle und Glatte
daran.
Zur Unterrichtspraxis
Kristallographie gilt jedoch als schwierig, muss es aber nicht sein. Denn mit einfachen
Experimenten lassen sich viele Besonderheiten der Mineralien leicht verstehen.
Je nach Schwierigkeitsgrad kann man die ersten Versuche bereits im
Anfangsunterricht der Chemie einsetzen. Das Thema "Kristalle" ist ohne Zweifel
etwas für den Anfangsunterricht, auch in der Grundschule. Hierzu gibt ein
Schulversuch in Bielefeld, aber auch viele Schulerprobungen von Unterrichten zu
diesem Thema, Einblick.
Beginnen sollte man mit der Handlungsebene für jüngere Schüler, also mit dem
Züchten von Kristallen; von da aus kann man rückwärts über Kristalle,
Stoffeigenschaften usw. zu Theoretischerem vordringen.
Erfahrungsgemäß werden gerade die Versuche zur Einzelkristallzüchtung von
Schülern gern durchgeführt. Die gesamte Klasse könnte auch während eines längeren
Zeitraums einen gemeinsamen großen "Klassenkristall" züchten. Von Woche zu
Woche wäre immer ein anderer Schüler für den Kristall verantwortlich, müsste neue
Zuchtlösung ansetzen und den Kristall wiegen. Man könnte hierbei sogar
"Zuchtwettbewerbe" mit Parallelklassen durchführen.
Das Thema Kristalle bietet sich auch für eine Projektwoche besonders an. In
Gruppenarbeiten könnten die Schülerinnen und Schüler während dieser Zeit Kristalle
selber züchten und deren Eigenschaften überprüfen. Die Vorschriften zur
Kristallzüchtung bieten den Grundstock zu einer vielfarbigen Kristallsammlung.
Durch das eigene Suchen in der näheren Umgebung und mit einem Besuch im
Naturkundemuseum könnte die Kristallsammlung mit eigenen Fundstücken oder mit
günstig erstandenen Mineralien erweitert werden.
Von Schülern gezüchtetes künstliches
Mineral:
Kupfersulfat auf Sandstein
(Foto: Daggi)
Fächerübergreifender Unterricht
Das Thema Kristalle bietet sich auch an, ganzheitliche Prinzipien in der Natur zu
erklären. Es greift in viele andere Fachgebiete hinein, so dass sich hier
methodisch-didaktische Möglichkeiten ergeben, auch einen fächerübergreifenden
Unterricht durchzuführen. Die Betrachtung kristallographischer Fragestellungen
könnte in der Geometrie im Mathematikunterricht als Thema aufgegriffen werden.
Kristalleigenschaften, wie Magnetismus oder Piezoelektrizität könnten gleichzeitig in
der Physikstunde behandelt werden. Vorkommen und Gewinnung sind Themen der
Geographie und Geologie und gehören somit auch in den Erdkundeunterricht. Die
Schönheit und die äußere Erscheinung von Kristallen ist ästhetisch so ansprechend,
dass das Thema sogar in den Kunstunterricht einbezogen werden kann.
Kristallchemie nicht zu schwierig machen!
Deshalb sollte man die Kinder nicht mit zu starker Theorielastigkeit abschrecken. Oft
genug sollte man es in der Schule beim einfachsten und zugleich schönsten Kristalltyp
belassen: Anhand des kubischen Kochsalzgitters lassen sich räumliches
Vorstellungsvermögen und Symmetrie-Empfinden am besten trainieren. Die
geometrischen Körper des kubischen Systems mit seinen Klassen lassen sich schon
aus Kartoffeln schneiden oder mit Knetmasse modellieren.
Vorbildlich in der Einbeziehung von Themen zur ästhetischen Seite der Kristallographie
sind die Anthroposophen, deren Waldorfschulen schon äußerlich die Beschäftigung
mit diesem Thema dokumentieren. Bei dieser Schulform steht vor allem die
Beschäftigung mit dem kubischen Kristallsystem im Vordergrund. Bemerkenswert ist
auch, wie frühzeitig die Waldorfschüler an diese Thematik herangeführt werden.
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