Was sind nachwachsende Rohstoffe?

Bild 1: Ölpalme (Algarve/Portugal)
(Foto: Blume)


Unter nachwachsenden Rohstoffen versteht man biologisches Material, das zur Herstellung von Massenchemikalien genutzt wird. Bei dieser Definition ist die Lebensmittelproduktion ausgenommen, deshalb nennt man die Rohstoffe auch Non Food Materials.

Eigentlich sollte man sie als "Regenerative Rohstoffe" bezeichnen. Denn einige dieser Rohstoffe wachsen nicht nur nach, sondern unterliegen oftmals auch Umwandlungsprozessen. Im letzteren Fall spricht man von sich nachbildenden Rohstoffen. Zu den letzteren gehören die Huminsäuren, die sich durch Kompostierung von abgestorbener Biomasse bilden.

Nachwachsende Rohstoffe sind Ersatzstoffe für petrochemische Produkte. Es geht hier um Ressourcenschonung. Nachteilig allerdings ist die Bodenbelastung. Grund hierfür ist häufig excessive Düngung und Einsatz von Pestiziden, die aufgrund von Monokulturen notwendig werden und die auch Luft und Wasser belasten.

Nun einige Zahlen von 1997
1,8 Millionen Tonnen (knapp 10 %) der eingesetzten Rohstoffe der organisch-chemischen Industrie beruhen auf nachwachsenden Rohstoffen. Die wichtigsten daraus gewonnenen Grundprodukte sind Fette und Öle, von denen in der Bundesrepublik etwa 900 000 t verbraucht werden, sowie Kohlenhydrate (Stärke, Cellulose und Zucker). Die restlichen Rohstoffquellen sind Erdöl und Erdgas (89 %) sowie Kohle (2 %).


Bild 2: Zuckerrohr (Mauritius; Foto: Daggi)
Bild 3: Holz wird nicht nur zum Bauen oder zur Möbelherstellung verwendet
(Foto: Blume)


Einige Quellen für nachwachsende Rohstoffe
Holz, Stroh Cellulose, Lignin, Harzstoffe, Tallöl
Hemicellulosen und andere Kohlenhydrate
Ricinus, Sonnenblume
Raps, Sojabohne, Lein
Ölpalme
Fette und Öle
Citrusfrüchte Etherische Öle
Zuckerrüben, -rohr Oligosaccharide
Schlachttierabfälle Talg
Pilze, Krabben Chitin
Kartoffeln, Erbsen Stärke
Haare, Horn Proteine, Aminosäuren


Bild 4: Rapsfeld (Foto: Blume)


Beispiele für die Verwendung der Rohstoffe
(Mengenangaben in Jahrestonnen, abk. Jato)

Fette und Öle (900 000 Jato)
Tenside, Weichspüler, Schmieröle, Weichmacher für Kunststoffe, Hilfsmittel bei der Produktion von Textilien, Papier und Leder, Lacke und Farben, Treibstoffe ("Biodiesel")

Stärke (465 000 Jato)
Klebstoffe, Hilfsstoff zur Papierherstellung, Verpackungsmaterial, Polyurethane, Substrat für biotechnologische Prozesse (nicht nur alkohol. Gärung, z. B. zur Synthese von Ascorbinsäure für metallurgische Zwecke)

Cellulose (250 000 Jato)
Papier, Fasern für Textilien, Filtermaterial, Kunststoffe, Glucose

Zucker (32 000 Jato)
(Saccharose, Glucose)
Substrat für biotechnologische Prozesse, Polyurethane, Tenside

Weitere Rohstoffe (ca. 100 000 Jato)
Proteine (Klebstoffe, Folien), Steroide (Pharmazeutische Industrie), Kolophonium (Lacke, Papierleim), Chitin (Folien, Abwasserfilter), weitere Pflanzeninhaltsstoffe (Pharmazeutische Industrie)

Weitere Informationen siehe Lit. [2-6]. Hier sind auch sehr viele, ins Einzelne gehende Experimente zur Technologie nachwachsender Rohstoffe enthalten. Für die Schule entwickelte Werke wie [7] geben zwar umfassende Einblicke in die Möglichkeiten der Verwendung der Rohstoffe, lassen aber die Umsetzung in einen experimentell orientierten naturwissenschaftlichen Unterricht vermissen.

In dieser Projekteinheit werden einige in der Unterrichtspraxis und Lehrerfortbildung mehrfach erprobte Experimente vorgestellt, die Einblick in die weite Anwendung nachwachsender Rohstoffe und typische technische Verfahren geben. Für den Unterricht geeignet sind besonders solche Versuche, die die Schiene von der Pflanze zum Produkt erkennen lassen. Dies ist anhand der Versuchskreise "Vom Holz zum Papier" und "Von der Kartoffel zur Stärkefolie" besonders gut demonstrierbar.

Bilder 5 und 6: Rizinus-Pflanze und Sonnenblume - zwei wichtige Rohstoffquellen
(Fotos: Blume)


Noch etwas zur Geschichte der nachwachsenden Rohstoffe
Natürliche Materialien dienten schon immer als Werkstoffe. Aber auch zur Gewinnung von Rohstoffen, die im Sinne von Non Food Materials zur Gewinnung von Grundchemikalien genutzt werden konnten, wurde schon immer auf nachwachsende Rohstoffe zurückgegriffen.

Wer das Buch "Am Ufer des Ruhmes" von Gwen Bristow kennt, hat darin Folgendes erfahren: Zum Führen des ersten Weltkriegs wurden große Mengen an Cellulose und Fett gebraucht.

Erstere diente zur Herstellung von Schießbaumwolle, mit dem Artilleriegranaten verschossen wurden. Der Sprengstoff war nitrierte Cellulose. Seine Produktion half der kränkelnden Baumwollindustrie Amerikas nachhaltig auf die Beine. Denn die hatte ja gerade wegen des Kriegs die zivilen Absatzmärkte in Europa verloren. Ein Ballen Baumwolle reichte gerade zur Produktion einer großen Schiffsartilleriegranate aus.

Fett diente vor allem zur Herstellung von Nitroglycerin, dieses wiederum zur Fertigung von Dynamit. Das war ein Grund dafür, dass die Leute in Deutschland zu wenig zu essen bekamen.

Es gab auch die Mischung aus Schießbaumwolle und Nitroglycerin. Diese ergab einen raucharmen Sprengstoff und war unter der Bezeichnung Cordit bekannt.

Literatur


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Letzte Überarbeitung: 23. Januar 2012, Dagmar Wiechoczek